Die Stimme der Vernunft zeichnet sich wohl vor allem durch eine Eigenschaft aus: sie ist zu langsam.
Ich lese weiter meinen Wittgenstein. Dazu entstehen, manchmal wie im Flug, manchmal wie im Fieber, Notizen. Schon lange hatte ich nicht mehr eine so produktive Phase; Cavell, dessen Buch Der Anspruch der Vernunft vielleicht nicht die originellste Auslegung der Spätphilosophie Wittgensteins ist, aber eine sehr schöne und anregungsreiche, hat daran seinen Anteil. Dass ich darin im Moment noch keine Ordnung sehe, kommt mir allerdings nicht ganz so schlimm vor. Weiterhin schreibe ich neben den Fragmenten und Kommentaren kurze, meist ebenfalls fragmentarische Artikel, mal zur Mimesis bei Benjamin, mal zur hate speech bei Butler, mal zur Geometriedidaktik und mal zum Umgang mit Schülerfehlern, mal zu den Äußerungen Höckes und mal zu denen eines Erdogan (bzw. der Journalisten, die darüber berichten). (Es geht also "quer durchs Gemüse".)
Cavell schreibt also z.B.:
Die innere Despotie der Konvention besteht darin, dass nur, wer ihr Diener ist, wissen kann, wie sie sich zum Besseren verändern lässt, oder weiß, warum sie abgeschafft werden soll. Allein die Meister eines Spiels, nur diejenigen, die dem Projekt vollkommen dienen, sind in der Position, Konventionen aufzustellen, die dessen Wesen mehr entgegenkommen. Aus diesem Grund können tiefe revolutionäre Veränderungen dem Versuch entspringen, ein Projekt zu bewahren, es auf seine Idee zurückzuführen, die Verbindung zu seiner Geschichte nicht zu kappen.Cavell, Stanley: Der Anspruch der Vernunft. Wittgenstein, Skeptizismus, Moral und Tragödie. Berlin 2016, S. 218
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