26.12.2018

Metakognition: ein zentrales Element von Softskills

Die Kompetenz metakognitiver Fertigkeiten wird meist unterschätzt. Dabei spielt sie beim Erwerb emotionaler Kompetenz eine wesentliche Rolle.

Und sie kann noch viel mehr. Ähnlich wie Emotionen hängt die Metakognition mit allen Denkvorgänge zusammen. Ein Unterschied jedoch existiert doch. Emotionen sind immer im Spiel; Metakognitionen muss man trainieren.

Definition der metakognitiven Fertigkeiten

Metakognition sei "die Bewusstheit einer Person über ihre kognitiven Mechanismen und wie diese ablaufen" (Meichenbaum, zit. nach Woolfolk, S. 329f.).
Metakognitive Fertigkeiten sind geistige Prozeduren zur Selbstüberwachung, die während des Lern- und Unterrichtsprozesses aktiviert werden. Damit stehen sie sogar noch über den Kognitionen höherer Ordnung, wie zum Beispiel dem Problemlösen, dem Begriffe bilden oder der Kreativität.
Häufig werden diese Fertigkeiten auch als Lernstrategien bezeichnet. Bei dieser Gleichsetzung sollte man allerdings vorsichtig sein. Lernstrategien betreffen die Situation, während Metakognition wesentlich umfassender ist. Natürlich hängen beide voneinander ab.

Komponenten der metakognitiven Kompetenz

1. metakognitives Wissen: Dies bezeichnet alles, was Menschen über sich selbst und andere als "kognitive Verarbeiter" wissen. Hierzu gehören zum Beispiel die Kenntnis von Lernmodellen oder Wissen über den Zusammenhang zwischen Kognition und Emotion.
2. metakognitive Regulation: Damit werden Aktivitäten bezeichnet, die einem Menschen beim Lernen helfen, indem sie Kognitionen und Lernerfahrungen regulieren und kontrollieren. In diesen Bereich gehört das Anfertigen von Exzerpten, das Pflegen eines Zettelkastens oder die kritische Diskussion mit Fachleuten.
3. metakognitive Erfahrung: Alles, was ein Mensch über sich als denkendes Wesen an Informationen sammelt, gehört zu diesem Bereich. Eine der wichtigsten Aspekte ist die Einsicht, dass man sich irren kann. Aber auch die Erfahrung, dass man ein schwieriges Fachgebiet erschließen kann, und welche kognitiven Fertigkeiten zu dieser Aufgabe notwendig sind, fällt in diesen Bereich. Wer sich in die Schriften von Niklas Luhmann eingelesen hat, wird sehr viel mehr Zuvertrauen haben, wenn er sich in die Schriften von Adorno einliest. Selbstvertrauen gehört wesentlich zur metakognitiven Erfahrung dazu.

Höhere psychische Funktionen: Begriffsbildung und Problemlösen

Ein wichtiger Zwischenschritt beim Aufbau der Metakognition ist das Einüben von höheren psychischen Funktionen. Darunter versteht man im allgemeinen die Begriffsbildung, das Problemlösen, das kreative Problemlösen, die Kreativität und den Transfer. Kernkomponenten bleiben aber Begriffsbildung und Problemlösen.
Beide Aspekte werden von der frühen Kindheit an trainiert. Auch die Metakognition wird von guten Eltern stark gefördert. Dabei ist dies fast die einfachste Sache der Welt. Die Eltern lassen ihre Kinder erzählen und Fragen nach, wie sie (die Kinder) etwas getan haben und was sie sich dabei gedacht haben. Selbstverständlich darf dies nicht als Vorwurf passieren.

Die Wahrnehmung trainieren

Neben dem höheren psychischen Funktionen spielt vor allem eine gute Wahrnehmung eine große Rolle. "Gute Wissenschaft ist gute Beobachtung", sagt einer der Laboranten in dem Film Avatar (James Cameron), "und sie hilft einem dabei, nicht verrückt zu werden."
Hier muss man klar zwischen sinnlicher Wahrnehmung und Spekulationen trennen. Die sinnliche oder ästhetische Wahrnehmung (aisthesis ist griechisch für Wahrnehmung) zählt Sinneseindrücke auf und das ganz schlicht. "Die Katze liegt auf der Matte. Die PowerPoint-Präsentation enthält ein Wort pro Folie. Der Schlips ist rot. Die Kollegin hat eine raue Stimme."
Einer der häufigsten Fehler, den die Menschen machen, ist die Interpretation auf einer mangelnden Datenbasis. Je mehr man wahrnimmt, umso mehr Daten, also Sinnesdaten sammelt man. Dadurch wird die Interpretation nicht wahrer, aber sensibler.
Überprüfen Sie das ruhig! Viele Menschen haben gar nicht das Problem, komplex genug denken zu können, sondern einfach genug wahrnehmen zu können. Man kann die Fähigkeit zu Neugier und zum Staunen in diesem Zusammenhang gar nicht hoch genug schätzen. Denn beides sind Motivationen zum schlichten Sehen.

Emotionale Kompetenz

Der Schweizer Psychiater Luc Ciompi unterscheidet zwischen Affekten und Gestimmtheiten. Affekte beteiligen sich an der Auswahl eines aktuellen Gedankens. Der Gedanke bildet gleichsam den Behälter für einen Affekt.
Gestimmtheiten dagegen strukturieren das Feld, in dem man aktuell denkt. Ein wütender Mensch denkt anders als ein fröhlicher Mensch. Doch beiden ergeht es unter dem Gesichtspunkt der Emotion ähnlich. Bestimmte Gedanken liegen in Reichweite, während andere Gedanken in dieser Stimmung völlig fremd erscheinen.
Emotionale Kompetenz bildet man durch die Reflektion auf diese beiden Funktionen der Emotion, das heißt den Affekten und den Gestimmtheiten, aus.
Diese Reflektion ist ein Teil der Metakognition.

Praktische Fertigkeiten

Ebenso wichtig sind praktische Fertigkeiten. Wie zuvor bei den Wahrnehmungen und bei der emotionalen Kompetenz kann man auch bei diesen keinen wirklichen zeitlichen Vorrang vor der Metakognition postulieren.
Natürlich bilden sich bei Kindern praktische Fertigkeiten aus, die dem komplexeren Denken dienen. aber mit zunehmender Bewusstheit werden diese praktischen Fertigkeiten auch durchstrukturiert und geordnet. Es entsteht eine Wechselwirkung zwischen einzelnen Komponenten und der Metakognition als solcher.
Zu diesen Fertigkeiten gehören das Exzerpieren und die Mitschrift, das Anfertigen von Ablaufplänen, funktionalen Zusammenhängen oder Tabellen, das Sammeln und Ordnen von Ideen, das Diskutieren von Hypothesen, und so weiter.

Softskills

Dieser uneinheitliche Begriff fällt vor allem dadurch auf, dass ständig neue Gebiete erfunden werden. Es wird also nicht möglich sein, diesen Bereich hier in Länge und Breite durchzudiskutieren. Eine Bitte: überprüfen Sie, wie viele der hier abgehandelten Aspekte der Metakognition bei Softskills doppelt und dreifach vorkommen.
Tatsächlich stößt man hier rasch auf die Erkenntnis, dass Softskills auf einer falschen und viel zu komplizierten Einteilung beruhen. Merke: Es ist alles so hübsch bunt hier! Ich kann mich gar nicht entscheiden!
Die moderne Kognitionspsychologie hat es einfacher. Im Groben unterscheidet sie zwischen Wahrnehmungsverarbeitung, psychischen Fertigkeiten, höheren psychischen Fertigkeiten, Metakognition, Aufmerksamkeit, Emotion, Motivation und Volition. Und im Gegensatz zu den Softskills sind diese verschiedenen Bereiche untereinander in einen guten Zusammenhang gebracht.

Fazit

Metakognition ist ein wesentlicher Bestandteil komplexen Denkens. Sie ermöglicht und kontrolliert viele Denkprozesse. Dadurch wird unser Denken effektiver und sensibler. Vor allem aber erkennen wir die Grenzen unserer Vernunft und können rechtzeitig die Notbremse ziehen, wenn eine Situation ausufert.
Literatur
  • Ciompi, Luc: Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Göttingen 1999.
  • deBono, Edward: Der kluge Kopf. Heidelberg 2001.
  • Wild, Elke/Hofer, Manfred/Rekrun, Reinhard: Psychologie des Lerners, in: Krapp, Andreas/Weidenmann, Bernd: Pädagogische Psychologie, München 2001, S. 207-270
  • Woolfolk, Anita: Pädagogische Psychologie. München 2008.

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