30.06.2008

Nobody knows but Ines

Nobody knows the trouble I've seen,
Nobody knows but Ines.
Ines ist meine direkte Vorgesetzte. Ines findet mich zu brav. Ehrlich? Ich verschweige eigentlich nur dreiviertel von dem, was ich denke. Na gut, also habe ich mich daran gemacht, Ines ein wenig auf den Geist zu gehen. Klappt auch ganz gut.
Jedenfalls hätte mir Ines mal in der Schule begegnen sollen. Da war von Informationsaustausch wenig zu spüren; von einem Aneinander-Reiben sowieso nicht (was einer Bankrott-Erklärung der Kommunikation gleichkommt.) [Übrigens hat der Herr Pöhm auch Schlagfertigkeiten für Lehrer im Plan: man könnte nun sagen, dass ich ins selbe Horn stoße, wie die Angreifer, auf die die Lehrer nun antworten sollen. Das ist nicht ganz der Fall: Schlagfertigkeit macht die Kommunikation flexibel, auch wenn sie erstmal unter dem Bereich der Bestandserhaltung auftaucht. Flexibel heißt auch: prozessorientiert, offen, spielerisch, neugierig. Vor allem rückt das Einüben von Schlagfertigkeit die Form der Kommunikation in den Vordergrund. Und da habe ich doch arge Defizite gesehen. Und - zugegebenermaßen - auch selbst gehabt.]

Ich habe am Wochenende fleißig geübt (dank Herrn Pöhm).
  • Cedric (mein elfjähriger Sohn) und ich waren auf einer Vernissage von Freunden. Als wir dort ankamen, waren noch kaum Bilder aufgehängt. Alles wuselte durcheinander. Wir standen etwas überflüssig dazwischen. Einer der Besitzer meinte zu uns: "Gleich kommt noch ein anderes Kind!", worauf ich sagte: "Danke! So jung bin ich garnicht."
  • Dann haben wir uns auf die Suche nach Nico gemacht, der mit seinem Sohn Gabriel irgendwo um die Ecke eine Pizza holen gegangen war. Auf dem Weg zurück sahen wir einen recht dicken Mann, der hinten, direkt am unteren Rand seines T-Shirts die Worte "Sex sells" stehen hatte. Meinte ich: "Diesem Hintern würde ich alles glauben!"
  • Auf der Vernissage gab es einen Raum, in dem man Tassen und Teller zerschlagen konnte. Die Vernissage trug den Titel "Vorsicht! Zerbrechlich." Die Künstler saßen beim Brainstorming, was man als Gebrauchsanweisung dazuschreiben könnte. Ich habe vorgeschlagen: "Zerschlagen Sie die Tassen, die Sie nicht im Schrank haben!"
Normalerweise lobe ich mich nicht so offensichtlich. Aber irgendwie kommt man ja in dieser Welt nicht weiter, wenn man sich nicht beständig selbst inszeniert. Und mit seinen Aggressionen kommt man auch nur zu Denkstörungen, wenn man sie vorher nicht in halbwegs akzeptierte Bahnen bringt.

Ines also. Ich meine, Doris war auch nicht schlecht. Wenn man einen fachpsychiatrischen Pflegedienst HappyHelp nennt, muss man doch auch Humor haben, oder? Und wo wir gerade beim fachpsychiatrischen Pflegedienst sind: neulich war ich auf der Geburtstagsfeier von Nico. Auf dem Weg dorthin sah ich am Rand des Bürgersteigs ein wohlbekanntes Gesicht herumtorkeln: eine hagere, schmutzige Gestalt, die auf Menschen zuraste, sie kurz antippte, dann weiter lief, mit Drehen und Sich-um-sich-selbst-Kreisen und ab und zu Schreie ausstoßend. Ein ehemaliger Patient von mir; aus Hamburg, durch notorische Quengelei wahrscheinlich jetzt in Berlin. Und das auch noch bei mir um die Ecke. Aber wir werden nicht allzu viel miteinander zu tun haben. Wir leben einfach in zu unterschiedlichen Welten. Übrigens ein faszinierender Mensch. Nie ist mir ein Mensch begegnet, der sich durch solch massive Erpressungen zugleich so ohnmächtig gemacht hat.

Was Schlagfertigkeit angeht, hat mir auch Pitt, unser Projektleiter, Anlass zum Lachen gegeben. Eine Kollegin erzählte mir, sie habe gerade einen Kunden am Telefon gehabt, der meinte: "Ich möchte nicht [das Produkt]. Ich hatte gerade einen tödlichen Unfall." Er meinte natürlich damit: in der Familie. Was sehr traurig ist. Wir mussten trotzdem über die Worte lachen. Als ich es später Pitt erzählte, setzte der eins drauf: "Da sagen wir dann: 'Kein Problem! Wir verkaufen [das Produkt] auch posthum.'"

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