Ich folge seit über einer Woche dem Begriff der Metapher in dem Werk von Gregory Bateson. Diese Arbeit ist spannend, aus mehrerlei Gründen.
Klassischerweise ist die Metapher ja ein Wort anstelle eines anderen, also zum Beispiel - Aristoteles gibt dieses Beispiel - Löwe anstelle von Achill.
Nun kann aber gerade dies nicht die Wirkung einer Metapher erklären. Um Wirkungen der Metapher nun geht es in der Coaching-Literatur. Hier aber bootet sich die Coaching-Literatur meist dadurch selbst aus, indem sie so ziemlich alles unter Metapher zusammenfasst, was nur irgendwie etwas mit Bildern oder Vorstellungen zu tun hat. Und dann finden sich so heterogene Zusammenstellungen, die Gleichnis, Anekdote, metaphorischen Komplex und Katachrese durcheinander mischen. Um Wirkungen kontrollieren zu können sind Differenzierungen wichtig. Wenn das Coaching diese Differenzierungen ab- statt aufbaut, dann muss es sich fragen lassen (d.h. natürlich alle Trainer und Coaches), was sie damit bezwecken. Meine Vermutung: nichts Gutes.
Ich bin mit meinen Untersuchungen zu Metaphern bei Bateson noch nicht zu einem Abschluss gekommen und werde wahrscheinlich auch noch eine ganze Weile brauchen, bis ich hier eine genügend gründliche Systematik erarbeitet habe, aber zumindest einen schönen Gedanken möchte ich euch nicht vorenthalten:
Metaphern setzen einen Bezug auf eine Konfiguration in Spannung zu einem Bezug auf ein Phänomen. Bevor ich das näher erläutere, hebe ich noch einmal das Wort Spannung hervor, denn es bezeichnet hier die (hauptsächliche) Ursache der metaphorischen Wirkung. Spannung hat dann auch nur am Rande mit einem Visualisieren zu tun (wie das von NLP'lern gerne als einziger Sinn und Zweck für die Metapher behauptet wird).
Nehmen wir den Löwen als metaphorische Ersetzung für Achilles, dann ist weder Achill noch der Löwe die Metapher, sondern die Metapher steckt in dem Wort "für", das diese Ersetzung anzeigt. Nun ist klar, dass die Metapher aber eben nicht Achill durch alles ersetzt, was den Löwen ausmacht, sondern nur durch einige, wenige Eigenschaften: Kämpfernatur, Wildheit, Stärke, oder ähnliches.
Die metaphorische Übertragung erzeugt demnach nach beiden Seiten eine Codierung sehr begrenzter Art: das metaphorisierte Objekt wird auf ein bestimmtes Wesen hinpointiert, in diesem Fall also Achill in Bezug auf bestimmte Charaktereigenschaften, während das metaphorisierende Objekt abstrahiert wird, der Löwe also wiederum auf bestimmte Charaktereigenschaften.
Pointierung, oder: Übertreibung, Hyperbel, auf der einen Seite, Abstraktion auf der anderen Seite, das ganze im Rahmen einer Codierung, von der Bateson wiederum sagt, dass eine Codierung nur im Rahmen eines Diskursuniversums funktioniert (für Coaches: im Rahmen eines Glaubenssystems).
Warum dann aber Spannung?
Weil die Metapher, so scheint es, auf ein unhintergehbares Spannungsverhältnis hinweist, das nicht der Metapher selbst entspringt, sondern der Spannung zwischen nonverbaler und verbaler Kommunikation, oder, um es noch genauer auszudrücken, dem kommunikativen Verhalten als Beziehungsarbeit und als Informationsmedium, als analoge und digitale Kommunikation.
Die Metapher bringt dann aber selbst eine weitere Spannung ein, die ihr immanent ist: auf der einen Seite absorbiert die die Spannung zwischen analoger und digitaler Kommunikation, auf der anderen Seite aber macht sie genau dadurch deutlich, dass sie hier eine Spannung absorbiert und verlagert, die anderswo stattfindet. Das heißt, sie tarnt und enttarnt zur gleichen Zeit.
Allerdings: Enttarnung findet nur dann statt, wenn man die Metapher als Metapher begreift, und - hier bin ich noch am Forschen - diese Metaphern als Teile, als Spuren eines Diskursuniversums begreift.
Die Metapher als Metapher zu begreifen heißt, hier ein "wie" einzuführen: Achill ist wie ein Löwe, also aus der Metapher einen Vergleich zu machen. Und spätestens ab hier wird es bei Bateson richtig wild. Ganz kurz gefasst läuft die Argumentation wohl auf folgendes hinaus: Das Umwandeln einer Metapher in einen Vergleich setzt eine metakommunikative Regel frei (oder macht diese zugänglich), die in ein Diskursuniversum eingebunden ist und einen Teil seiner Grenze ausmacht. Indem diese metakommunikative Regel herausgearbeitet wird, wird die Grenze des Diskursuniversums zerbrechlich und eine Überschreitung möglich. Der Löwe wird wieder zum Löwen: er wird konkretisiert, während der emphatische Status von Achilles, die Übertreibung, einer gewissen Lächerlichkeit anheimfällt.
Nun ist die Arbeit an der Metapher Löwe anstelle Achill eine recht nutzlose Arbeit. Spannender, aufregender könnte hier das genauere Betrachten politischer Reden oder zum Beispiel der Metaphern im Coaching sein.
Denn dass eine Metapher visualisiert ist selbst nur eine Metapher und die ganze Frage ist hier, in welches Diskursuniversum sich Coaches einschließen und wie man sie davon heilt.
Am Schluss möchte ich noch auf einen Aufsatz hinweisen, der mir gerade in dieser Diskussion sehr wichtig ist und eventuell für den einen oder anderen Leser interessant: Staten, Henry: Der geheime Name der Katzen, in: Haverkamp, Anselm: Die paradoxe Metapher, Frankfurt am Main 1998.
Klassischerweise ist die Metapher ja ein Wort anstelle eines anderen, also zum Beispiel - Aristoteles gibt dieses Beispiel - Löwe anstelle von Achill.
Nun kann aber gerade dies nicht die Wirkung einer Metapher erklären. Um Wirkungen der Metapher nun geht es in der Coaching-Literatur. Hier aber bootet sich die Coaching-Literatur meist dadurch selbst aus, indem sie so ziemlich alles unter Metapher zusammenfasst, was nur irgendwie etwas mit Bildern oder Vorstellungen zu tun hat. Und dann finden sich so heterogene Zusammenstellungen, die Gleichnis, Anekdote, metaphorischen Komplex und Katachrese durcheinander mischen. Um Wirkungen kontrollieren zu können sind Differenzierungen wichtig. Wenn das Coaching diese Differenzierungen ab- statt aufbaut, dann muss es sich fragen lassen (d.h. natürlich alle Trainer und Coaches), was sie damit bezwecken. Meine Vermutung: nichts Gutes.
Ich bin mit meinen Untersuchungen zu Metaphern bei Bateson noch nicht zu einem Abschluss gekommen und werde wahrscheinlich auch noch eine ganze Weile brauchen, bis ich hier eine genügend gründliche Systematik erarbeitet habe, aber zumindest einen schönen Gedanken möchte ich euch nicht vorenthalten:
Metaphern setzen einen Bezug auf eine Konfiguration in Spannung zu einem Bezug auf ein Phänomen. Bevor ich das näher erläutere, hebe ich noch einmal das Wort Spannung hervor, denn es bezeichnet hier die (hauptsächliche) Ursache der metaphorischen Wirkung. Spannung hat dann auch nur am Rande mit einem Visualisieren zu tun (wie das von NLP'lern gerne als einziger Sinn und Zweck für die Metapher behauptet wird).
Nehmen wir den Löwen als metaphorische Ersetzung für Achilles, dann ist weder Achill noch der Löwe die Metapher, sondern die Metapher steckt in dem Wort "für", das diese Ersetzung anzeigt. Nun ist klar, dass die Metapher aber eben nicht Achill durch alles ersetzt, was den Löwen ausmacht, sondern nur durch einige, wenige Eigenschaften: Kämpfernatur, Wildheit, Stärke, oder ähnliches.
Die metaphorische Übertragung erzeugt demnach nach beiden Seiten eine Codierung sehr begrenzter Art: das metaphorisierte Objekt wird auf ein bestimmtes Wesen hinpointiert, in diesem Fall also Achill in Bezug auf bestimmte Charaktereigenschaften, während das metaphorisierende Objekt abstrahiert wird, der Löwe also wiederum auf bestimmte Charaktereigenschaften.
Pointierung, oder: Übertreibung, Hyperbel, auf der einen Seite, Abstraktion auf der anderen Seite, das ganze im Rahmen einer Codierung, von der Bateson wiederum sagt, dass eine Codierung nur im Rahmen eines Diskursuniversums funktioniert (für Coaches: im Rahmen eines Glaubenssystems).
Warum dann aber Spannung?
Weil die Metapher, so scheint es, auf ein unhintergehbares Spannungsverhältnis hinweist, das nicht der Metapher selbst entspringt, sondern der Spannung zwischen nonverbaler und verbaler Kommunikation, oder, um es noch genauer auszudrücken, dem kommunikativen Verhalten als Beziehungsarbeit und als Informationsmedium, als analoge und digitale Kommunikation.
Die Metapher bringt dann aber selbst eine weitere Spannung ein, die ihr immanent ist: auf der einen Seite absorbiert die die Spannung zwischen analoger und digitaler Kommunikation, auf der anderen Seite aber macht sie genau dadurch deutlich, dass sie hier eine Spannung absorbiert und verlagert, die anderswo stattfindet. Das heißt, sie tarnt und enttarnt zur gleichen Zeit.
Allerdings: Enttarnung findet nur dann statt, wenn man die Metapher als Metapher begreift, und - hier bin ich noch am Forschen - diese Metaphern als Teile, als Spuren eines Diskursuniversums begreift.
Die Metapher als Metapher zu begreifen heißt, hier ein "wie" einzuführen: Achill ist wie ein Löwe, also aus der Metapher einen Vergleich zu machen. Und spätestens ab hier wird es bei Bateson richtig wild. Ganz kurz gefasst läuft die Argumentation wohl auf folgendes hinaus: Das Umwandeln einer Metapher in einen Vergleich setzt eine metakommunikative Regel frei (oder macht diese zugänglich), die in ein Diskursuniversum eingebunden ist und einen Teil seiner Grenze ausmacht. Indem diese metakommunikative Regel herausgearbeitet wird, wird die Grenze des Diskursuniversums zerbrechlich und eine Überschreitung möglich. Der Löwe wird wieder zum Löwen: er wird konkretisiert, während der emphatische Status von Achilles, die Übertreibung, einer gewissen Lächerlichkeit anheimfällt.
Nun ist die Arbeit an der Metapher Löwe anstelle Achill eine recht nutzlose Arbeit. Spannender, aufregender könnte hier das genauere Betrachten politischer Reden oder zum Beispiel der Metaphern im Coaching sein.
Denn dass eine Metapher visualisiert ist selbst nur eine Metapher und die ganze Frage ist hier, in welches Diskursuniversum sich Coaches einschließen und wie man sie davon heilt.
Am Schluss möchte ich noch auf einen Aufsatz hinweisen, der mir gerade in dieser Diskussion sehr wichtig ist und eventuell für den einen oder anderen Leser interessant: Staten, Henry: Der geheime Name der Katzen, in: Haverkamp, Anselm: Die paradoxe Metapher, Frankfurt am Main 1998.
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