Und noch so ein Klops.
Die Salafisten verteilen in Deutschland kostenlos den Koran. Warum regt man sich darüber so auf? Ich besitze den Koran seit Jahren (Reclam-Ausgabe). Im Internet ist er leicht zugänglich.
Sind wir jetzt mal wieder von radikalen Islamisten bedroht oder einfach nur von meinungsmachenden Idioten?
Kritisch oder islamophob?
"„Es ist für uns absolut nicht hinnehmbar, dass in Deutschland
Journalisten bedroht werden und damit die Pressefreiheit eingeschränkt
wird“", so zitiert Focus online Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche (hier).
Richtig! Es ist aber auch nicht hinnehmbar, dass Journalisten "kritisch"über solche Verteilaktionen berichten und dabei islamophobe Tendenzen schüren.
Ist das aber so?
Besagte Artikel im Tagesspiegel wie zum Beispiel Missionierungsaktion von Salafisten erschreckt deutsche Politiker sind zwar kritisch, aber eben kritisch in einem älteren Sinne, nämlich: was ist davon zu halten?, also den Wert abschätzend. Andrea Dernbach, die diesen Artikel geschrieben hat, verhält sich hier neutral, bzw. fügt über den Vergleich mit zum Beispiel katholischen Positionen immer eine nicht-islamophobe Komponente ein. Sie schreibt damit eigentlich, dass wir uns nicht als wesentlich besser empfinden sollten. Sie hätte auch auf den Missionierungswahn von Nationalsozialisten und DDR-Regime hinweisen können.
Der Koran der Salafisten
Hintergrund
dieses Erschreckens ist die Herkunft der Koranbücher. Die Salafisten
gelten dem Verfassungsschutz als radikal. Und es gebe enge Verbindungen
zwischen islamistischen Terrornetzwerken und den Salafisten.
Doch
ist die Verteilung des Korans deshalb gefährlich? Ich denke nicht.
Abgesehen davon, dass ich jedem Menschen einen Koran zu Hause wünsche
(aber ebenso: eine Bibel, ebenso: einige Werke von Kant), ist ein guter
Leser immer auch einer, der kritisch und vielfältig liest (Lesen, was dasteht; Sinnentnehmendes Lesen).
Wer
das kann, wer sich nicht einen "Seelsorgers anstelle eines Gewissens"
(Kant) leistet, wer sich nicht ein "Buch anstelle eines Verstandes"
(Kant) setzt, der kann über die ganze Aufregung um den Koran nur lachen.
Kritischer
ist deshalb zu sehen, dass über das persönliche Verteilen von
Koran-Büchern Kontakte geknüpft werden. Auch wenn daraus nur wenige
Konversionen entstehen, sind dies eben potentielle radikale Elemente.
Legalisierung von Haschisch
Es gab vor einigen Jahren eine ähnliche Diskussion um die Legalisierung von Haschisch. Haschisch, das heute gerne absolut verteufelt wird, gilt der WHO als nicht körperlich süchtig machend. Dies wird weitestgehend missachtet. Verteufelt wird Haschisch auch als Einstiegsdroge in härtere Substanzen.
Sebastian Scherer, ehemaliger Leiter des kriminologischen Instituts in Hamburg, hat aber zurecht darauf hingewiesen, dass durch das Verbot von Haschisch dieses eben nur von Dealern angeboten werde. Diese unterlägen, weil sie außerhalb des Gesetzes stehen, keinen Kontrollen und würden sowieso auch härteren Stoff mitverkaufen.
Haschisch sei also keine Einstiegsdroge, sondern der Kontakt zu den Dealern erweiterte die Möglichkeit, an harten Stoff ranzukommen oder herangeführt zu werden.
Ob eine Legalisierung von Haschisch hier Abhilfe schaffen würde, steht auf einem ganz anderen Blatt. Das soll uns hier auch nicht interessieren. Mir ist vielmehr wichtig, die Parallele zwischen Haschisch : Dealer und Koran : Verteiler aufzuweisen.
Den Koran lesen (aber nicht sterben)
Es spricht also nichts dagegen, den Koran zu lesen. Im Gegenteil! Je mehr Stimmen sich vernünftig (und das heißt analytisch interpretierend) zum Koran äußern, umso eher gibt es in der Bevölkerung ein Bewusstsein für das, was der Koran ist und auch noch sein kann.
Nicht die Zensur eines Buches, sondern die kritische Auseinandersetzung führt zu einer kritischen Distanz und hemmt den Dogmatismus radikaler Elemente ebenso wie die religiöse Verführbarkeit.
Deshalb zum Schluss mein Aufruf:
Holt euch einen Koran (vor allem, wenn er kostenlos ist), lest ihn (und möglichst auch die Bibel); lest auch Kants "Metaphysik der Sitten" (oder eine moderne Staatslehre, wie zum Beispiel Poppers "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" oder Deweys "Demokratie und Erziehung").
Schiebt nicht den Koran mit radikalen Islamisten zu einem Klumbatsch und Quark zusammen, sondern trennt und unterscheidet (analysiert!).
3 Kommentare :
Aufklärung statt Aufregung
Der Prophet Mohammed machte mit dem Koran den heute für Juden und Christen "ersten" Schöpfungsmythos der Genesis (7-Tage-Schöpfung), der nachträglich im 6. vorchristlichen Jahrhundert von der israelitischen Priesterschaft vor den heute "zweiten" Schöpfungsmythos (Paradiesgeschichte) gesetzt wurde, wieder rückgängig. Mehr steckt nicht dahinter.
Zwar konnte Mohammed die wirkliche Bedeutung der heute in Genesis 3,1-24 beschriebenen Erbsünde aus eigener Kraft erkennen (Auferstehung), jedoch war er verglichen mit Jesus von Nazareth nur ein ganz kleines Licht, denn er fand nicht heraus, wie diese "Mutter aller Zivilisationsprobleme" zu überwinden ist (Erleuchtung):
http://opium-des-volkes.blogspot.de/2011/07/die-ruckkehr-ins-paradies.html
Sehr geehrter Herr Wehmeier!
Es scheint mir sogar noch etwas komplizierter zu sein. Ich bin leider überhaupt nicht informiert, was den Islam angeht. Ich habe lediglich einige Bücher und eben den Koran mal gelesen. Aber das ist eben überhaupt nicht ausreichend.
Insgesamt scheint es mir nur so, dass sowohl auf Seiten der Muslime als auch auf Seiten der Nicht-Muslime, zumindest teilweise, eine große Verwirrung herrscht, die aus einer schlechten Lektüre resultiert. Da möchte ich mich nun nicht auch noch zugesellen.
Liebe Grüße,
Frederik Weitz
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