03.07.2008

Designgesten; Adorno

Nun, die Welt ist komplex, und mancher mag sagen, die Welt sei zu kompliziert. Matthias Pöhm stellt auf seiner Internet-Seite Horrorfolien aus PowerPointPräsentationen vor. Unter anderem eine mit Designgesten. Die Folie ist, wer sie sich anschaut, viel zu kompliziert aufgebaut. Jedenfalls, wenn man sich das Ganze während eines Vortrags anschauen muss. Andererseits sind solche komplexen Bilder wunderbar, um sie zu durchforsten. Es sind eher Landschaften, durch die man geht, als Übersichten.
Die Erfahrung mit einer solchen Grafik ist wichtiger, als die Grafik in ihrer Gesamtheit.
Ich finde es ja wichtig, auf bestimmten Werken lange zu verharren und sie immer und immer wieder umzustürzen, umzuschreiben. Nicht, um sie zu verstehen. Verstehen ist ein Wort, das allzuhäufig als Machtwort und Hierarchiewort gebraucht wird. Ich habe verstanden, du aber nicht. Da unser Gehirn von alleine Zusammenhänge sucht, also in irgendeiner Weise immer versteht, da jeder vernünftige Wissenschaftler und Philosoph heute von einem Prozess des Verstehens, aber nicht von einem Punkt des Verstanden-habens ausgeht, da also Verstehen lediglich eine Kette von Teilergebnissen ist, deshalb sollte man auf diesem Wort auch nicht herumreiten.
Ich hatte im Studium angefangen Adorno zu lesen. Adorno war für mich im wesentlichen "dunkel", unverständlich. Fasziniert hat mich aber von Anfang an seine Sprache, und die immer wieder zwischendrin aufblitzenden Sätze, die dann doch so etwas wie einen Sinn machten. Ich habe also meine Gedanken immer wieder um Adorno kreisen lassen und aufgeschrieben, umgeschrieben. Der Prozess war für mich extrem wichtig. Er ist auch heute nicht abgeschlossen. Immer wieder zerpflücke ich die eine oder andere Stelle aus einem seiner Bücher.
Die Folie, die Matthias Pöhm vorstellt, eignet sich genauso zu einem langen und sorgfältigen Verstehensprozess. Letzten Endes würde sich aber sogar eine Bildzeitung dazu eignen. Natürlich ist die Folie mit den Designgesten als Präsentation für einen Vortrag ein Graus. Präsentationen in PowerPoint sind Hilfen, ersetzen aber nicht den Vortrag. Der Redner ist immer noch das Zentrum jeder Rede. Vor allem sollte der Redner leichtfertig und nebenher die Technik beherrschen, wenn er eine PowerPointPräsentation macht. Jedesmal, wenn er sich der Technik zuwendet, unterbricht er den Vortrag, und genau das irritiert und zerfleddert das Thema. Der Effekt ist meist, dass die Zuhörer unruhig werden und schließlich abschalten. Aber - wie gesagt - als Arbeitsmaterial, als Umarbeitungsmaterial scheint mir die Folie insgesamt sehr sinnvoll und fruchtbar zu sein.

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