Eigentlich wollte ich nicht über Lehrer herummeckern. Eigentlich wollte ich diesen Beruf als nicht-existent aus meiner Welt herausstreichen. Zumindest aber würde ich da Nico und Martin bitter unrecht tun und auch mein Sohn kommt ja demnächst in die fünfte Klasse. Sollte er Lehrer werden wollen, wird er enterbt. Ach ja, mein jüngstes Brüderchen ist demnächst auch Lehrer, und dann habe ich da noch mindestens einen tollen Onkel, der Lehrer ist.
Aber darum geht es hier garnicht.
Die Deutschen seien in Bezug auf Weiterbildung das europäische Schlusslicht. Nur vierzig Prozent aller Deutschen nützten ihren Urlaub zum Lernen. Was ich nicht verstehen kann ... es gibt mittlerweile so viele gute populärwissenschaftliche Bücher, die einfach beim Lesen Vergnügen bereiten, zudem zahlreiche Internetseiten, die bestes Infotainment bieten, und was Sprache angeht, habe ich gerade die ganz hervorragenden Sprachtrainer von digital publishing entdeckt. Leider nur englisch und französisch (zur Rezension für media-mania). Bei beiden fühle ich mich doch unterfordert, aber den Kommunikationstrainer Englisch wird mein Sohn sicherlich bestens gebrauchen können.
Die Anekdote, die ich zur Lernbereitschaft immer wieder erzähle, ist folgende:
Sommer 1994 war ich für zwei Monate in Tunesien. Ich bin durch das Hinterland gereist, weit weg von den touristischen Massenbetrieben. Irgendwo in einer ganz südlichen Oase habe ich einen Teppichhändler getroffen, der sich mit mir über Habermas unterhalten wollte. Hätte ich vorher nicht gerade ein Seminar über Habermas gehabt, wäre ich ziemlich aufgeschmissen gewesen. Tatsächlich war dieser Mann ein gleichberechtigter Gesprächspartner, obwohl er nie ein Buch von Habermas gelesen hatte. Man unterhalte sich, so berichtete er, in den Teestuben gerne über Philosophie. - Und jetzt mal im Ernst: Wer hat schon Habermas gelesen? Welcher Deutsche kennt ihn überhaupt? Oder den faszinierenden Hans Blumenberg? Niklas Luhmann?
An der Schule sagte mir die eine Ausbilderin, es ginge hier nicht um Philosophie. Also nicht - denn das sind die drei Säulen der Philosophie - um Ethik, um Erkenntnistheorie, und um Anthropologie. Gut, kann ich nachvollziehen, dass es darum bei vielen Lehrern nicht geht. Allerdings sollte es darum gehen, und genau das ist das Problem.
Worte wie "demokratische Führung" oder "Kooperation" sind rasch dahergeplappert, aber nur schwer umgesetzt.
Lernbereitschaft ist übrigens etwas anderes als Verstanden-haben. Auch ich habe oft Mühe und Not, etwas zu verstehen. Trotzdem lerne ich. Soweit es eben geht. Und erwarte natürlich Widerspruch, wenn mir das Wissen um Zusammenhänge fehlt. Allerdings sollte der Widerspruch konstruktiv sein.
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