Wer sich heute so alles seine Biographie schreiben lässt! Dieter Bohlen zum Beispiel, oder Helmut Kohl, um nur einige berühmtere Personen zu nennen. Dass Herr Bohlen nicht selbst schreibt, nehmen wir dankbar entgegen, dürfte seine Biographie sich eher im Bereich heißer Luft bewegen (wobei er als Komponist mittlerweile wirklich erträglich ist); dass Herr Kohl mit seiner Biographie unspektakulär bleibt, ist oft bemängelt worden.
Das Geschäft des ghostwriters muss ein müßiges Geschäft sein, und ein lukratives. Im übrigen ist es ein sehr altes Geschäft, vielleicht so alt wie das horizontale Gewerbe. Ghostwriter haben neben dem Schreiben der Biographie noch eine viel wichtigere Funktion: das Bilden von Mythen. Und diese Funktion ist schon immer gerne genutzt worden.
So hat sich Gustav II. Adolf - der Schwedenkönig, der im 30jährigen Krieg feder-, bzw. schwertführend war - systematisch zum Verfechter des protestantischen Glaubens stilisiert, mit Bildern, die ihn als von Gott geführt auszeichnen, geführt gegen den Drachen der katholischen Kirche.
Dass man sich mit Büchern gerne ein Mahnmal setzt, zeigt auch der "Fall" Torquato Tasso: Gerusaleme liberata, für Alfons II. Herzog von Ferrara und Modeno geschrieben, der Prinzessin d'Este gewidmet, der Schwester des Herzogs. - Bekannt ist hier ja auch, hoffentlich, Goethes dramatische Bearbeitung dieses Lebensabschnittes. (Tasso wurde im späteren Leben "verrückt", offensichtlich gab es bei Hof ein massives Mobbing gegen ihn, zudem kam er mit der Inquisition in Konflikt.)
Jetzt lese ich, dass Maximilian I. nicht nur der letzte Ritter genannt wurde, sondern er hat sich selbst in mehreren autobiographischen Epen stilisieren lassen, die nach seinen Vorgaben geschrieben wurden. Eines dieser Epen ist Fragment geblieben, die anderen beiden hat er zum Teil selbst geschrieben, zum Teil von anderen verfassen lassen. Diese Selbststilisierung geschah zum Teil systematisch und ist nicht mehr eine "Huldigung", sondern eine "Werbung durch Mythisierung".
Wir treffen hier auf ähnliche soziale Konstellationen wie bei Helmut Kohl und Dieter Bohlen, vielleicht nicht ganz, aber zumindest ist das Phänomen des Ghostwriters und der Stilisierung in der Auto-/Mytho-Biographie.
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