09.06.2018

Was ist eine Proposition?

Die Proposition ist ein zentraler Begriff der kognitiven Psychologie. Im semantischen Gedächtnis bezeichnet er kleinste bedeutungstragende Einheit.

Tatsächlich geht der Begriff weit über die kognitiven Psychologie hinaus. Er bezeichnet einen ähnlichen Sachverhalt in der Logik, in der Grammatik und in der Informatik. Obwohl es hier viele Querverbindungen gibt, spielt in diesem Artikel nur der psychologischer Begriff eine Rolle.

Was aber ist eine Proposition?

Sie ist die mentale Repräsentation eines einfachen Satzes. Wenn Sie, lieber Leser, diesen Satz jetzt nicht verstanden haben, dann haben Sie noch keine Repräsentation dieses Satzes gebildet.
Das kann daran liegen, dass ein Satz Wörter enthält, die man nicht oder nur ungenau kennt. Oder ein Satz wäre in sich klar, ergibt aber im Kontext keinen Sinn. Schließlich kann der Satz schlichtweg zu lang sein.
Zu lange Sätze enthalten immer mehrere Propositionen. Muss der Leser diese mühsam auseinanderbasteln, versteht er zunächst den Sinn nicht.

Elemente der Proposition: Prädikat und Argument

Die Kognitionspsychologen gehen davon aus, dass sich ein Satz durch verschiedene Elemente im Gedächtnis abbildet. Genauer gesagt identifizieren sie zwei Typen von Elementen.
Der erste Typ ist das Prädikat. Das Prädikat existiert auch in Satz. Dort bezeichnet es das flektierte Verb. Mental ist es das Element, das die Argumente in einer bestimmten Art und Weise konstelliert und "zusammenhält". Die Satzglieder werden in der mentale Repräsentation zu Argumenten. Jedes Satzsubjekt, jede adverbiale Bestimmung ist ein Argument. Bei dem Wort Argument sollte man sich übrigens nicht davon stören lassen, dass es in der Rhetorik eine völlig andere Bedeutung hat.

Notation von Propositionen

In der Kognitionspsychologie ist es üblich, eine Proposition ähnlich wie in der Logik zu notieren. Aus dem Satz
Cäsar schenkt Kleopatra einen Sklaven.
wird
schenken (Cäsar, Kleopatra, Sklave).
Da diese Notation Missverständnisse hervorrufen kann, fügt man zusätzlich Hinweise auf die Beziehung ein. Diese nennt man auch Kasusrolle. Das sieht dann folgendermaßen aus:
schenken (wer? Cäsar, wem? Kleopatra, was? Sklave).

Propositionen bilden die Elemente von Begriffen

Zwar sind Propositionen die kleinsten Einheiten im semantische Gedächtnis, doch stehen sie selten alleine da. Sie vernetzen sich untereinander und bilden so Begriffe.
Ein Begriff wiederum wird bestimmt als das kleinste ordnungsschaffende Werkzeug unseres Denkens. Propositionen tragen also einen bestimmten Sinn, in unserem Denken schaffen aber die Begriffe die "gute" Struktur.

Propositionen legen Handlungen nahe

Da eine Proposition ein Prädikat enthält, und da dieses Prädikat auf eine Handlung verweist, strukturieren diese unser Handeln. Allerdings kann man nicht sagen, dass sie es alleine tun. So spielen viele andere Aspekte eine Rolle, zum Beispiel zu welchen Begriff eine Proposition gehört, wie sich die Begriffe untereinander anordnen, und nicht zuletzt Emotionen und Motivationen.

Metakognition

Einer der wichtigsten Aspekte des Problemlösens und kreativen Denkens ist die Metakognition. Zu der Metakognition gehört auch, dass man sein eigenes Denken in Elemente zerlegen und es dadurch analysieren kann. Wiederum spielt die Proposition eine zentrale Rolle.
Arbeitet man an einem Problem und kommt nicht weiter, dann hilft es, die Propositionen aufzuschreiben. Einfacher gesagt ist dies nichts anderes, als dass man seine eigenen Gedanken zu Papier bringt. Meist sieht man dann sofort, wo man sich blockiert hat. Mit ein wenig Übung und Reflexionsvermögen kann man aber auch gedanklich seine eigenen Denkprozesse überprüfen und zu ähnlichen Ergebnissen kommen.

Fazit

Die Proposition spielt eine zentrale Rolle bei sinnhaften Denkprozessen. Es ist mitunter äußerst schwierig und mühsam, einzelne Propositionen im eigenen Denkprozess zu erfassen. Trotzdem lohnt es sich, diese Arbeit immer wieder zu tun. Dadurch erlangt man größere geistige Klarheit und ein reicheres Verständnis von der Welt.

Die "What if"/"Was wäre, wenn …"-Technik und ihre Tücken

Wer kreativ schreiben möchte, lernt fast automatisch die "What if"-Technik kennen. Doch wie bei jeder Schreibtechnik muss man einiges beachten.

Zunächst ist diese Technik sehr einfach. Sie besteht darin, dass man eine neue Möglichkeit unterstellt.
Beispiele für solche "Was wäre, wenn …"-Fragen (mit dem Froschkönig als Bezug) sind:
  • Was wäre, wenn der Froschkönig einen üblen Plan verfolgt?
  • Was wäre, wenn die goldenen Kugel nicht einfach nur eine goldene Kugel ist?
  • Was wäre, wenn die Prinzessin selbst ziemlich hinterhältig ist?

Wie man an dieser Technik scheitert

Autoren haben häufig das Problem, dass sie die "Was wäre, wenn …"-Technik auf zu große oder zu abstrakte Themen anwendet. Fragen wie "Was wäre, wenn ein Werwolf sich in einer Allergikerin verliebt?" (ein zugegeben dummes Beispiel) lösen meist nicht ein viel wesentlicheres Problem, nämlich dass vielen Autoren die Fähigkeit zu einer konkreten und lebendigen Schilderung fehlt.
Für diese Autoren wird es häufig schwierig, aus dieser Technik sinnvolle, d.h. ergebnisorientierte Schreibprozesse zu entwickeln.

Wie man mit dieser Technik Erfolg hat

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man sich den Übergang zu eigenen Geschichten erleichtert.
Die erste Möglichkeit besteht ganz simpel darin, dass man die "Was wäre, wenn …"-Technik auf die eigene Lebenssituation anwendet. Beispiele:
  • Was wäre, wenn meine Freundin Therapeutin werden möchte?
  • Was wäre, wenn mein Nachbar Trompete spielen würde?
  • Was wäre, wenn meine Mutter unangemeldet zu Besuch kommt?
Die Fähigkeit, Alternativen zu entwickeln, übt man am besten an den Situationen, die man gut kennt.
Die zweite Möglichkeit ist fast genauso. Statt dass man "Was wäre, wenn …"-Fragen an den eigenen Alltag stellt, greift man zu einem Buch oder einer Geschichte. Oben hatten Sie drei Beispielfragen zu dem Froschkönig. Weitere Beispiele sind:
  • Was wäre, wenn Oskar Matzerath Flöte gespielt hätte?
  • Was wäre, wenn Bella (aus Twilight) Marxistin wäre?
  • Was wäre, wenn in Hogwarts auch Lesen und Schreiben unterrichtet hätte werden müssen?

Viele Fragen stellen

Die allerwichtigste Regel aber ist, dass man möglichst viele Fragen stellt, je mehr, desto besser.
Der Philosoph Edmund Husserl bezeichnet die Fantasie als Variation des Faktischen. Eine Vorlage ist also unbedingt notwendig. Zugleich bedeutet Variation, dass möglichst viele verschiedene, abweichende Betrachtungsweisen ins Spiel gebracht werden.
Dabei ist die Fantasie keine mystische Begabung, sondern eine Kompetenz. Kompetenzen lassen sich automatisieren, und deshalb ist auch die Fantasie eine Sache, die man zuerst einüben muss, und die nach einiger Zeit dann ganz automatisch abläuft.
Je mehr Sie eine Technik wie die "Was wäre, wenn …"-Technik einüben, umso mehr drängt sich diese Ihrem Denken auf und umso weniger müssen Sie sich anstrengen.
Nichts anderes propagiert der amerikanische Denktrainer Edward de Bono, wenn er das Erzeugen von Alternativen in den Mittelpunkt bestimmter Denktechniken stellt. Auch beim Problemlösen, wie die Kognitionswissenschaft es untersuchen, spielt diese Art der Fantasie eine wichtige Rolle. Sie wird vor allem unter dem Stichwort 'Analogien bilden' abgehandelt.

Fazit

Die "Was wäre, wenn …"-Technik muss tatsächlich als eine der Grundtechniken des kreativen Schreibens angesehen werden. Durch eine angemessenere Handhabung als dem wildem Herumprobieren kommt man rasch zu guten Ergebnissen.

Was ist individuelle Förderung?

Individuelle Förderung ist für die meisten Schulen verpflichtend. Doch wenn sie überhaupt umgesetzt wird, dann zu oft als Ausgleich von Defiziten.

Schulen und Lehrer haben eine ganze Menge Probleme im Alltag.
Die Sündenbockfunktion von Lehrern ist bekannt. Spätestens seit PISA aber erhöht sich der soziale und politische Druck auf Lehrer. Häufig wird von ihnen eine Unmenge an Kompetenzen abverlangt, die die Fordernden selbst nur zu einem kleinen Teil erfüllen können.
Eine dieser Kompetenzen ist die individuelle Förderung.

Förderung als Ausgleich von Defiziten

Altbekannt und am häufigsten praktiziert wird die Förderung, die Lerndefizite der Schüler ausgleichen soll. Ebenso alt ist die Kritik an dieser Art der Förderung. Und manchmal bleibt Verhaftetsein in der altbekannten defizitorientierten Förderung und dem Proklamieren einer völlig anderen Art des Förderns in einer kruden Widersprüchlichkeit nebeneinander bestehen.
Dies kann man an Lernentwicklungsplänen sehen, die sich deutlich von einer defizitären Förderung abheben wollen, und dann doch damit anfangen, aufzuzählen, was ein Schüler alles nicht kann.

Förderung und die Blindheit für Entwicklungen

Man trifft aber auch Gegenbeispiele. Der Lehrer (oder die Erzieherin) findet alles ganz toll. Alles kreativ, produktiv, supi, klasse, toll.
So viel Lob unterscheidet sich kaum von einem Schlag ins Gesicht.
Wenn Kinder auf die Welt kommen, orientieren sie sich an Problemen. Das Gehirn ist so strukturiert, dass es nicht nur mit Problemen umgehen kann, sondern sie geradezu sucht. Kinder erfahren also von Anfang an, dass sie nicht einfach nur super sind. Sicher, Kinder wollen geliebt werden und wenn möglich ohne Wenn und Aber. Wer aber Probleme schlichtweg leugnet, leugnet auch die Entwicklungserfahrung der Kinder und damit einen wesentlichen Bestandteil ihrer Identität.
Aus der Erfahrung mit Strategien des Mobbings weiß man, dass eine wichtige Strategie das Verleugnen von Entwicklungen, problematischen Entscheidungen, Problemen und Irrtümern ist. Dann muss man sich fragen, ob dieses bedingungslose Gutfinden des Kindes tatsächlich etwas anderes ist als Mobbing.
Und man kann gleich eine Frage an dieses Problem dran hängen: ist die Defizitorientierung, wie viele Schüler an den Tag legen, nicht doch eher eine Problemorientierung, die wir Erwachsenen nicht richtig wahrzunehmen gelernt haben?

Was aber kann dann individuelle Förderung sein?

Individuelle Förderung hängt von individuellen Entwicklungen ab. Individuelle Entwicklungen, man sollte meinen, dass dies selbstverständlich ist, sind vor allem psychische Entwicklungen und hier vorrangig dann die kognitiven, da diese am raschesten ablaufen. Natürlich darf man emotionale und motivationale Entwicklungen deshalb nicht für geringer erachten.
Trotzdem ergibt sich allein aus der Geschwindigkeit der kognitiven Entwicklung das Primat der individuellen kognitiven Förderung.
Dabei sollte man noch einen zweiten Punkt unbedingt beachten: ein Fehler (zum Beispiel ein Rechtschreibfehler) orientiert sich immer an einer sozialen Norm. Eine defizitorientierte Diagnose kann gar nicht individuell fördern, weil die Voraussetzung, aus der diese Diagnose entstanden ist, viel zu abstrakt gehalten ist.
Daraus ergibt sich eine zweite wesentliche Regel der individuellen Förderung: es werden keine Normen oder Normhandlungen gefördert, sondern Denkstrukturen.

Das Problem der Denkstrukturen

Denkstrukturen haben allerdings das Problem, dass sie sich nicht direkt beobachten lassen. Man kann sie nur in die Kinder hineininterpretieren, mit mehr oder weniger Sensibilität.
Hier kommt die Entwicklungspsychologie ins Spiel. Entwicklungspsychologen erforschen seit über 100 Jahren auch (und man kann sagen vorrangig) die kognitive Entwicklung. Auch wenn die Ergebnisse immer mit Vorsicht behandelt werden sollten, kann hier die Theorie sowohl Entwicklungsgesetze, als auch typische Abfolgen erklären.
Dabei ist die Theorie das eine. Zum anderen muss man lernen, diese idealtypischen inneren Entwicklungen aus dem Verhalten der Kinder zu erschließen. Diese andere Seite der Entwicklungspsychologie, die konkrete sinnliche Erfahrungen damit, ist die wesentlich anspruchsvollere Seite.
Man kann dies auch an der "Verwurstung" von Jean Piaget sehen: es gibt bei Piaget vier große Stufen der geistigen Entwicklung. Zu diesen geht er Altersstufen an. Nun wird Piaget häufig so verwendet, als wäre ein Kind mit zwei Jahren zwangsläufig in der entsprechenden geistigen Phase. Doch genau das ist ein Irrtum. Diese Altersangaben sind wie Fähnchen, wie ein Landvermesser in die Landschaft steckt. Die eigentliche Stufe der geistigen Entwicklung leitet sich aus kognitiven Funktionen ab. Piaget begründet, warum bestimmte geistige Leistungen zuerst entwickelt werden müssen, damit andere geistige Leistungen überhaupt eine Grundlage haben, auf der sie entstehen können.
Summa summarum kann man dann postulieren, dass man anhand der Entwicklungspsychologie in etwa sagen kann, wo ein Schüler im Moment steht, und was in nächster Zeit von ihm zu erwarten ist. Darauf kann man dann die Förderung aufbauen, ohne sich an Defiziten zu orientieren oder Problemorientierungen zu vernachlässigen.

Fazit

Folgt man diesen Gedankengängen, dann ist eine gute entwicklungspsychologische Ausbildung für Lehrer (aber auch für Eltern) dringend notwendig.

Deutsch - ein integrales Fach

Deutsch gilt als schöngeistig, wenn es um Literatur geht, als lästige Pflicht, wenn es um Rechtschreibung geht. Dabei mischt sich Sprache überall ein.
Mathias ist Systemadministrator. Seit Jahren programmiert er besonders gerne in Java. Java ist eine objektorientierte Programmiersprache.
Der "Satzbau" von Java sieht folgendermaßen aus:
MeinKuchen.mische (Mehl, Eier, Zucker, Salz, Öl, Wasser);

Ausflug ins objektorientierte Programmieren

"MeinKuchen" gilt dabei als Instanz eines Objektes. Ein Objekt in Java legt fest, welche Eigenschaften und welche Funktionen ein Objekt hat. Eine Instanz ist ein konkretes Objekt. Das kann man sich gut an einem konkreten Beispiel vorstellen: man kann eine ganze Menge Kuchen backen, die alle ähnlich sind. Das entspricht den Objekten. Aber wenn man einen Kuchen backt, kann man nur diesen einen Kuchen backen. Das ist die Instanz.
Damit ein ordentlicher Kuchen entsteht, müssen Handlungen ausgeführt werden. Das entspricht in Java den Funktionen. "MeinKuchen.mische" heißt also nichts anderes, als dass die Zutaten zu einem konkreten Kuchen gemischt werden. Eine Funktion in Java entspricht einem aktiven Verb im Satz.
Schließlich stehen hinter einer Funktion Argumente. Damit werden Variablen, Konstanten oder Instanzen bezeichnet, die "MeinKuchen" braucht, um die Funktion "mische" auszuführen. Mathias hat für sein Objekt "Kuchen" festgelegt, dass beim Mischen Mehl, Eier, Zucker, und so weiter verwendet werden sollen. Benutzt er jetzt eine konkrete Instanz, muss er dieser, wie im richtigen Leben, die richtigen Zutaten in Form von Argumenten mitgeben.

Propositionen - die Grundlage der Rhetorik

Mathias wohnt in Brüssel. Weit entfernt, in Berlin, sitzt sein jüngerer Bruder Stefan über Gedichten von der österreichischen Lyrikerin Friederike Mayröcker. Stefan ist Deutschlehrer. Er möchte mit seinen Schülern expressionistische Prosa besprechen und bereitet sich darauf penibel vor. Um die Gedichte rhetorisch zu erfassen, erarbeitet er sich zunächst ein Grundgerüst. Für das Gedicht März notiert er:
tanzen (mein grünes Herz, an der Innenseite der Regenbogen)
sich niederlassen (die Möven meines Verstandes)
sein (du, manchmal, perlgrau)
sein (du, versunken)
Was Stefan hier notiert, nennt man Propositionen. Propositionen sind formale Aufzeichnungen von Sätzen. Zu Beginn einer solchen steht ein Verb in der Grundform. In den Klammern dahinter finden sich die Satzteile, die man dann Argumente nennt. Hätte Stefan statt einfach nur "tanzen" "März.tanzen" geschrieben, hätte seine Gedichtsanalyse so ausgesehen:
März.tanzen (mein grünes Herz, an der Innenseite der Regenbogen)
Damit ist er schon fast beim objektorientierten Programmieren. Im Unterschied zu Java-Objekten ist die lyrische Sprache nicht auf einen funktionellen Aufbau bedacht, jedenfalls nicht in dieser Weise.
Trotzdem wird deutlich, was eine Gedichtinterpretation mit der Programmierung in Java zu tun hat. Expressionistische Lyrik kann Inhalt der elften Klassenstufe sein. Programmieren in Java schreiben die meisten Lehrpläne vor.

Textmuster

Ein weiteres Thema, in denen naturwissenschaftliche Fächer und Deutsch eng ineinander verzahnt sind, sind Textmuster.
Textmuster bilden sich entlang spezifischer fachlicher Anforderungen aus. So hat die Dokumentation eines Experimentes typischerweise die Beschreibung eines Aufbaus, die Beschreibung der Durchführung und die Erörterung des Ergebnisses (plus einigen weiteren Textmustern). Eine Dokumentation ist also eine spezifische Anordnung verschiedener Textmuster und Textinhalte.
Aber auch Dramen oder Romane eines bestimmten Genres haben typische Abfolgen. Bei vielen Krimis findet man die Abfolge Spuren erkunden (Beschreibung des Tatorts) - Spuren verfolgen (Verknüpfung des Tatorts/Mordopfers mit der sozialen Situation) - Gelegenheiten erkunden (Ausschluss von Möglichkeiten, wer die Tat begangen haben könnte). In Textmustern sähe die Abfolge so aus: Beschreibung - Interpretation - Erörterung. Das ist natürlich eine idealisierte Darstellung.
Trotzdem beruhen wissenschaftliche und fiktive Texte auf gleichen Prinzipien. Man muss sie nur genügend abstrahieren.

Sinnentnehmendes Lesen

Ein weiteres leidliches Thema ist das sinnentnehmende Lesen.
Je wissenschaftlicher naturwissenschaftlicher Unterricht wird, umso textlastiger ist er. Dabei arbeitet nicht nur der Deutschunterricht den naturwissenschaftlichen Fächern zu. Umgedreht wird auch die sprachliche Bildung zu einem Lernziel der Naturwissenschaften.
Scheuer, Kleffken und Ahlborn-Gockel von der Technischen Universität Dortmund schreiben:
"'Sprache als Gegenstand des Nachdenkens und als Mittel, die Welt und sich selbst zu verstehen und sich mit anderen zu verständigen' … nimmt bei der erfolgreichen Bewältigung des Alltags und des Bildungsweges eine Schlüsselrolle ein, …" Mit dem Modellprojekt "Kinder als Forscher und Entdecker - Ein neuer Weg der Sprachförderung" wird die Sprache als ein zentrales Werkzeug naturwissenschaftlichen Denkens "zurückerobert".

Fazit

Inhalte von Sprach- und Literaturwissenschaften sind von naturwissenschaftlichen Inhalten nicht zu trennen.
Hier stehen aber nicht nur die Lehrer in der Pflicht. Der Sinn dieser Verbindung muss gesamtgesellschaftlich getragen werden. Dabei spielen Eltern eine prägende Rolle.
Literatur:
  • Scheuer, Rupert/Kleffken, Brigitta/Ahlborn-Gockel, Sabine: Experimentieren als neuer Weg der Sprachförderung. Verknüpfung naturwissenschaftlicher und sprachlicher Bildung. in Höttecke, Dietmar (Hrsg.): Entwicklung naturwissenschaftlichen Denkens zwischen Phänomen und Systematik. Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik, Jahrestagung in Dresden 2009. Berlin 2010, S. 248-251.