07.07.2008

Rhetorische Figuren

Hier mal eine Liste mit rhetorischen Figuren, die ich mir aus verschiedenen Büchern zusammengeschrieben habe. Natürlich ist diese Liste keineswegs vollständig. Für Hinweise bin ich dankbar.
Als Übung schlage ich vor, jeden Tag ein paar Sätze zu erschaffen, die eine der Figuren umsetzt. Sinnvoll ist hier die tägliche Nachricht. Da viele Zeitungen sowieso mit rhetorischen Figuren arbeiten, kann man seine eigenen Übungen recht rasch draufpacken. Wie bei allen Übungen geht es nicht um die Perfektion, sondern um das Spiel mit den Figuren. Was nicht sein soll, soll eben nicht sein. Nicht jeder Sachverhalt eignet sich für jede Figur, und eine Rede, die vor rhetorischen Figuren strotzt, wird vielleicht noch genossen, aber nichtsdestotrotz als Trick durchschaut. Spätestens bei einer echten Rede sollten Sie dann ein Gefühl dafür entwickelt haben, wie viele rhetorische Mittel zu Ihnen passen. Je mehr Sie diese ineinander verschränken, umso lächerlicher wird die Rede. Schließlich landen Sie - ob freiwillig oder unwillkürlich - bei der Comedy.

Allegorie

Flächendeckende Ausdehnung einer Personifikation → der Sinnzusammenhang wird global ersetzt durch einen analogen, fiktionalen Zusammenhang: „Die Liebe durch den Magen geht / sich durch die Därme windet / und allzu oft, ganz unverhofft / mit einem Pups verschwindet.“
Personifikation, Metaphernkomplex, Emblem.

Alliteration

Übereinstimmung des Anlautes bei dicht beieinanderstehenden Wörtern: „Winterstürme wichen Wonnemond …“, „Geiz ist geil.“, „… mit Mann und Maus …“.
Reimformel, Binnenreim.

Amphibolie

Akzentuieren einer Doppeldeutigkeit. „Die Gefangenen hütet er so schlecht wie das Berufsgeheimnis.“, „Ich bin so schlecht zu Vögeln wie du zu Luchsen.“

Anadiplose

Übereinstimmung von einem oder mehrerer Wörter an einem Satzende mit dem Beginn des folgendes Satzes: „Der Kinofilm war gut. Gut war er, weil er rasch zu Ende war.“
Anapher, Epipher, Symploke, Kyklos.

Anakoluth

Grammatisch falsche Konstruktion: „In China ist es doch oft so, dass, je vertraulicher man sich gebärdet, nur Misstrauen wird einem entgegengebracht.“

Anapher

Übereinstimmung eines oder mehrerer Wörter am Anfang zweier dicht beieinander oder aufeinanderfolgender Sätze oder Absätze: „Wir haben schon immer gesagt, dass diese Politik in den Ruin führt. Wir haben schon immer gesagt, dass Sie, Herr Bundeskanzler, unverantwortlich handeln. Und wir haben schon immer gesagt, dass…“
Vgl. Epipher, Symploke, Anadiplose, Kyklos.

Anspielung

Variation eines bekannten Ausdrucks oder einer literarischen Formulierung: „Geist ist geil.“, „Das also ist des Hamsters Kern.“

Anthropomorphisierung

Sonderfall der Belebung des Unbelebten: der Animismus trägt eindeutig menschliche Züge: „Der neueste Lebensmittelskandal gähnt die Fahnder an, als seien sie dessen stickigen Atem so wenig gewohnt, wie dessen pubertäres Gefasel, man habe von den Folgen genauso wenig Ahnung gehabt, wie von den Gepflogenheiten erwachsener Menschen.“
Metapher, Belebung des Unbelebten, Personifikation.

Antiklimax

Anordnung einer Wort- und Satzreihe, so dass eine Abschwächung zu verstehen ist: „Wie haben gelacht, gekichert, geschmunzelt …“, „Sie sind gerast, gefahren, geschlichen …“
Klimax.

Antistrophe

→ fälschlicherweise oft für die Epipher; eigentlich: Antithese zu der in einer Strophe ausgesagten Bedeutung.

Antithese

Zusammenstellung eines Widerspruchs oder einer entgegengesetzten Entwicklung: „Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein.“, „Die linke Hand würgt ab, was die rechte zu ernähren sucht.“
Paradoxie, Oxymoron.

Antonomasie

Wechselseitige Ersetzung von Namen und Begriffen: der Korse = Napoleon, Kohls Mädchen = Angela Merkel, die Göttliche = Greta Garbo; oder Ersetzung von Begriffen durch Namen: Judas für Verräter, Pampers für Einwegwindeln.
Metonymie.

Aporia

Ausdruck eines Zweifels: „Ich denke, also bin ich. Da ich mich aber nun oft dabei überrasche, nicht zu denken, wer bin ich dann überhaupt?“
Evidenz, Konzession.

Aposiopese

Abbruch der Rede vor der entscheidenden Aussage: „Die NPD gibt sich liberal. Und wenn ein Liberaler wie Guido Westerwelle nun …?“
Ellipse.

Apostrophe

Abwenden vom Publikum, um sich selbst, einen Gegner oder eine ideelle Instanz (ein Abstraktum oder eine Gottheit) anzusprechen: „Und jetzt frag ich mal mich, was ich davon halte! Ja was hältst du denn davon? Wer ich? Ja du! Ach ich! Nun ja, ich bevorzuge ja …“, „Ihr Himmlischen, ihr Musen, seht ihr diesen verlorenen Sohn, wie er zurückkehrt in den Schoß der Avantgarde?“
Lizenz, Exclamatio, Personifikation.

Archaismus

Veralteter Ausdruck oder veraltete Satzform: Buhlin statt Freundin, Gemächt statt männliche Geschlechtsorgane, „Merkels Entscheidung ward sofort umgesetzt.“
Neologismus.

Asyndeton

Eine Reihung von syntaktisch gleichen Elementen: „Er braucht Wurst, Bier, Frauen, Toleranz.“
Polysyndeton.

Belebung des Unbelebten

Metaphorischer Ausdruck, der einen unbelebten Gegenstand „animiert“: „Die NPD fläzt und räkelt sich in der Suhle, die die linke Ideologie hinterlassen hat.“
Metapher, Anthropomorphisierung.

Binnenreim

Wiederholung eines Lauts oder einer Lautfolge in der Mitte aufeinanderfolgender Wörter: „Reines Schweigen schweißt sie zueinander.“
Alliteration, Reimformel.

Chiasmus

Überkreuzende Satzstellung von korrespondierenden Bedeutungen: „Eng ist die Welt und das Gehirn ist weit.“; „Bartholomäus ist ein Riese und die Maus heißt Rosinchen.“ „Er hat etwas verdient und sich dabei viel zurückgelegt, und sie hat sich etwas zurückgelehnt und dabei viel verdient.“

Chiffre

Uneigentlicher Wortgebrauch, der so spezifisch ist, dass man den Autoren kennen muss, um den Verweisungszusammenhang zu erschließen (häufig ein Stilmittel der modernen Kunst, etwa bei Beuys Filz, Fett, Erde und Kupfer). Siehe zum Beispiel den „Engel“ bei Rilke oder den „Parasiten“ bei Mayröcker.
Metapher, Symbol.

Elativ

Superlativischer Ausdruck ohne Vergleichsmöglichkeit: „liebste Mutter“, „in tiefster Trauer“ – teilweise mit Hilfe eines Modalwortes: „vor unendlich langer Zeit“, „über alle Maßen erfreut“.
Hyperbel, Litotes, Understatement.

Ellipse

Auslassung eines zum Verständnis nicht wirklich benötigten Satzteiles: „Die Redekunst braucht lange Übung und noch längere Erfahrung. Sie, ja, Sie Sonnyboy, Sie kichern, weil … Nun, wenn die Maschine kaputt ist, ist die Maschine kaputt.“; (am Telefon): „Weitz!“ (statt: „Hier spricht Edgar Wallace!“)
Aposiopese.

Emblem

Textsorte, die Bild und Text verbindet. Das Emblem ist dreiteilig: die Pictura stellt ein Bild, das allegorisch ist, die Inscriptio liefert einen Titel und/oder ein Klassikerzitat, die Subscriptio formuliert eine Lebensweisheit in poetischer Art und Weise. Man könnte sich hier allerlei Böses und Gemeines ausdenken. Wie wäre es mit Folgendem: das Bayreuth-Foto von Angela Merkel, darüber Goethes Spruch (Inscriptio): „Das also war des Pudels Kern? Ein fahrender Skolast? Der Casus macht mich lachen.“ Und darunter (Subscriptio): „So beerbet sich Herr Schröder! Was er kann, das kann ein jeder.“
Metapher, Allegorie.

Emphase


Epanalepse

Direkte Wiederholung eines Wortes oder mehrerer Wörter in einem Satz. „Dir, dir gilt mein Sehnen …“, „So sank er hin, der starke Mann, der starke Mann in ihre Arme, …“

Epipher

Übereinstimmung eines oder mehrerer Wörter am Ende zweier dicht beieinander stehender Sätze. „Der Spritpreis führt in den Ruin. Die Teuerung der Nahrungsmittel führt in den Ruin. Ihre ganze Politik führt in den Ruin.“
Anapher, Symploke, Anadiplose, Kyklos.

Epitheton ornans

Schmückendes Beiwerk, das man weglassen könnte, da es kulturell sowieso in diesem Sinne verstanden wird: „allmächtiger Gott“, „goldene Sternlein“. – Bzw. eine Beschreibung, die immer und immer wieder auftaucht, obwohl der Leser / Zuhörer dies längst weiß: „Die sorglose Sigrid kümmert sich zwar einen Dreck um ihren Freund, aber die sorglose Sigrid wäscht seine Wäsche, so lange sie schmutzig ist. Da wartet die sorglose Sigrid nie.“

Euphemismus

Ein beschönigender Ausdruck: organisieren statt stehlen, Politik der ruhigen Hand statt Entscheidungsunfähigkeit.
Pejorativ.

Evidenz

Ein Ereignis wird aus der „Sicht eines Augenzeugen“ geschildert: „Da stand er nun, am Rande des feurigen Infernos und fragte sich, wo seine Kinder, seine Frau, sein Heim, seine Arbeit geblieben sind. So heiß die Flammenwut war, so tot die Zukunft.“
Permission, Konzession, Apostrophe, Personifikation, Lizenz.

Exclamatio

Emphatischer Ausruf: „Oh, wenn ich noch einmal von vorne beginnen könnte.“, „Ach, wo ist der wahre Gestank bei diesem gepanschten Käse?“
Apostrophe, Personifikation.

Genitivmetapher

Genitivische Konstruktion des metaphorischen Ausdrucks: „der Brutplatz der Redekunst wird heute von Pseudointellektuellen totgeplappert“, „die Spielwiese der Meinungsfreiheit wird heute von der terroristischen Skandalisierungswut in Schutt und Asche gelegt“.
Metapher.

Hyperbaton

Trennen von Satzgliedern, die eigentlich zusammengehören: „Schön war im Sommer und willig der Wilfred.“ (statt: „Schön und willig war der Wilfred im Sommer.“)

Hyperbel

Eine extreme, unglaubwürdige Übertreibung: „Der Mann war so dick, dass ihn ein russischer Walfänger erlegte, als er in der Ostsee badete.“
Vgl. Elativ, Litotes, Understatement.

Hysteron proteron

Verkehrung der sachlichen oder chronologischen Reihenfolge: „Ihr Mann ist tot und lässt Sie grüßen.“; (auf einer Abendgesellschaft) „Ich frühstücke und schlafe nachher mit dir.“

Ironie

Wort oder Ausdruck, dessen Signale im Kontext auf das Gegenteil verweisen. „Das ist ja eine schöne Bescherung.“ (= Katastrophe).

Katachrese I

Bei der Katachrese handelt es sich um zusammengesetzte Nomen (Komposita), bei der der eine Teil metaphorisch ist, der andere Teil aber nicht. Zur Katachrese gehören solche Wörter wie Stuhlbein, Atomkern, Ozonloch oder Reformstau.
Metapher.

Katachrese II

Verbindung von zwei oder mehreren metaphorischen Ausdrücken zu einer ungewollten Stilblüte oder einem gewollt komischen Effekt: „Der Zahn der Zeit, der schon manchem eine Grube gegraben hat, ist so kariös, dass er nicht mal für einen Bauarbeiter taugt.“
Metapher.

Klimax

Anordnung einer Wort- und Satzreihe, so dass eine Steigerung zu hören ist: „Wir haben gebittet, gefleht, beschworen …“, „Du Frau, du Weib, du Stute …“
Antiklimax.

Konkretisierung des Abstrakten

Metaphorischer Ausdruck, der einem abstrakten Begriff die Bedeutung eines konkreten Gegenstandes zuordnet: „Die FDP ist die Wegwerf-Pampers des Liberalismus.“
Metapher.

Kontamination

Vermischung zweier ähnlich lautender Wörter: Sexperte, Apokalyptusbonbon, Pontisex maximus, Junggeziefer.
Neologismus.

Konzession

Zugeständnis: „Ja, Sie haben Marx und Engels gelesen. Ja, Sie haben beide hervorragend zitiert. Ja, das Publikum scheint sogar von Ihrer Rede beeindruckt zu sein.“ (Und hier folgt natürlich das Aber…)
Evidenz, Permission.

Kühne Metapher

Metaphorischer Ausdruck, der sich durch sehr ferne, neuartige, gewagte Bildbereiche auszeichnet: „Die kommende Generation wird sich nur mühsam vom Stuhlgang heutiger Lehrer nähren.“, „Dass dem rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck nach seinem steuerpolitischen Blitz die innenpolitische Implosion in zahlreiche Ähs stoiberisiert, muss nicht überraschen.“
Metapher.

Kyklos

Der Satzbeginn ist gleich dem Satzende. „Eine Frau ist und bleibt eine Frau.“
Anapher, Epipher, Symploke, Anadiplose.

Litotes

Hervorheben durch Verneinung des Gegenteils: „sie ist nicht unhübsch“; „das war keine leichte Aufgabe“.
Hyperbel, Understatement.

Lizenz

Eine Entschuldigung ans Publikum, die eine Übereinstimmung herstellen soll: „Es tut mir schrecklich leid, dass ich Sie behellige und ich weiß, dass Sie Besseres zu tun haben, aber die Sache hat nun eine gewisse Dringlichkeit, die selbst Sie nicht …“
Apostrophe, Konzession, Personifikation, Evidenz, Permission.

Metapher

Hier wird das „eigentliche“ Wort durch ein „ähnliches“ ersetzt. Statt Führer sage ich Hirte, statt Es regnet. sage ich Der Himmel weint., und jemand ist nicht unsensibel, sondern hartherzig.
→ Oberbegriff, Unterbegriff, Katachrese I und Periphrase.
Verbalmetapher, metaphorische Ersetzung, metaphorische Prädikation, Genitivmetapher, verblasste Metapher, kühne Metapher, Katachrese II, pathetische Metapher, Konkretisierung des Abstrakten, Belebung des Unbelebten, Anthropomorphisierung, Personifikation, Synästhesie, Metaphernkomplex, Symbol, Allegorie.

Metaphernkomplex

Verbindung mehrerer, mindestens zweier metaphorischer Ausdrücke aus einem Bildbereich (Isotopie): „Der Reformstau verhindert eine moderne Politik und selbst wenn das Navigationssystem Ausweichmöglichkeiten anbietet, führen diese doch über hinterwäldlerische Dörfer.“
Metapher, Allegorie.

Metaphorische Ersetzung

Ein „eigentlicher“ Ausdruck wird in einem zweiten Satz durch einen metaphorischen Ausdruck ersetzt. „Angela Merkel sprengt nicht nur den Reformstau. Die deutsch-deutsche Schäferin züchtet sofort würdige Nachfolger.“
Metapher.

Metaphorische Prädikation

Eine Definition, die sich auf ein „eigentlich“ Definiertes und auf ein metaphorisch Definierendes stützt: „Die Schule ist heute nur noch eine liebsame Auffangstation.“
Metapher.

Metonymie

Die Metonymie ersetzt einen Teil durch etwas Umfassenderes, oder umgekehrt das Umfassende durch das Teil. Zehn kluge Köpfe meint zehn kluge Personen; wenn ich Goethe lese, lese ich selbstverständlich „nur“ seine Werke; und wenn Brüssel ein neues Gesetz herausgibt, dann nur die europäische Regierung in Brüssel.
Synekdoche, Periphrase, Antonomasie.

Neologismus

Wortneubildung: Sexperte, die Er- und Sieziehung, Beifahrerinnensitz, „Durch eine Schwesterpartei mit linken Brüdern warm zu werden, darin liegt der Wowereiz.“
Archaismus, Kontamination.

Oxymoron

Scharfe Zusammenstellung eines Kontrastes oder logischen Widerspruches: erhellende Dunkelheit, bejahendes Nein, dummklug, hübschhässlich.
Antithese, Paradoxie.

Paradoxie

Unerwarteter logischer Widerspruch: „Meine Antwort ist Ja und Nein.“, „In der Einschränkung liegt die Expansion.“
Antithese, Oxymoron.

Parallelismus

Gleiche Anordnung in hintereinanderstehenden Satzgefügen. „Rot ist die Liebe, blau ist das Blut, grün ist die Hoffnung, …“

Paronomasie

Teilweise Übereinstimmung zwischen zwei Wörtern (Reim) bei gleichzeitigem Kontrast der Bedeutung: „ein mehr gunst- als kunstbeflissener Redner“, „Kein Jalta auf Malta“, „Geiz ist geil“.

Pathetische Metapher

Metaphorischer Ausdruck mit starkem, emotionalen Gehalt, ausgesuchter Wortwahl und „hoher“ Stilebene, teilweise mit archaischer Wortwahl und archaischem Satzbau, teilweise gewollt oder unfreiwillig ironisch (Witz und Schwulst): „Die Zunge des goetheschen Volkes ward mumifiziert in erosfernen Papierkonvoluten und dies dann auch noch dionysisch beklatscht in den nachmittäglichen Medientempeln der Vermeinungsbildung.“
Metapher.

Pejorativ

Herabsetzender, verunglimpfender Ausdruck: krepieren statt sterben, Sozialfimmel statt Solidarität, Reformblockade statt Streitkultur.
Euphemismus.

Periphrase

Umschreibung: „jenes höhere Wesen, welches wir verehren“ (für Gott), „er fand den Schalter in ihrer Liebesgrotte“ (für Kitzler).
Synonymie.

Permission

Das Unterstellen einer rhetorischen Wirksamkeit, die keine sein sollte: „Nun kann ich gut nachvollziehen, dass all die objektiven Fakten gegen mich sprechen, und ich kann auch gut nachvollziehen, dass das Urteil über mich nicht günstig ausfallen darf, …“ (Aber!...)
Konzession, Evidenz.

Personifikation

Punktuelle Darstellung eines abstrakten Begriffes, eines Ortes oder eines Ereignisses als redende und handelnde menschliche Gestalt: „Die Revolution frisst ihre Kinder.“, „Die Pressefreiheit scheißt Licht auf ihre Gläubigen.“
Anthropomorphisierung, Metapher, Apostrophe.

Pleonasmus

Zusatz, der keine neue Information enthält: weißer Schimmel, neu renoviert, totale Vollständigkeit.
Tautologie.

Pointe

Gegensatz zwischen Vorbereitung (erster Teil des Satzes) und Abschluss: (zweiter Teil des Satzes) „Wer andern eine Grube gräbt, ist Bauarbeiter.“, „Wer Wind sät, wird Flauten ernten.“

Polyptoton

Wiederholung desselben Wortes in verschiedenen Flexionsformen: „Das Nichts nichtet das seiende Sein.“

Polysyndeton

Reihe von mindestens drei syntaktisch gleichen Elementen durch gleich lautende Konjugationen: „Er frisst und schlürft und schmatzt und pfurzt.“, „Sie liest oder blättert oder grübelt oder schweigt.“
Asyndeton.

Prolepse

Im Satzanfang wird der bedeutende Satzteil vorweggenommen und hinterher wiederholt: „Der Johann, mit jeder Frau sinkt er tiefer.“, „Die Demokratie, mit jeder Wahl erscheint sie deutlicher als Stricher.“

Reimformel

Übereinstimmung des Auslautes dicht beieinanderstehender Wörter: „Leben und Streben“, „buchen und fluchen“.
Alliteration, Binnenreim.

Rhetorische Frage

Eine Frage, die keine Antwort nötig hat, da sie sich durch verbale oder nonverbale Signale oder durch den Kontext und das kulturelle Umfeld von selbst erschließt: „Liebe ausländische Gäste! Braucht das deutsche Volk denn den Kontakt zu anderen Kulturen?“, „Bist du ein Idiot oder ein Idiot?“

Symbol

Sinnbild, das in einem naturhaften oder kulturell vermittelten Verweisungszusammenhang steht, z. B. wenn man etwas erkannt hat und sagt: „Das also ist des Pudels Kern.“, oder, wenn man eine Pointe gebracht hat, aber mit seinem Vortrag noch nicht fertig ist: „Das war die Nachtigall, noch nicht die Lerche.“
Metapher, Chiffre.

Symploke

Verbindung von Anapher und Epipher: „Dein Denken ist am Morgen beschränkt. Dein Denken ist am Mittag beschränkt. Dein Denken ist am Abend beschränkt.“
Anadiplose, Kyklos.

Synästhesie

Metaphorischer Ausdruck, der verschiedene Wahrnehmungsbereiche verbindet: „So wie Frau Merkel zwischen ihren Kollegen des G8-Gipfels posiert, riecht es kalt und einsam.“
Metapher.

Synekdoche

Eine engere Bedeutung wird durch eine weitere Bedeutung ersetzt: „Ehen ruinieren den Mann.“ (statt: meine Ehe hat mich ruiniert); „Brüssel hat entschieden, dass…“ (statt: das Europaparlament in Brüssel).
Metonymie.

Synonymie

Das Aneinanderreihen von (üblichen und unüblichen) Definitionen zu derselben Sache: „Die Kultur, unsere Wiege, unsere Mutter, unser Vater, unser liebevoller Wächter, unser Gott, unser Ursprung, unser Ziel.“
Periphrase.

Tautologie

Wiedergabe eines gleichen Sachverhaltes durch bedeutungsgleiche Ausdrücke: „Das Unglück war katastrophal und Grauen erregend.“, „Die Wohnung ist renoviert und neu.“
Pleonasmus.

Tmesis

Trennen zusammengehöriger Wortteile: „Mein politischer Gegner ist unentschieden. Er fragt sich noch, ob Re- oder –form. Die Zukunft wird’s wohl lehren.“

Umschreibung

Periphrase.

Understatement

Ein erwarteter intensiver Ausdruck wird durch einen unerwarteten schwachen Ausdruck ersetzt: „Dass Sie Ihre Kollegen bestehlen, hat mich doch ein wenig befremdet.“
Hyperbel, Litotes.

Untertreibung


Verbalmetapher

Typ der Metapher, in der der verbale, eigentliche Ausdruck durch ein metaphorisch gebrauchtes Verb ersetzt wird. „Der Vortrag hat mich erschlagen.“, „Der Himmel säugt die Felder mit gierigem Nass.“
Metapher.

Verblasste Metapher

Metaphorische Ausdrücke, die kaum noch als Metaphern wahrgenommen werden: Mäuschen (zur Freundin), Wissensdurst und den Wissensdurst stillen, Bauchgefühl (≠ Sodbrennen).
Metapher.

Vergleich

Verbindung zwischen einer eigentlichen Zuschreibung mit einer „uneigentlichen“ Zuschreibung. „Eine Frau ohne Mann [eigentliche Zuschreibung] ist wie ein Fisch ohne Fahrrad [uneigentliche Zuschreibung].“, „Ein Priester ohne Lustknaben ist wie ein Lustknabe ohne Orgasmusstörung.“

Zeugma

Verschränken zweier von der Bedeutung oder der Grammatik nicht zueinanderpassende Satzteile. „Peter hatte eine blendende Idee und seine Mitstudierenden geistigen Durchfall.“, „Petra hatte eine blendende Idee und ihr Mann das Halbfinale gegen die Türkei.“

    Literatur
  • Fricke, Harald / Zymner, Rüdiger: Einübung in die Literaturwissenschaft, München 1993.
  • Göttert, K.-H.: Einführung in die Rhetorik, München 1991.
  • Link, Jürgen: Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe, München 1993.

2 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Die Figuren der Rhetorik haben Sie hier übersichtlich wieder gegeben, ich hoffe sie haben dabei alle Querverweise gesetzt.

Nun aber zum Grund meines Beitrages. Es gibt seit Jahren eine hervorragende Seite, nicht nur zu den Stilfiguren, aber eben auch.
http://humanities.byu.edu/rhetoric/silva.htm

Früher auch bekannt unter dem Name Silvae rhetorica, nun etwas belangloser, aber besser strukturiert. Viel Vergnügen beim Schmökern wunscht Judith Torma

Frederik Weitz hat gesagt…

Sehr geehrte Frau Torma!
Den Link kannte ich tatsächlich noch nicht. Vielen Dank.
Im übrigen halte ich es mit den Figuren so: es ist wichtig, dass man viele von ihnen kennt. Letzten Endes aber hat man, wenn man zahlreiche dieser Figuren durchgearbeitet hat, hinreichend gute Kenntnisse von dem Strukturieren eines Textes. Die rhetorischen Figuren bilden sozusagen ein Übergangsstadium im Lesen, im Bearbeiten eines Textes. Hinter dieser Rhetorik steht die Kreativität, mit einem Text zugleich strukturiert wie offen umzugehen.