Handlungen in Romanen, so würden die meisten Menschen sagen, sind wichtig. Stimmt ja auch. Irgendwie.
Trotzdem ist das immer wieder auch eine Quelle für Fehler, für Momente, in denen irgendetwas in einer Erzählung bricht, die Spannung bricht weg, die Identifikation mit dem Protagonisten verschwindet oder baut sich erst gar nicht auf; und um das ein wenig greifbarer zu machen, jenseits dieser Ebene: hier funktioniert das irgendwie nicht, um also dieses „irgendwie“ aus seinen Aussagen wegzubekommen, habe ich eine Menge Aufwand betrieben. Mit nicht allzu großem Erfolg. Hier fehlen mir ganz einfach Mitstreiter.
Zunächst kann man feststellen, dass es unterhalb dieses ganzen intellektuellen Aufwands eine ganz einfache Regel gibt, mit der man arbeiten kann und weitestgehend gut arbeiten kann. Diese Regel besteht aus einer einfachen Frage: Kann ich mir das vorstellen? Und für einen Autoren: kann ich mir das auch vorstellen, was ich vor einer Woche geschrieben habe?
Das ist keine ganz verlässliche Regel, zum einen, weil es sehr unterschiedliche Leser gibt, und zum anderen, weil Autoren sich selbst sehr unterschiedlich gut daran erinnern können, was sie sich damals, als sie diesen Text geschrieben haben, vorgestellt haben.
Will man das ganze aber in eine präzisere Fassung bringen, hat man es fast schon mit der gesamten Philosophie des 20. Jahrhunderts zu tun, meist auch noch weit ins 19. Jahrhundert hinein.
Das Problem ist also folgendes: in einer Erzählung werden Handlungen geschildert. Und ganz grob kann man sagen, dass diese Handlungen auf der einen Seite die Geschichte voranbringen und auf der anderen Seite die Figuren in ihrer Welt verankern, also für eine gewisse Glaubwürdigkeit der Geschichte sorgen. Spannungsaufbau und Verankerung. Das sind meine beiden Begriffe dazu.
Um jetzt zu verstehen, wann das eine oder das andere nicht funktioniert, muss ich diese beiden Konzepte mit den einzelnen Handlungen in einem Satz verbinden und erklären, wie es von den einzelnen Handlungen zu einem Spannungsaufbau kommt oder von den einzelnen Handlungen zu einer Verankerung. Und ab hier wird das ganze sehr knackig. Denn was dahinter steckt, ist dieses große Problem des „politischen“ Menschen, nämlich einmal das Teilsein in der Welt und einmal das Teilhaben in der Welt. Um die Tragweite deutlich zu machen: darin spiegelt sich das Problem von Menschenrechten, also den Grundrechten, Mensch zu sein, und den nationalen Rechten, also den Rechten an politischer und juridischer Teilhabe innerhalb einer Nation, wider. Und dahinter findet man relativ rasch auch ein immer wieder sehr aktuelles Problem: wann und wie darf man dem Staat Widerstand leisten.
Ich vermute mal, dass jetzt die meisten Autoren, die einfach nur einen schönen, gut lesbaren Roman schreiben wollen, an solche Verbindungslinien gar nicht gedacht haben.
Wenn ich hier mal so im Privaten reden darf: ich bin zwar Textcoach und als solcher achte ich auch darauf, dass sich die Romane, die meine Kunden schreiben, verkaufen lassen; mir ist aber dieses Nachdenken über das Erzählen sehr viel wichtiger: denn eines scheint mir an dieser ganzen Sache trotzdem sehr klar zu sein: ein Mensch, der nicht erzählen kann, oder dem das Recht zu erzählen weggenommen wird, verschwindet mit seiner Existenz und seinen Handlungen aus der Welt. Über die Kunst des Erzählens nachzudenken, bedeutet immer auch, über sich selbst als politischer Akteur nachzudenken.
Kleiner Zusatz: Erzählen bedeutet hier nicht, Romane zu schreiben, sondern beginnt mit der alltäglichen Erzählung, mit den völlig belanglosen Sachen, mit diesem ›dieses und jenes ist mir als handelnder und erlebender Mensch widerfahren‹. Politik wiederum verstehe ich nicht als den Beruf und das, was ein beruflicher Politiker macht, sondern als das, was in Gemeinschaften passiert, auf ganz unterschiedlichen Ebenen, von der Partnerschaft bis hin zu den Nationen.
Wenn ich also das ganze Problem von Spannungsaufbau und Verankerung als noch nicht gelöst betrachte, dann in Bezug auf die politische Funktion des Erzählens, die wesentlich mehr ist als nur das Handwerk zu können. Das ist relativ einfach. Wenn ich mich allerdings nur auf das Handwerk konzentriere, oder, wie es ja mittlerweile bei manchen Menschen üblich zu sein scheint, auf den Verkaufsrang bei diversen Plattformen für Selbstverleger, zerreiße ich diesen ganzen Hintergrund. Dann ist der Autor nichts anderes als ein jobholder, ein kleines Arbeitstierchen im großen Getriebe der Wirtschaft. Damit unterscheiden sie sich aber gar nicht mehr von Verlagsautoren. Hier sind nur die Institutionen ausgetauscht worden. Das einzige, was jetzt deutlicher zu Tage tritt, ist die ganze Vielfalt des Erzählens; und die neuen Disziplinierungsmechanismen, die auf Erfolg, Wirtschaftlichkeit und Beliebtheit abzielen und diesen ganzen Kram sehr leichtsinnig und sehr blödsinnig auf die Qualität eines Textes daraufstülpen.
Trotzdem ist das immer wieder auch eine Quelle für Fehler, für Momente, in denen irgendetwas in einer Erzählung bricht, die Spannung bricht weg, die Identifikation mit dem Protagonisten verschwindet oder baut sich erst gar nicht auf; und um das ein wenig greifbarer zu machen, jenseits dieser Ebene: hier funktioniert das irgendwie nicht, um also dieses „irgendwie“ aus seinen Aussagen wegzubekommen, habe ich eine Menge Aufwand betrieben. Mit nicht allzu großem Erfolg. Hier fehlen mir ganz einfach Mitstreiter.
Zunächst kann man feststellen, dass es unterhalb dieses ganzen intellektuellen Aufwands eine ganz einfache Regel gibt, mit der man arbeiten kann und weitestgehend gut arbeiten kann. Diese Regel besteht aus einer einfachen Frage: Kann ich mir das vorstellen? Und für einen Autoren: kann ich mir das auch vorstellen, was ich vor einer Woche geschrieben habe?
Das ist keine ganz verlässliche Regel, zum einen, weil es sehr unterschiedliche Leser gibt, und zum anderen, weil Autoren sich selbst sehr unterschiedlich gut daran erinnern können, was sie sich damals, als sie diesen Text geschrieben haben, vorgestellt haben.
Will man das ganze aber in eine präzisere Fassung bringen, hat man es fast schon mit der gesamten Philosophie des 20. Jahrhunderts zu tun, meist auch noch weit ins 19. Jahrhundert hinein.
Das Problem ist also folgendes: in einer Erzählung werden Handlungen geschildert. Und ganz grob kann man sagen, dass diese Handlungen auf der einen Seite die Geschichte voranbringen und auf der anderen Seite die Figuren in ihrer Welt verankern, also für eine gewisse Glaubwürdigkeit der Geschichte sorgen. Spannungsaufbau und Verankerung. Das sind meine beiden Begriffe dazu.
Um jetzt zu verstehen, wann das eine oder das andere nicht funktioniert, muss ich diese beiden Konzepte mit den einzelnen Handlungen in einem Satz verbinden und erklären, wie es von den einzelnen Handlungen zu einem Spannungsaufbau kommt oder von den einzelnen Handlungen zu einer Verankerung. Und ab hier wird das ganze sehr knackig. Denn was dahinter steckt, ist dieses große Problem des „politischen“ Menschen, nämlich einmal das Teilsein in der Welt und einmal das Teilhaben in der Welt. Um die Tragweite deutlich zu machen: darin spiegelt sich das Problem von Menschenrechten, also den Grundrechten, Mensch zu sein, und den nationalen Rechten, also den Rechten an politischer und juridischer Teilhabe innerhalb einer Nation, wider. Und dahinter findet man relativ rasch auch ein immer wieder sehr aktuelles Problem: wann und wie darf man dem Staat Widerstand leisten.
Ich vermute mal, dass jetzt die meisten Autoren, die einfach nur einen schönen, gut lesbaren Roman schreiben wollen, an solche Verbindungslinien gar nicht gedacht haben.
Wenn ich hier mal so im Privaten reden darf: ich bin zwar Textcoach und als solcher achte ich auch darauf, dass sich die Romane, die meine Kunden schreiben, verkaufen lassen; mir ist aber dieses Nachdenken über das Erzählen sehr viel wichtiger: denn eines scheint mir an dieser ganzen Sache trotzdem sehr klar zu sein: ein Mensch, der nicht erzählen kann, oder dem das Recht zu erzählen weggenommen wird, verschwindet mit seiner Existenz und seinen Handlungen aus der Welt. Über die Kunst des Erzählens nachzudenken, bedeutet immer auch, über sich selbst als politischer Akteur nachzudenken.
Kleiner Zusatz: Erzählen bedeutet hier nicht, Romane zu schreiben, sondern beginnt mit der alltäglichen Erzählung, mit den völlig belanglosen Sachen, mit diesem ›dieses und jenes ist mir als handelnder und erlebender Mensch widerfahren‹. Politik wiederum verstehe ich nicht als den Beruf und das, was ein beruflicher Politiker macht, sondern als das, was in Gemeinschaften passiert, auf ganz unterschiedlichen Ebenen, von der Partnerschaft bis hin zu den Nationen.
Wenn ich also das ganze Problem von Spannungsaufbau und Verankerung als noch nicht gelöst betrachte, dann in Bezug auf die politische Funktion des Erzählens, die wesentlich mehr ist als nur das Handwerk zu können. Das ist relativ einfach. Wenn ich mich allerdings nur auf das Handwerk konzentriere, oder, wie es ja mittlerweile bei manchen Menschen üblich zu sein scheint, auf den Verkaufsrang bei diversen Plattformen für Selbstverleger, zerreiße ich diesen ganzen Hintergrund. Dann ist der Autor nichts anderes als ein jobholder, ein kleines Arbeitstierchen im großen Getriebe der Wirtschaft. Damit unterscheiden sie sich aber gar nicht mehr von Verlagsautoren. Hier sind nur die Institutionen ausgetauscht worden. Das einzige, was jetzt deutlicher zu Tage tritt, ist die ganze Vielfalt des Erzählens; und die neuen Disziplinierungsmechanismen, die auf Erfolg, Wirtschaftlichkeit und Beliebtheit abzielen und diesen ganzen Kram sehr leichtsinnig und sehr blödsinnig auf die Qualität eines Textes daraufstülpen.
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