09.03.2013

Vorurteile und die junge Islamkonferenz

Es ist faszinierend (und ärgerlich), wie falsche Begriffe und falsche Methoden zu recht seltsamen Aussagen führen. Ein solches Wort ist das Wort Vorurteil. Gauck wünscht sich einen vorurteilsfreien Dialog mit Muslimen. Doch das ist natürlich absoluter Unsinn. Man tritt in einen Dialog, weil man sich nicht so gut kennt. Man muss Vorurteile haben. Man muss eben nur mit ihnen umgehen können.
Ein Vorurteil ist erstmal nichts Schlimmes, nichts Böses. Es ist eine Aussage, die vor dem Urteil geführt wird und in der Argumentation revidiert wird.
Die Gefahr an dem Verbot von Vorurteilen besteht unter anderem in dem hohen Druck, der auf die Diskutanten aufgebaut wird. Man weiß es noch nicht oder hat eben undifferenzierte Urteile. Zudem müssen es ja Vorurteile sein, denn sobald es ein Urteil ist, kann man darüber nicht mehr diskutieren.
Freilich gehe ich hier von einem Begriff des Vorurteils aus, der sich eher auf einen philosophischen Begriffsapparat bezieht. Der alltäglich benutzte Begriff ist ja mit "böse", "schlecht", mindestens "gedankenlos" konnotiert. Und das ist auch deshalb kritisch zu sehen, weil eine mögliche Wahrheit suggeriert wird: man könne, so macht die Rede vom vorurteilsfreien Dialog deutlich, die Fehlbarkeit menschlichen Zusammenlebens überwinden. Den philosophischen Begriff des Vorurteils dagegen muss man als notwendiges Moment einer Diskussion nehmen. Zwar ist er noch bei Kant, auch später, auf die mögliche Wahrheit bezogen, aber er ist eher methodischen als moralischen Charakters.

Nicht also die Vorurteile sind schlecht, aber der Umgang mit ihnen. Vor allem der Umgang mit den eigenen Vorurteilen braucht viel Disziplin.

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