20.10.2012

Der typische MacGuffin: das geheime Dokument

Seit einigen Tagen haben mich meine E-Mails, also die, die mich erreicht haben (nicht die, die ich geschrieben habe), wieder deutlich zu einem alten Thema zurückgeführt. Dieses Thema, die Logik (bzw. Argumentation) im Krimiplot, rolle ich allerdings zur Zeit von einer ganz anderen Seite her auf. Ganz zu Beginn meiner Selbstständigkeit habe ich mich mit den Thrillern von Clive Cussler beschäftigt (also 2005). Diese Beschäftigung nehme ich wieder auf, aktuell an seinem zweiten Roman (Eisberg).

MacGuffin

Wer insbesondere die älteren Einträge in meinem Blog kennt, weiß, was ein MacGuffin ist. Hier sei es noch einmal erklärt. Ein MacGuffin ein „Nichts“, das die Geschichte in Bewegung bringt und in Bewegung hält.
Hier seien nochmal meine beiden konkreten Beispiele genannt: in dem Film Pulp fiction gibt es einen Koffer unbekannten Inhalts, der die ganzen Umwege und Verwirrungen der Protagonisten organisiert. Wir erfahren jedoch nie, was in dem Koffer drin ist. Wir sehen immer nur die faszinierten Gesichter, die in den Koffer starren und den goldenen Schein auf ihren Gesichtern. Der eigentliche Inhalt ist das „Nichts“, hinter dem alle her sind.
Auch ein zweites Beispiel stammt aus einem Film: Is' was Doc? mit Barbara Streisand. In dieser Komödie wissen wir zwar, was in den Handtaschen ist, aber der richtige Inhalt scheint immer anderswo zu sein. Es gibt also vier verschiedene Handtaschen mit vier verschiedenen Inhalten, wobei die Handtaschen selbst alle gleich aussehen. In einer von ihnen befindet sich eine Sammlung von Bimssteinen, mit denen man Musik machen kann, in einer Damenunterwäsche, in einer dritten Geheimdokumente und an den Inhalt der vierten Tasche erinnere ich mich im Moment nicht mehr. Diese typische Verwechslungskomödie zieht ihren ganzen Charme daraus, dass die entsprechenden Personen immer die falsche Tasche besitzen, also mit dem Inhalt sehr unzufrieden sind.
So ist der MacGuffin nicht nur ein „Nichts“, sondern ein gleitendes Nichts, das sich immer am falschen Ort befindet. In Erzählungen ist es allerdings typisch, dass das MacGuffin irgendwann wieder zu einem Ding wird, zu einem einfachen Gegenstand. Das ist der Moment, in dem eine MacGuffin-Erzählung ihre Motivation verliert, weitererzählt zu werden und deshalb endet.

Das Geheimdokument als MacGuffin

Ein recht klassischer Plot ist das umkämpfte geheime Dokument. Es ist gar nicht so wichtig, was in diesem Dokument steht. Auf der narrativen Ebene setzt es die gegnerischen Parteien in Bewegung und dieses erzählte Hin und Her ist wesentlich wichtiger. Jedenfalls für den Leser.
Cussler greift in seinem Roman ›Eisberg‹ nun auf ein solches typisches MacGuffin zurück. Es handelt sich um ein Dokument, in dem ein unterseeisches Abbaugebiet für Mineralien bezeichnet wird und wie man dieses abbaut. Doch für die Geschichte selbst spielt es überhaupt keine Rolle. Es hätte genauso gut ein besonders schöner Apfel sein können, der die Geschichte in Gang hätte bringen können, solange es nur zwei Konfliktparteien gibt, die den Apfel genug wollen.
Das MacGuffin ist so in gewisser Weise leer; dadurch, dass es begehrt wird, ist es aber auch präsent und dinglich. Oftmals spielt es abschnitthaft eine wichtige Rolle, wie etwa das geheimnisvolle Päckchen in Harry Potter und der Stein der Weisen oder die verlorene Prophezeihung in Harry Potter und der Orden des Phönix. Meist verwandelt es sich dann, wird ein konkreter Gegenstand oder tatsächlich eine wichtige Information. Gelegentlich bleibt es aber auch unbestimmt, wie etwa der Kofferinhalt in Pulp fiction.

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