Es gibt ja zahlreiche Menschen, die schreiben, um genau so zu schreiben wie ..., na, sagen wir mal Joan Rowling, oder George Simenon.
An sich ist Nachahmung ja eine wichtige Sache. Und auch hier beim Schreiben ist ein wesentlicher Teilschritt, sich an ein literarisches Vorbild zu halten. Nur ist es eben ein Teilschritt. Führt man alleine diesen aus, dann wird es den Verlagen weiterhin passieren, dass sie zu bestimmten Zeiten mit Manuskripten von Kindern mit seltsamen Blitznarben überschwemmt werden oder von jungen Frauen, die sich in einzelgängerische, geheimnisvolle junge Männer verlieben, die sich schließlich als Vampire entpuppen.
Ich sage ausdrücklich nicht: Nachahmung ist der falsche Weg. Ich sage ausdrücklich: das ist der richtige Weg. Nur: solche Geschichten gehören nicht an Verlage geschickt. Trotzdem müssen sie geschrieben werden. Es sind die berühmten und gefürchteten unveröffentlichten Arbeiten.
Wer nachahmend schreibt, eignet sich Muster an. Diese Muster sind wichtig. Zunächst sind sie äußerlich. Man bildet sie mechanisch ab. Die Texte wirken hölzern und unattraktiv. Doch bei diesem eher mechanischen Nachahmen geraten die Muster schon in Bewegung: hier greift die eigene Persönlichkeit in "irgendeiner" Weise in das Geschehen ein und verändert die Muster nach und nach. Beim mechanischen Nachahmen entsteht so unter der Hand Neues.
Man kann das kreativ nennen. Kreativität ist, so definiert das zum Beispiel Peter Schweizer (Systematisch Lösungen finden, S. 142), die Vermischung zweier Muster. Hier mischen sich also ein Textmuster (das sich mechanisch nachahmen lässt) und ein Persönlichkeitsmuster (von dem man selbst meist keine Ahnung hat).
Die eigentlich große Verlegenheit passiert nun gerade an dieser Stelle: das Mischen von Mustern kann nicht geplant werden, schon deshalb, weil die Persönlichkeitsmuster, die dabei eine Rolle spielen, nicht reflektiert werden können (und erzählen Sie mir nicht, dass irgendein Mensch sich selbst so gut kennt, dass er das könnte). Dagegen haben gerade junge Schriftsteller ein sehr eindeutiges, aber rein äußerliches Ziel vor Augen. Und damit kommt es zu einem unschönen Spannungsverhältnis zwischen äußerem Ziel und inneren Mustern.
Bateson hat dies sehr schön beschrieben als den Unterschied zwischen konvergentem und divergentem Denken.
Das konvergente Denken muss auf eine bestimmte Lösung kommen. Konvergente Prozesse führen im allgemeinen auf ein bestimmtes vorgegebenes Ziel hin. So kann die Entwicklung einer befruchteten Eizelle zu einem Neugeborenen nur unter der Bedingung stattfinden, dass diese Entwicklung stark abgeschirmt wird. Hier ist kein Platz für Zufälle und Kreativität. Passieren sie doch, sind sie extrem belastend oder sogar tödlich für Kind und Mutter.
Dagegen ist divergentes Denken geradezu angewiesen auf Zufälle, auf Unvorhersehbarkeiten. Alles Lernen passiert durch divergente Prozesse. Spezifischer gesagt: es gibt ein bestimmtes Muster, das durch Zufälle zu variieren anfängt. Aus irgendwelchen Gründen passt diese Variation ganz gut und das neue Muster wird beibehalten. Passt das Muster nicht, wird es noch weiterentwickelt, bis es eben passt oder aber aufgegeben. Alles Lernen geschieht in solchen Mustern (selbst eine einfache Tatsache ist ein Muster). Und alles Lernen, auch das Schreiben-Lernen, ist auf Zufälle angewiesen.
Peter Kruse, ein führender Entwickler kreativer Unternehmen, sagt dazu salopp: Stellen Sie sicher, dass der Prozess ein Unfall ist! (sonst gibt es keine Innovation ...)
Allerdings ist das eine höllische Anforderung (zunächst), Schreibprozesse wie Unfälle aussehen zu lassen, oder?
Nun, jedenfalls ist dies zunächst wichtig. In ähnlicher Weise erklärte Stephen King, dass er zunächst mit closed doors schriebe, also nicht für das Publikum, nicht leserfreundlich, eben nur für sich und seine Schublade. Dann aber schreibe er mit open doors. Dass heißt, dass jetzt der Gedanke an das Publikum zu gelassen wird.
Lernen ist also das Entwickeln neuer Muster aus alten Mustern. Alte Muster: das darf hier doppelt gelesen werden, nämlich einmal als Muster, die in der Kultur vorhanden sind (zum Beispiel Harry Potter-Bücher) und einmal als Muster, die im Kopf existieren (sogenannte kognitive Muster).
Indem man sich vorhandene kulturelle Muster aneignet, kommt man zu neuen kognitiven Mustern. Und je mehr kognitive Muster man entwickelt, umso flexibler wird das Denken. Salopp formuliert: intelligente Systeme können ihre Muster, ihre Prozesse wechseln.
Auch beim Schreiben ist das so: wer nur auf eine Art und Weise zu schreiben weiß, gerät in den Zustand zu großer Stabilität. Zu stabile Systeme neigen dazu, in Katastrophen unterzugehen, ja, sie erzeugen diese Katastrophen erst, weil sie so stabil sind. Bei Schriftstellern heißen solche Katastrophen dann Schreibblockaden. Und wenn sie einem jungen Schriftsteller passieren, beenden sie dann auch meist die kaum begonnene Karriere.
Dagegen sind instabile Systeme wesentlich besser geeignet, um solche Katastrophen herumzuschippern. Da instabile Systeme dazu neigen, ihre Muster zu wechseln, werfen sie auf solche Blockaden ein neues Licht, können diese von der anregenden Seite her packen und diese sogar in Energiequellen verwandeln. Mach den Prozess zu einem Unfall, sonst gerätst du in eine Katastrophe.
Hier greift auch wieder das nachahmende Schreiben. Durch dieses eignen wir uns neue Muster an. Wir dürfen nur nicht davon ausgehen, dass wir genau bei dem Muster rauskommen, das wir nachgeahmt haben. Denn bei der Nachahmung greift, wie oben beschrieben, ein zweites, persönliches Muster mit ein. Anders ausgedrückt: wie müssen zwar nachahmen, aber akzeptieren, dass jede Nachahmung "nur" auf eine Aneignung hinausläuft.
Wenn wir uns viele Muster aneignen, passiert noch eine zweite Sache, die beunruhigen dürfte: unser Schreibprozess destabilisiert sich. Wir kommen zwar um Klippen gut herum, aber das Ergebnis erscheint insgesamt zerbrochen, ohne Einheit. Das ist aber kein Problem, sondern eine Notwendigkeit. Zunächst gilt es, diese Unsicherheiten auszuhalten. Und im Nachhinein kann man sich dann um Glättung des Ergebnisses bemühen. Da man Texte sowieso überarbeiten muss, kann man hier diese Aufgabe gleich noch mitnehmen.
An sich ist Nachahmung ja eine wichtige Sache. Und auch hier beim Schreiben ist ein wesentlicher Teilschritt, sich an ein literarisches Vorbild zu halten. Nur ist es eben ein Teilschritt. Führt man alleine diesen aus, dann wird es den Verlagen weiterhin passieren, dass sie zu bestimmten Zeiten mit Manuskripten von Kindern mit seltsamen Blitznarben überschwemmt werden oder von jungen Frauen, die sich in einzelgängerische, geheimnisvolle junge Männer verlieben, die sich schließlich als Vampire entpuppen.
Ich sage ausdrücklich nicht: Nachahmung ist der falsche Weg. Ich sage ausdrücklich: das ist der richtige Weg. Nur: solche Geschichten gehören nicht an Verlage geschickt. Trotzdem müssen sie geschrieben werden. Es sind die berühmten und gefürchteten unveröffentlichten Arbeiten.
Wer nachahmend schreibt, eignet sich Muster an. Diese Muster sind wichtig. Zunächst sind sie äußerlich. Man bildet sie mechanisch ab. Die Texte wirken hölzern und unattraktiv. Doch bei diesem eher mechanischen Nachahmen geraten die Muster schon in Bewegung: hier greift die eigene Persönlichkeit in "irgendeiner" Weise in das Geschehen ein und verändert die Muster nach und nach. Beim mechanischen Nachahmen entsteht so unter der Hand Neues.
Man kann das kreativ nennen. Kreativität ist, so definiert das zum Beispiel Peter Schweizer (Systematisch Lösungen finden, S. 142), die Vermischung zweier Muster. Hier mischen sich also ein Textmuster (das sich mechanisch nachahmen lässt) und ein Persönlichkeitsmuster (von dem man selbst meist keine Ahnung hat).
Die eigentlich große Verlegenheit passiert nun gerade an dieser Stelle: das Mischen von Mustern kann nicht geplant werden, schon deshalb, weil die Persönlichkeitsmuster, die dabei eine Rolle spielen, nicht reflektiert werden können (und erzählen Sie mir nicht, dass irgendein Mensch sich selbst so gut kennt, dass er das könnte). Dagegen haben gerade junge Schriftsteller ein sehr eindeutiges, aber rein äußerliches Ziel vor Augen. Und damit kommt es zu einem unschönen Spannungsverhältnis zwischen äußerem Ziel und inneren Mustern.
Bateson hat dies sehr schön beschrieben als den Unterschied zwischen konvergentem und divergentem Denken.
Das konvergente Denken muss auf eine bestimmte Lösung kommen. Konvergente Prozesse führen im allgemeinen auf ein bestimmtes vorgegebenes Ziel hin. So kann die Entwicklung einer befruchteten Eizelle zu einem Neugeborenen nur unter der Bedingung stattfinden, dass diese Entwicklung stark abgeschirmt wird. Hier ist kein Platz für Zufälle und Kreativität. Passieren sie doch, sind sie extrem belastend oder sogar tödlich für Kind und Mutter.
Dagegen ist divergentes Denken geradezu angewiesen auf Zufälle, auf Unvorhersehbarkeiten. Alles Lernen passiert durch divergente Prozesse. Spezifischer gesagt: es gibt ein bestimmtes Muster, das durch Zufälle zu variieren anfängt. Aus irgendwelchen Gründen passt diese Variation ganz gut und das neue Muster wird beibehalten. Passt das Muster nicht, wird es noch weiterentwickelt, bis es eben passt oder aber aufgegeben. Alles Lernen geschieht in solchen Mustern (selbst eine einfache Tatsache ist ein Muster). Und alles Lernen, auch das Schreiben-Lernen, ist auf Zufälle angewiesen.
Peter Kruse, ein führender Entwickler kreativer Unternehmen, sagt dazu salopp: Stellen Sie sicher, dass der Prozess ein Unfall ist! (sonst gibt es keine Innovation ...)
Allerdings ist das eine höllische Anforderung (zunächst), Schreibprozesse wie Unfälle aussehen zu lassen, oder?
Nun, jedenfalls ist dies zunächst wichtig. In ähnlicher Weise erklärte Stephen King, dass er zunächst mit closed doors schriebe, also nicht für das Publikum, nicht leserfreundlich, eben nur für sich und seine Schublade. Dann aber schreibe er mit open doors. Dass heißt, dass jetzt der Gedanke an das Publikum zu gelassen wird.
Lernen ist also das Entwickeln neuer Muster aus alten Mustern. Alte Muster: das darf hier doppelt gelesen werden, nämlich einmal als Muster, die in der Kultur vorhanden sind (zum Beispiel Harry Potter-Bücher) und einmal als Muster, die im Kopf existieren (sogenannte kognitive Muster).
Indem man sich vorhandene kulturelle Muster aneignet, kommt man zu neuen kognitiven Mustern. Und je mehr kognitive Muster man entwickelt, umso flexibler wird das Denken. Salopp formuliert: intelligente Systeme können ihre Muster, ihre Prozesse wechseln.
Auch beim Schreiben ist das so: wer nur auf eine Art und Weise zu schreiben weiß, gerät in den Zustand zu großer Stabilität. Zu stabile Systeme neigen dazu, in Katastrophen unterzugehen, ja, sie erzeugen diese Katastrophen erst, weil sie so stabil sind. Bei Schriftstellern heißen solche Katastrophen dann Schreibblockaden. Und wenn sie einem jungen Schriftsteller passieren, beenden sie dann auch meist die kaum begonnene Karriere.
Dagegen sind instabile Systeme wesentlich besser geeignet, um solche Katastrophen herumzuschippern. Da instabile Systeme dazu neigen, ihre Muster zu wechseln, werfen sie auf solche Blockaden ein neues Licht, können diese von der anregenden Seite her packen und diese sogar in Energiequellen verwandeln. Mach den Prozess zu einem Unfall, sonst gerätst du in eine Katastrophe.
Hier greift auch wieder das nachahmende Schreiben. Durch dieses eignen wir uns neue Muster an. Wir dürfen nur nicht davon ausgehen, dass wir genau bei dem Muster rauskommen, das wir nachgeahmt haben. Denn bei der Nachahmung greift, wie oben beschrieben, ein zweites, persönliches Muster mit ein. Anders ausgedrückt: wie müssen zwar nachahmen, aber akzeptieren, dass jede Nachahmung "nur" auf eine Aneignung hinausläuft.
Wenn wir uns viele Muster aneignen, passiert noch eine zweite Sache, die beunruhigen dürfte: unser Schreibprozess destabilisiert sich. Wir kommen zwar um Klippen gut herum, aber das Ergebnis erscheint insgesamt zerbrochen, ohne Einheit. Das ist aber kein Problem, sondern eine Notwendigkeit. Zunächst gilt es, diese Unsicherheiten auszuhalten. Und im Nachhinein kann man sich dann um Glättung des Ergebnisses bemühen. Da man Texte sowieso überarbeiten muss, kann man hier diese Aufgabe gleich noch mitnehmen.
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