In einem Aufsatz hat mein Sohn eine Wort-Wiederholung unterstrichen bekommen. Angeblich sollen Wörter nicht wiederholt werden, sondern durch Pronomen ersetzt werden. Allerdings ist Wortwiederholung ein Mittel der Textkohärenz und der sprachlich-stilistischen Gestaltung von Texten.
Sicher: nicht immer ist eine solche Wortwiederholung angebracht und manchmal überzeugt das schwächere Pronomen zugleich durch die andere Akzentuierung des Satzes, und durch die andere Rythmisierung der Textes. Nur: wenn ich durch die Wortwiederholung einen bestimmten Sachverhalt akzentuieren kann und zudem noch ein gutes rhetorisches Mittel einbinden kann, dann ist die Empfehlung, Wortwiederholungen zu vermeiden, einfach schlechtes Deutsch.
Auch die Variation um jeden Preis erzeugt oft mehr Wolken, als dass sie gute Prosa liefert. Wer für hervorragend dann auch noch toll, wundervoll, fantastisch und anderes ins Feld führt, kommt leicht in Verruf, ein Schwafler zu sein. Denn Variation bedeutet nicht, seine Wertung möglichst umfassend und wortreich vorzustellen, sondern einen Sachverhalt in möglichst weiten Bezügen darzustellen. Also eine Beschreibung so präzise wie nötig zu halten. Dann darf man auch sehr viele unterschiedliche Wörter gebrauchen, da die Beziehungen in einem Sachverhalt ebenso vielfältig sind.
Leider ist es noch immer so, dass in der Schule ein hölzernes Deutsch gelehrt wird, in dem kein Lehrer je einem Roman lesen wollte. Und das auch nicht der kanonischen Bildungsliteratur entspricht.
Ich habe mit meinem Sohn lange darüber gesprochen. Er war ziemlich bedrückt, weil er den Aufsatz sowieso nicht gut benotet bekommen hat. Ich hoffe, dass er verstanden hat, was ich ihm erklärt habe (rhetorische Figuren sind Zehnjährigen nicht so einfach zu erklären). Ansonsten hat er dasselbe Problem, das ich immer in der Schule hatte: ich habe gerne am Thema vorbei geschrieben. Nur hatte ich Lehrer, die hier meine sprachliche Ausdrucksweise immer sehr geschätzt haben und dies honoriert haben. Insofern ist mir manche schlechte Note erspart geblieben.
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