18.09.2012

Wie schreibt man eine Rezension?

John Asht behauptet (27. Januar 2012):
Hier noch eine Dosis Aufklärung für alle die's noch immer nicht kapiert haben:
Bei einer Rezension hört die Meinungsfreiheit auf [Autsch! FW]. Eine Rezension ist eine wissenschaftliche, literarische Analyse, die den Verkaufserfolg eines Buches mitbestimmt. Da zählen nur Fakten - und dafür muss das Werk von A bis Z gelesen werden. 
Auf wikipedia dagegen liest man (Literaturkritik):
Jedwede Form von Sekundärliteratur, also auch die Rezension, ist anfechtbar, da zur möglichst objektiv wiederzugebenden Beschreibung eines Gegenstandes immer auch die kommentierend subjektive Sicht des Rezensenten gehört.
Was man heute bei Amazon findet, sind Meinungen. Mal abgesehen von Sockenpuppen und bösartigen Verrissen haben diese Rezensionen keinen aufklärenden, sondern lediglich einen empfehlenden Charakter. Damit entfällt der Anspruch, eine Rezension wissenschaftlich zu fundieren. Was in Ordnung ist! 

Ursula Prem hat sich über meine Rezension von Twin-Pryx übrigens folgendermaßen ausgelassen (Eine Lanze für John Asht):
»Ich habe Literaturwissenschaft studiert«, bekennt einer der Ein-Sterne-Rezensenten, der seine Buchbesprechung mit dem fantasievoll gewählten Titel »Müll!« überschreibt. Wie lange das Studium, das ihn zu solch anspruchsvoller Titelfindung und der kompetenten Teilnahme am Ashting-Flash befähigt, gedauert hat, erwähnt er allerdings nicht.
Frau Prem erwähnt allerdings nicht, und da zeigt sich die Voreingenommenheit dieser Frau, dass meine Rezension (mittlerweile zusammen mit dem E-Buch gelöscht) etwas ausführlicher war:
Müll
Normalerweise würde ich ein Buch, einfach aus Ermutigung für junge Autoren, halbwegs positiv rezensieren. Es ist nicht einfach, ein Buch zu schreiben, und auch wenn das Ergebnis dann für den Leser ärgerlich ist: Romane zu schreiben ist so anspruchsreich, dass sie "intelligenzfördernd" wirken. Und das ist ja auch etwas positives.
Warum also bekommt dieser Roman nur einen Stern? Weil sich der Autor als "gestandene" Person gibt und in widerlichster Art und Weise Rezensenten bedroht, die den Roman eben nicht so gut finden [...]
Nein, der Roman ist nicht gut. Er ist hölzern und manieristisch, will sagen: beim Lesen der Handlung bekommt man kein Gefühl für die "Innerlichkeit" der Personen. Sie wirken eher wie Dinge, die vom Autor "herumgeschoben" werden. Und das ist keinesfalls gut. Zudem ist der Roman eher ein "Road Movie", das häufig durch neue, dramatische Orte beeindrucken will, denn ein wesentliches Ziel zu verfolgen. Will sagen: die (einzelne) Handlung ist ein Ornament, deren Relevanz für die Gesamthandlung nicht deutlich wird. Ornamente sind zwar wichtig, wenn es um Charakterisierungen geht. Wenn diese aber nicht gestützt werden, weil zum Beispiel andere Formen der Charakterisierung fehlen, dann wirken diese einzelnen Handlungsabschnitte nur peinlich.
Der Autor beschwert sich, dass er nicht von professionellen Literaturkritikern beurteilt werden würde. Ich möchte behaupten, dass ein solcher dieses Werk als "Unsäglicher Mist" beurteilen würde. Ich habe Literaturwissenschaft studiert; ich mag Unterhaltungsliteratur, auch wenn diese nicht "hochwertig" ist. Bücher dürfen auch einfach nur unterhalten. Aber dieses Buch unterhält nicht. Und im Zusammenhang mit seiner arroganten und beleidigenden Art gegenüber Lesern (was ja nur heißt, dass ihn Leser eigentlich garnicht interessieren) muss man dieses Buch als eine stilistische und literarische Katastrophe bezeichnen.

Fazit: Müll! - Und bei einem so besserwisserischen Autor wird auch in Zukunft nichts weiter zu erwarten sein.
Auch das ist keine literaturwissenschaftliche Kritik. Aber muss jeder dahergelaufene Autor gleich nach einem "Glas" schreien, wie Jacques Derrida es über Hegel und Genet veröffentlicht hat? Mal abgesehen davon, dass ich nicht Derrida bin.
Vampyress kommentiert, nicht literaturwissenschaftlich, aber nett zu Maag-Mell von Asht:
Es fühlt sich an, als hätte mir gerade ein Vogone sein Gedicht vorgetragen. Ich glaube, das überlebt man nur, wenn man sich das linke Bein abknabbert ...

2 Kommentare :

Gernot hat gesagt…

Hallo Fredrike,

nach dem ich - danke für den Hinweis, durch einen früheren Artikel von dir - einiges über und von Herrn J.A. (nach) gelesen habe, und auch einige Buchauszüge auf der Verlagsseite probiert habe, würde mich interessieren, wie sich gut gemachte von schlecht gemachter Literatur (alá J.A.) unterscheiden lässt. Bei zweiterem wirken, nach meinem Empfinden, die Charaktere nicht echt, ich komme nicht in den Lesefluss, mir fehlt die Geduld mehr als nötig zu lesen und habe aber dann nur noch weitergelesen, um zu verstehen wie das (nicht) funktioniert. Aber lässt sich das auch (wissenschaftlich) beschreiben und belegen?

Danke schon mal für die Hinweise.

Gruss,
Gernot

Frederik Weitz hat gesagt…

Lieber Gernot!

Eben nicht. Das ist ja das ganze Problem an der literarischen Wertung. In der Literaturwissenschaft ist es eines der strittigsten Gebiete, da es auf Geschmacksurteilen begründet ist und manche Wissenschaftstheorien Geschmacksurteile nicht als wissenschaftliche Urteile gelten lassen.
Insofern ist die Forderung, die Herr Asht stellt, gleich auf dreifache Weise unsinnig. Sein Werk kann nicht literaturwissenschaftlich gelesen werden, wenn es nicht in den literaturwissenschaftlichen Diskurs als Diskussionsobjekt aufgenommen wird. Das, so darf ich prophezeien, wird nicht passieren. Zudem sind literaturwissenschaftliche Analysen häufig nur auf Teile, Abschnitte oder Aspekte eines Werkes bezogen, würden also nur die weitere Kritik des Autors, sein Werk nicht vollständig gelesen zu haben, auf sich ziehen. Schließlich müsste man präziser die Beziehung zwischen Kritik und Urteil herausarbeiten, und vor allem müsste dies auch John Asht tun, damit sich überhaupt eine Diskussion mit ihm lohnt. Asht argumentiert ja nur äußerst selten. Meist sind es Suggestionen oder sogar nur hingeschmissene Behauptungen. Warum sollte ich mich einem Menschen gegenüber akurat wissenschaftlich verhalten, der diesen Anspruch selbst nicht im mindesten erfüllen kann?

Nein. Es gibt keine wissenschaftlichen Begründungen für literarische Kritik. Literarische Kritik basiert auf Geschmacksurteile und diese sind, wie Kant sehr schön dargelegt hat, subjektive Meinungen, die sich objektiv geben.