15.06.2013

CSD in Köln und die Homo-Ehe; Individual-Rechte

Diesmal führt mich nicht eine aktuelle Debatte in den üblichen online-Portalen zum Thema CSD. Das wäre momentan zwar wahrscheinlich, aber eigentlich bastele ich gerade an poetischen Figuren bei DDR-Schriftstellerinnen herum. Ich habe es bereits angedeutet. Nein, diesmal war es fast ein Zufall: ich wollte mal wieder meine Link-Sammlung aufräumen und einige Blogs löschen, die seit langer Zeit nicht mehr geführt werden.
Dabei bin ich über die Internetpräsenz meines ehemaligen Kollegens Robert Niedermeier gestolpert. Sein aktueller Artikel Neuanmeldung gegen Nazis ist nicht nur hervorragend geschrieben, sondern hat mir noch einmal gezeigt, wie und wo meine eigenen Grenzen politischen Denkens verlaufen. Die werde ich nun überdenken müssen.
Wie meine treueren Leser wissen, bin ich für eine Legitimierung der (scheußliches Wort!) Homo-Ehe und eine Gleichstellung. Allerdings ist es sehr fraglich, ob das tatsächlich politisch sinnvoll ist. Nicht, weil ich nun keine Gleichberechtigung mehr möchte. Fraglich ist, was mit anderen möglichen Formen der (Intim-)Gemeinschaft passiert; ob es hier nicht eine Berechtigung gebe, auch diese gesetzlich besserzustellen. Es geht also um die Frage, ob es gleiche oder eventuell bessere Rechte geben soll. (Nachtrag: der Spiegelfechter vertritt die Gleichstellung vor dem Gesetz: Dumm, dreist, verlogen: Das Märchen von der Schwulen-Lesben-Lobby.)
Niedermeier führt die Möglichkeit an, nicht die Eherechte auszudehnen, sondern Individualrechte zu stärken, also auch die Partizipation an nicht-ehelichen Pflichten und Rechten in gemeinschaftlichen Lebensformen. Ich halte die Diskussion darüber für äußerst sinnvoll. Derzeit erlebe ich das an meinem Patenkind, den ich seit sechzehn Jahren als meinen eigenen Sohn ansehe. Er war über lange Zeit Woche für Woche bei mir; weder steht er auf meiner Lohnsteuerkarte, noch hat seine Mutter mich jemals finanziell unterstützt. Meine Motive sind deutlich andere. Trotzdem behauptet sie sogar noch, das sei irgendwie großzügig von ihr, dass sie ihren Sohn zu mir gelassen hätte. Dass sie selber dadurch einen Abend in der Woche und jedes zweite Wochenende frei hatte, das scheint ihr nicht in den Sinn zu kommen. Ebenso hat sie mich an wichtigen Entscheidungen über das Leben des Jungen nie teilhaben lassen. Gemeckert hat sie, wenn das nicht alles zu ihrer Bequemlichkeit verlaufen ist. Und als Strafe hat sie ihn auch gerne mir vorenthalten.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ja, ich hätte gerne mehr Individualrecht gehabt. Heute ist das kaum noch sinnvoll. Mein Sohn ist ein junger Mann und muss langsam seinen eigenen Lebensweg finden. Es ist sehr bedauerlich, dass er von einer eigentlich nur stockkonservativen und, wie man es von Konservativen kennt, auch recht ungebildeten Frau großgezogen wurde; die nicht dadurch progressiv ist, dass sie angeblich feministisch sei. Das gilt schon lange nicht mehr. Zumindest einige Strömungen des Feminismus sind längst im Neoliberalismus angekommen.
Robert Niedermeier hat mich mit seinem tollen Artikel daran erinnert. Es muss doch noch weitere Lebensformen geben jenseits eines Elite-Feminismus und diesen pseudo-biologisierenden Männerbewegungen. Seltsamerweise hat mich gerade meine Krankheit und dass ich fast gestorben wäre, darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig die Wahrheit ist und wie wichtig es ist, zunächst bei den simplen Tatsachen zu bleiben. Was für Männer und auch für Frauen heißt, nicht wie kleine, beleidigte Prinzesschen in ihrer Traumwelt herumzuturnen.

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