Es kommt, wie es kommen muss. Die Petition gegen Lanz versandet in dem argumentativen Bollwerk des ZDF. Die peinlichen Äußerungen von Matussek werden als peinlich gebrandmarkt und dann beiseite geschoben, um bei nächster Gelegenheit erneut ans Licht gezogen zu werden. Und auch die Empörung um Sibylle Lewitscharoff fällt einer bestimmten Mäßigung zum Opfer.
Theatralisierung als Tatsache und Unterstellung
Was wir gerade wieder sehen, bei der Debatte um Sibylle Lewitscharoff, das ist nicht nur die Lust an der Empörung. Diese Theatralisierungen, die so gerne unterstellt werden, um aus sehr verschiedenen Motiven einen Einheitsbrei zu machen, die sind es auch. Wir sehen den unguten Ausgang, der dann wohl lautet: Friede den Hütten, Friede den Palästen. Der Krieg fände doch wohl anderswo statt. Zum Beispiel auf der Krim.
Wie aber könnte man einem solchen befriedenden Ausgang entkommen?
Wie aber könnte man einem solchen befriedenden Ausgang entkommen?
Sachlichkeit oder Positionierung
Nun: ein Problem, das ich sehe, ist, dass Begriffe nicht genügend erörtert und Problemstellungen von ihrer Sache her so verengt werden, dass sie keinen weiteren Platz für Argumente bieten.
Biopolitik zum Beispiel. Wir entkommen dieser Biopolitik heute nicht mehr, da die Frage nach dem guten Leben eng mit der Frage nach der medizinischen Versorgung und dem Beginn und dem Ende des Lebens verflochten ist. Sie sind so eng verflochten, dass selbst die gegenteilige Aussage noch Biopolitik ist. Es läge alles in Gottes Hand, das ist keine rein religiöse Aussage mehr. Auch das gehört zu dem weiten Feld der Biopolitik dazu. Das liegt vor allem auch daran, dass diese Aussage in einem Netz von Aussagen zu lesen ist, also nicht einzeln und nur für sich, sondern in Beziehung, mal in Bruderschaft, mal in Feindschaft. Der einzelne Sprecher kann es nicht verhindern.
Biopolitik zum Beispiel. Wir entkommen dieser Biopolitik heute nicht mehr, da die Frage nach dem guten Leben eng mit der Frage nach der medizinischen Versorgung und dem Beginn und dem Ende des Lebens verflochten ist. Sie sind so eng verflochten, dass selbst die gegenteilige Aussage noch Biopolitik ist. Es läge alles in Gottes Hand, das ist keine rein religiöse Aussage mehr. Auch das gehört zu dem weiten Feld der Biopolitik dazu. Das liegt vor allem auch daran, dass diese Aussage in einem Netz von Aussagen zu lesen ist, also nicht einzeln und nur für sich, sondern in Beziehung, mal in Bruderschaft, mal in Feindschaft. Der einzelne Sprecher kann es nicht verhindern.
Biopolitik
Zunächst also wäre zu klären, was Biopolitik ist. Welche Aussagen zu Biopolitik dazu gehören, welche Aussagen nicht. Welche Praktiken, Techniken, gesellschaftlichen Positionen, Ereignisse in dieses obskure Feld eingearbeitet werden dürfen. Welche Aussagen beiseite gelassen werden können.
Biopolitik betrifft die Sorge um bestimmte Bevölkerungsschichten oder die Gesamtbevölkerung in Bezug auf ihr biologisches „Vermögen“. Sie betrifft die Gesundheit, die Fortpflanzungsfähigkeit, den Kinderreichtum, die Arbeitskraft, und einiges mehr; also ein ganzes Bündel an mehr oder weniger offensichtlichen Variablen. Wohlbemerkt handelt es sich hier um eine Sorge, die vor allem auch eine Sorge darstellt, die durch Statistiken zu uns oder zu den Regierenden kommt. Und es sind die Aussagen, die sich um solche Statistiken scharren, dann aber auch um Gesetze, Institutionen und ganze architektonische Maßnahmenbündeln (Quartiersmanagement, Gentrifikation, um zwei Beispiele zu nennen).
Zumindest eines kann man sagen: wer sich von der Biopolitik lossagt, gehört schon zu ihr. Wer die Techniken künstlicher Befruchtung ablehnt, hat noch lange nicht die Biopolitik abgelehnt. Er ist genauso ein Spieler auf dem Feld wie die Befürworter.
Biopolitik betrifft die Sorge um bestimmte Bevölkerungsschichten oder die Gesamtbevölkerung in Bezug auf ihr biologisches „Vermögen“. Sie betrifft die Gesundheit, die Fortpflanzungsfähigkeit, den Kinderreichtum, die Arbeitskraft, und einiges mehr; also ein ganzes Bündel an mehr oder weniger offensichtlichen Variablen. Wohlbemerkt handelt es sich hier um eine Sorge, die vor allem auch eine Sorge darstellt, die durch Statistiken zu uns oder zu den Regierenden kommt. Und es sind die Aussagen, die sich um solche Statistiken scharren, dann aber auch um Gesetze, Institutionen und ganze architektonische Maßnahmenbündeln (Quartiersmanagement, Gentrifikation, um zwei Beispiele zu nennen).
Zumindest eines kann man sagen: wer sich von der Biopolitik lossagt, gehört schon zu ihr. Wer die Techniken künstlicher Befruchtung ablehnt, hat noch lange nicht die Biopolitik abgelehnt. Er ist genauso ein Spieler auf dem Feld wie die Befürworter.
Debattenkultur
Dasselbe gilt für die Kultur der Debatte. Diese Debatte hat, wie Hajo Steinert feststellt, einen Punkt erreicht, an dem sie unfruchtbar geworden ist oder zu werden droht. Sie bräuchte, um hier weiterhin more metaphorico zu sprechen, selbst eine künstliche Befruchtung.
Wir kehren also zurück zu dem Problem von Theatralisierung und Fachlichkeit. Theatralisierung kann nicht sinnvoll sein. Sie verpflichtet die Sprecher eher darauf, sich um ihre Position auf dem Kampfschauplatz zu bemühen, als um die Sache selbst.
Hier könnte eine Differenzierung helfen, ein Kleinarbeiten der Probleme. Doch gerade das scheint im Internet nicht oder nur schlecht möglich. Man spricht zwar oft von der Vernetzung und den tollen Möglichkeiten, die das Internet bietet. Aber gerade solche Debatten zeigen, dass das Internet auch von einer erhaben beidseitigen Einseitigkeit sein kann. Rhetorisch ist hier von beiden Seiten mit schweren Geschützen gearbeitet worden. Es war sehr häufig eine Rhetorik der Vereinheitlichung.
Wir kehren also zurück zu dem Problem von Theatralisierung und Fachlichkeit. Theatralisierung kann nicht sinnvoll sein. Sie verpflichtet die Sprecher eher darauf, sich um ihre Position auf dem Kampfschauplatz zu bemühen, als um die Sache selbst.
Hier könnte eine Differenzierung helfen, ein Kleinarbeiten der Probleme. Doch gerade das scheint im Internet nicht oder nur schlecht möglich. Man spricht zwar oft von der Vernetzung und den tollen Möglichkeiten, die das Internet bietet. Aber gerade solche Debatten zeigen, dass das Internet auch von einer erhaben beidseitigen Einseitigkeit sein kann. Rhetorisch ist hier von beiden Seiten mit schweren Geschützen gearbeitet worden. Es war sehr häufig eine Rhetorik der Vereinheitlichung.
Beeindruckende Ereignisse
Man könnte das ganze dann, ein wenig zynisch, mit Niklas Luhmann erklären. Es sind gerade die flüchtigen Ereignisse, die besonders beeindruckend sind und die rasch in Systeme eingebunden werden. Langsamere Prozesse mit fragwürdigeren Ergebnissen dagegen disziplinieren die Systeme nur selten. Wissenschaftlichkeit und gute Recherche sind wesentlich langsamer als Skandale. Meinungsartikel dagegen genießen den Vorteil eines hohen Tempos, der mit einer breit gestreuten Anschlussfähigkeit einhergeht. Man muss die Meinung nicht langwierig nachvollziehen. Sie erlauben rasch eine Gegenmeinung und erfordern keinen Gegenbeweis.
Die Tugend der Intoleranz?
Wir kommen an eine Stelle, bei der Tugend nichts mehr hilft. Schon gar nicht helfen hier die Moral oder die Werte. Die Werte und Normen unserer Gesellschaft erklären sich nicht aus sich selbst und dementsprechend ist der Rückzug auf die Tugend zunächst nützlich, um ein Meinungsprofil zu erstellen. Dann aber wird sie schädlich. Sie verliert die Möglichkeit, diese Debatte anders zu regulieren als durch Drohgebärden. Sachlichkeit wäre angebracht.
Ulf Poschardt schreibt dann auch (in einem für die Welt erstaunlich reflektierten Artikel): „Die Gesellschaft wird freier, aber die Intoleranz in Medien und sozialen Netzwerken gegen jede Form von Irrsinn und Idiosynkrasie wächst.
Und stellt damit die Frage, wie lange Intoleranz dauern muss, damit man ihr gegenüber intolerant werden darf.
Ebenfalls zu diesem Thema: Ein Schatten auf Lewitscharoff und die deutsche Debattenkultur.
Ulf Poschardt schreibt dann auch (in einem für die Welt erstaunlich reflektierten Artikel): „Die Gesellschaft wird freier, aber die Intoleranz in Medien und sozialen Netzwerken gegen jede Form von Irrsinn und Idiosynkrasie wächst.
Und stellt damit die Frage, wie lange Intoleranz dauern muss, damit man ihr gegenüber intolerant werden darf.
Ebenfalls zu diesem Thema: Ein Schatten auf Lewitscharoff und die deutsche Debattenkultur.
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