Ich gebe zu, dass mir in letzter Zeit das Schreiben schwer gefallen ist. In meinem Leben wandelt sich zu viel. Leicht dagegen fällt es mir, dazu Stellung zu nehmen. Leicht, weil es so unsäglich ist, was hier offensichtlich radikale Islamisten in Paris getan haben.
Pegida
Man kann diese Nachricht, gerade in Deutschland, nicht ohne einen Bezug auf Pegida schreiben. Diese Demonstrationen sind mir zuwider. Am meisten stört mich dieses „nur“, man sei ja nur gegen die radikalen Islamisten, man sei ja nur gegen eine Islamisierung. Natürlich haben sich unter diesem Namen nicht nur Rechtspopulisten versammelt. Und nicht einmal die von den Nationalsozialisten verwendeten Ausdrücke „Lügenpresse“, „Volksverräter“ und „Systempresse“ reichen für eine Kritik aus. Der Faschismus ist eine Struktur. Er macht sich nicht am Gebrauch einzelner Wörter fest.
Was Pegida so gefährlich macht, ist gerade ihre Inhaltslosigkeit. Es ist immer problematisch, wenn sich eine politische Bewegung nur daraus konstituiert, dass sie gegen etwas ist. Dann kann das, wofür sie ist, beliebig aufgefüllt werden. Die ganze Ideologie bleibt innerlich unkonstruktiv, bis sie sich nach außen mit ihrem Freund/Feind-Schema etabliert hat.
Eine solche Vorgehensweise ist nur scheinbar demokratisch. Er ist auch nur scheinbar „deutsch“. Die positive Seite, die einen guten politischen Willen ausmacht, jenes Wofür, für das man ist, treibt die Bewegung gar nicht an. Damit verkehrt sich die Rangfolge der Ziele, die mit einem politischen Willen zusammenhängen (der nicht unbedingt demokratisch sein muss, in diesem Fall aber eben auch ein Zeichen von Demokratie ist). Hier ist das Wofür von dem Dagegen abgeleitet.
Charlie Hebdo
Das Attentat gegen Charlie Hebdo ist wohl eine der gefährlichsten Ereignisse, die Europa zur Zeit heimsuchen. Es ist schlimm genug, dass Ungarn eine quasi-faschistische Regierung besitzt, die Frauenrechte ebenso mit den Füßen tritt, wie sie Religion und Politik vermischt. Es ist schlimm genug, dass Spanien die Demonstrationsfreiheit in einer Weise eingeschränkt hat, dass man auch hier an der demokratischen Gesinnung zweifeln darf.
Jenes Attentat nun tritt die Demokratie inhaltlich mit Füßen. Die Meinungsfreiheit ist eine der wichtigsten Güter der Demokratie. Meinungsfreiheit bedeutet übrigens, dass man die Freiheit hat, sich in Bezug auf Ideen zu positionieren und daraus dann Handlungen abzuleiten. Zur Meinungsfreiheit gehört nicht der direkte Angriff auf Menschen und Bevölkerungsgruppen, sei dieser auch nur verbal.
In diesem Sinne verstoßen die Terroristen, die heute den Anschlag auf das französische Satiremagazin ausgeübt haben, doppelt gegen eine grundlegende demokratische Logik. Auf der einen Seite positionieren sie sich nicht mit ihrer politischen Meinung, sondern bleiben anonym. Und auf der anderen Seite, dies ist wohl das auffälligste Merkmal dieses feigen Anschlages, vernichten sie Gegenmeinungen. (In diesem Sinne unterscheide ich einen Mord als Verletzung der ethischen Sphäre und als Verletzung der politischen Sphäre. Ein Mord aus Eifersucht verletzt die ethische Sphäre. Ein politisch motivierter Mord aber verletzt beide. Insofern ist ein politisch motivierter Mord auch anders zu verfolgen und zu bestrafen als ein „privater“ Mord.)
Salut, ihr Blogger
Beruhigend dagegen ist es, dass sich Blogger ganz unterschiedlicher Richtungen einig sind. Der Spiegelfechter, Gleisbauarbeiten und der Strafblog: Sie alle verurteilen den Anschlag; sie alle positionieren sich, im Sinne der Meinungsfreiheit, im Sinne der Demokratie. Und das macht Demokratie eben aus. Die eigene Meinung in Bezug auf die Ideen, und sichtbar dahinter der Mensch, der sie vertritt.
Niemand will den islamistischen Terror in Europa. Aber es ist ein Unterschied, ob man sich gegen eine konkrete Gefahr wehrt, gegen ein einzelnes Ereignis aufsteht, um den Menschen zu zeigen, dass sie mit ihrer Empörung nicht alleine sind, oder ob man einfach nur gegen ein Phantom ist und jedes Ereignis, das dort hinein passen könnte, als Beweis für das eigene Prophetentum nimmt.
So stehen hier viele Blogger gleich gegen zwei Gefahren auf, die möglicherweise doch nur ein- und dasselbe sind: das Ausnutzen demokratischer Freiheiten für undemokratische Zwecke.
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