17.11.2009

Claude Lévi-Strauss II

Die  von  uns  zitierten  Beispiele  zeigen, wie  vergeblich es ist, eine Prioritätsbeziehung zwischen den Speiseverboten und den Vorschriften der Exogamie festlegen zu wollen. Die Verbindung zwischen beiden ist nicht kausal, sondern metaphorisch. Sexuelle Beziehung und Nahrungsbeziehung werden unmittelbar als ähnliche gedacht, auch heute noch: um sich davon zu überzeugen, braucht man sich nur an Argot-Ausdrücke zu erinnern wie etwa »faire frire« oder »passer à la casserole« usw. Aber welches ist der Grund für diese Tatsache und für ihre Universalität?
Auch hier bedingt der Gewinn auf logischer Ebene einen Verlust auf semantischer: der »kleinste« gemeinsame Nenner für die Vereinigung der Geschlechter und die von Essendem und Gegessenem ist, dass beide eine Verbindung durch Komplementarität eingehen:
Was sich nicht bewegen kann, dient den Wesen, die sich fortbewegen können, als Nahrung; die Tiere ohne Reißzahn dienen den Tieren mit Reißzahn als Nahrung, die ohne Greifwerkzeuge denen mit Greifwerkzeugen, und der Zaghafte wird vom Mutigen gefressen. (The Laws of Manu, V, 30)
Lévi-Strauss, Claude: Das wilde Denken


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