22.10.2009

Avatar

Vor etwas über einem Jahr habe ich 'Fluch der Karibik' auseinander klabüstert. Danach hatte ich mit 'Avatar - Der Herr der Elemente' eine Analyse begonnen, aber alles auf Eis gelegt, weil ... nun, andere Sachen passiert sind. Jetzt bin ich seit zwei Wochen wieder dabei. Mittlerweile sind mehr als hundert narrative Figuren in meinen Zettelkasten gewandert, ergänzt von weiteren Figuren aus Alan Dean Foster-Büchern, Harry Potter, Georges Simenon und - auch das hatte ich lange geplant, aber nie wirklich in Angriff genommen - Haruki Murakami.
Narrative Figuren sind äußerst fragmentarische Zusammenfassungen, hinreichend abstrahiert, so dass sie rasch in andere Geschichten einbauen kann, wenn man die abstrakten Stellen anders besetzt. Das habe ich auch teilweise gemacht: geplottet, wie man sagen würde. Allerdings war ich recht faul, was das Plotten angeht. Den zahlreichen Figuren stehen nur zehn halb ausgearbeitete Episoden gegenüber, bei denen acht noch nicht mal einem bestimmten Genre angehören.
Narrative Figuren sind deshalb 'schwierig', weil man sie zunächst recht willkürlich aus den Texten oder Filmen herausgreift. Man braucht dafür eine gewisse Gelassenheit und eine gelassene Gewissheit, dass man mit ihnen gut arbeiten kann. Tatsächlich besteht ihr praktischer Wert für mich, dass sie die Phantasie anregen und rasch neue Kombinationen zulassen, gerade weil sie abstrakt sind.

Ich notiere also - als narrative Figur -:
Schrift mit besonderer Information stehlen
  • Personen: Bruder (gegen Diebstahl), Schwester (für Diebstahl), Freund (weiß nichts davon), Händler (ein Hehler)
  • Ort: Antiquitätenladen
  • Ereignis: Schwester nimmt Schrift heimlich mit
Mit dieser Figur ist wenig gesagt. Weder weiß man, um was für eine Schrift es sich handelt, noch, wo der genaue Konflikt steckt, noch, was weiter passiert. Von hier aus kann man aber alle möglichen Konstellationen durchprobieren. Man kann die Personen ersetzen oder mit Hintergrundmotiven ausstatten.
Sagen wir zum Beispiel, dass der Hehler von einem unbekannten Freund Geld bekommen hat, dass er die Schrift auslegt, damit sie von der Schwester gestohlen wird. Damit hätten wir eine andere Geschichtsabfolge, als wenn der Händler die Schrift tatsächlich zum Verkauf angeboten hätte.
Auch innerhalb der Sequenz kann man spielen: wenn die Schwester mit dem Händler feilscht, aber nicht genug Geld hat, eventuell auch noch äußert, dass sie diese unbedingt haben will, vermutet der Händler hinterher mit größerer Sicherheit, dass sie für den Diebstahl verantwortlich ist, als wenn sie nicht ihr Interesse bekundet hätte.
Beim Plotten mit narrativen Figuren geht es (zunächst) nicht um fertige Geschichten, sondern lediglich um Keime, die man durch eine Sequenz ein wenig wachsen lässt. Mehr nicht. Allerdings bilden sich schnell umfangreichere Ideen.


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