Eigentlich aber bin ich weiterhin mit der Rhetorik zugange, seit zwei Tagen intensivst mit dem Analyseschema von Stephen Toulmin. Dieses habe ich zunächst auf einige Stellen bei Nietzsche "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" angewendet, jetzt bin ich am Zerpflücken der Regierungserklärung von Angela Merkel am 15. Dezember 2010. Die Rhetorik unserer Bundeskanzlerin interessiert mich schon seit zwei Jahren, seitdem ich über eine Stellungnahme zum Afghanistan-Einsatz gestolpert bin. Dazu hatte ich auch einiges geschrieben. Allerdings war all dies nur eine Stichprobe, keine genauere Analyse. Heute wollte ich eigentlich auf eine Stellungnahme von Kristina Köhler eingehen, die in derselben Bundestagssitzung wie die Regierungserklärung von Angela Merkel zu finden ist. Doch so weit bin ich dann gar nicht mehr gekommen.
Das Schema von Toulmin ist übrigens großartig. Allerdings weist es einige gravierende Probleme auf, wenn man es ohne Kenntnis oder ohne Rücksichtnahme rhetorischer Figuren anwendet. In der Rede von Merkel findet sich nämlich ein Phänomen, das ich provisorisch "induktive Metapher" nenne. Merkel führt eine Metapher ein, die wertend, aber abstrakt ist. In diesem Fall handelt es sich um das Wort "Kern". Sie sagt: "Wir haben in diesem Jahr erfahren, was den Kern der Wirtschafts- und Währungsunion und damit der Europäischen Union insgesamt ausmacht; …". Diese Metapher des Kerns ersetzt sie dann im darauf folgenden Teilsatz durch den Begriff der Verantwortungsgemeinschaft. Mit anderen Worten: die Metapher wird durch einen Euphemismus ersetzt. Euphemistisch ist dieser Begriff übrigens nicht, weil Frau Merkel diesen nicht definiert hätte (davon können wir nichts wissen), sondern weil er als Idee, der Idee der Verantwortung, so schlecht abgelehnt werden kann. Einschub: Plett unterscheidet in seinem Buch Systematische Rhetorik die verschiedenen rhetorischen Figuren in Bezug auf Grammatik, Semantik und Pragmatik. Wenn ich hier den Euphemismus als Wirkung kritisiere und dies von Angela Merkel streng trenne, beziehe ich mich nicht auf die Semantik, sondern auf die Pragmatik eines solchen Euphemismus. Der Euphemismus stellt sich in der Pragmatik her. Figuren, wie die Metapher oder der Euphemismus, sind ohne Kenntnis der Argumentation nicht in ihrem pragmatischen Gehalt bewertbar. Allerdings ist die Argumentation hier eher eine Parallelwelt, die sich mal enger, mal weiter mit den rhetorischen Figuren verschränkt und ein "gewisses" Eigenleben entwickelt.
Das Schema von Toulmin ist übrigens großartig. Allerdings weist es einige gravierende Probleme auf, wenn man es ohne Kenntnis oder ohne Rücksichtnahme rhetorischer Figuren anwendet. In der Rede von Merkel findet sich nämlich ein Phänomen, das ich provisorisch "induktive Metapher" nenne. Merkel führt eine Metapher ein, die wertend, aber abstrakt ist. In diesem Fall handelt es sich um das Wort "Kern". Sie sagt: "Wir haben in diesem Jahr erfahren, was den Kern der Wirtschafts- und Währungsunion und damit der Europäischen Union insgesamt ausmacht; …". Diese Metapher des Kerns ersetzt sie dann im darauf folgenden Teilsatz durch den Begriff der Verantwortungsgemeinschaft. Mit anderen Worten: die Metapher wird durch einen Euphemismus ersetzt. Euphemistisch ist dieser Begriff übrigens nicht, weil Frau Merkel diesen nicht definiert hätte (davon können wir nichts wissen), sondern weil er als Idee, der Idee der Verantwortung, so schlecht abgelehnt werden kann. Einschub: Plett unterscheidet in seinem Buch Systematische Rhetorik die verschiedenen rhetorischen Figuren in Bezug auf Grammatik, Semantik und Pragmatik. Wenn ich hier den Euphemismus als Wirkung kritisiere und dies von Angela Merkel streng trenne, beziehe ich mich nicht auf die Semantik, sondern auf die Pragmatik eines solchen Euphemismus. Der Euphemismus stellt sich in der Pragmatik her. Figuren, wie die Metapher oder der Euphemismus, sind ohne Kenntnis der Argumentation nicht in ihrem pragmatischen Gehalt bewertbar. Allerdings ist die Argumentation hier eher eine Parallelwelt, die sich mal enger, mal weiter mit den rhetorischen Figuren verschränkt und ein "gewisses" Eigenleben entwickelt.
2 Kommentare :
Ein wesentliches Merkmal der politischen Rhetorik Angela Merkels ist das eigensinnige Eigenleben ihrer Metaphern. Sie behaupten sich gegen die mutmaßlichen Intentionen der Rednerin.
http://www.reden-fuer-eine-neue-welt.de/?cat=579
Vielen Dank für den Hinweis und auch für den schönen Blog, den Sie führen. Allerdings ist meine Intention an dieser Stelle eine strengere Betrachtung einzelner Textpassagen. Ich habe hier zwar nur einige Anmerkungen gegeben, in welche Richtung es gehen könnte, jedoch möchte ich in diesem Falle vor allem auf methodische Aspekte abzielen, wodurch sich auch erklärt, dass ich hier die politische Funktion von Angela Merkel so strikt von der Wirkung abgrenze.
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