Eine recht faszinierende Argumentation breitet ein Stephan Gröne zum Thema Homosexualität vor uns aus (dickes Dankeschön an Chris für den Link).
Gröne beginnt sein Pamphlet (und letzten Endes ist es auch nicht mehr) mit den Worten "Gott hasst die Sünde, nicht die Sünder.", um uns dann zu erklären, dass der Homosexuelle zwar als Mensch unsere volle Anerkennung verdiene, die Homosexualität aber trotzdem eine Sünde sei.
Folgt man Judith Butlers Ausführungen in "Hass spricht" (eigentlich "Excitable speech", aufgeregtes Sprechen), so ist Gewalt gegen Menschen all das, was ihn seines sozialen Kontextes beraubt, bzw. die Mitwirkung an diesem. Seines sozialen Kontextes wird man beraubt, so pointiere ich hier mal die Argumentation, wenn dieser unklar wird, also nicht mehr deutlich wahrnehmbar ist.
Zunächst mag man Gröne als geradezu großzügig halten, wenn er allen anderen Menschen das Recht auf Missachtung des Homosexuellen abspricht. Bedenkt man aber, dass er erstens den Menschen von seiner Homosexualität trennt, indem auf deren zugleich krankhaften wie sündhaften Charakter verweist, zweitens dem "Homosexuellen" das Recht auf Uneinsichtigkeit verweist (in dem Sinne, dass das Denken des Anderen radikal entzogen ist) und drittens trotzdem eine Hierarchie aufmacht, in der die soziale Ächtung von Homosexualität zwar von Gott nicht gewünscht wird, aber trotzdem in irgendeiner Weise gottgefällig ist und damit auch gefühlt weniger schlimm, dann merkt man, wie unter der scheinbaren Klarheit eine allzu subtile Gewalt herrscht. Die Homosexualität sei weniger sozial, könnte man das auf einen Nenner bringen. Man kann also mit Judith Butler schließen, dass hier Mechanismen der Gewalt am Werke sind.
Manch einer mag nun einwenden, dass Gröne in seiner Argumentation sagt, es gebe einen Ausweg und dieser Ausweg sei klar: der in der Heilung durch den Glauben. Man kann dieses Argument sogar als klar bezeichnen, wenn man selbst nicht dieser Ansicht ist. Doch auch hier vermischen sich logische Kategorien, indem zum Beispiel die Bezeichnung 'Glaube' mit dessen verantwortlich gelebten Inhalten (falls es die gibt) gleichgesetzt wird (und etwas ähnliches passiert ja bei Begriffen: Bezeichnungen sind keine Begriffe und dass jemand eine Bezeichnung vor sich herplappert, heißt noch lange nicht, dass er auch einen Begriff davon hat). Gerade aber die Verantwortung ist ein Moment, der nicht durch soziale Vorgaben gelöst wird, sondern nur durch die Pflicht, zu seiner Entscheidung einzustehen. Ergo kann die Sünde der Homosexualität (falls es sie gibt) nicht im weltlichen Bereich, zum Beispiel durch Pamphlete oder durch Abkehr von der Homosexualität gelöst werden, sondern nur im eigentlich transzendentalen Bereich, also sozusagen im Paradies.
Die Aporie ist, dass Gröne in Bezug auf die Homosexualität den Homosexuellen sagt: willst die verantwortlich mit deiner Homosexualität umgehen, musst du dich meiner Argumentation beugen (und nicht dem Urteil Gottes). Nicht nur durch seinen Glauben, Homosexualität sei ein Krankheitsbild und eine Sünde, sondern durch seine eigene Positionierung in der Argumentation spricht der Autor dem schwulen Mann die Verantwortung ab und fordert sie zugleich ein. Klinisch gesehen ist das ein double-bind, aus der sich der Betroffene nicht anders als durch Missachtung und Verlassen der Situation lösen kann und die, wie Bateson et al. schreiben, gerne auch mal in Schizophrenie enden. Wodurch eine solche Rhetorik sich nicht auf eine Krankheit stützt, sondern sie erst erzeugt.
Gröne beginnt sein Pamphlet (und letzten Endes ist es auch nicht mehr) mit den Worten "Gott hasst die Sünde, nicht die Sünder.", um uns dann zu erklären, dass der Homosexuelle zwar als Mensch unsere volle Anerkennung verdiene, die Homosexualität aber trotzdem eine Sünde sei.
Folgt man Judith Butlers Ausführungen in "Hass spricht" (eigentlich "Excitable speech", aufgeregtes Sprechen), so ist Gewalt gegen Menschen all das, was ihn seines sozialen Kontextes beraubt, bzw. die Mitwirkung an diesem. Seines sozialen Kontextes wird man beraubt, so pointiere ich hier mal die Argumentation, wenn dieser unklar wird, also nicht mehr deutlich wahrnehmbar ist.
Zunächst mag man Gröne als geradezu großzügig halten, wenn er allen anderen Menschen das Recht auf Missachtung des Homosexuellen abspricht. Bedenkt man aber, dass er erstens den Menschen von seiner Homosexualität trennt, indem auf deren zugleich krankhaften wie sündhaften Charakter verweist, zweitens dem "Homosexuellen" das Recht auf Uneinsichtigkeit verweist (in dem Sinne, dass das Denken des Anderen radikal entzogen ist) und drittens trotzdem eine Hierarchie aufmacht, in der die soziale Ächtung von Homosexualität zwar von Gott nicht gewünscht wird, aber trotzdem in irgendeiner Weise gottgefällig ist und damit auch gefühlt weniger schlimm, dann merkt man, wie unter der scheinbaren Klarheit eine allzu subtile Gewalt herrscht. Die Homosexualität sei weniger sozial, könnte man das auf einen Nenner bringen. Man kann also mit Judith Butler schließen, dass hier Mechanismen der Gewalt am Werke sind.
Manch einer mag nun einwenden, dass Gröne in seiner Argumentation sagt, es gebe einen Ausweg und dieser Ausweg sei klar: der in der Heilung durch den Glauben. Man kann dieses Argument sogar als klar bezeichnen, wenn man selbst nicht dieser Ansicht ist. Doch auch hier vermischen sich logische Kategorien, indem zum Beispiel die Bezeichnung 'Glaube' mit dessen verantwortlich gelebten Inhalten (falls es die gibt) gleichgesetzt wird (und etwas ähnliches passiert ja bei Begriffen: Bezeichnungen sind keine Begriffe und dass jemand eine Bezeichnung vor sich herplappert, heißt noch lange nicht, dass er auch einen Begriff davon hat). Gerade aber die Verantwortung ist ein Moment, der nicht durch soziale Vorgaben gelöst wird, sondern nur durch die Pflicht, zu seiner Entscheidung einzustehen. Ergo kann die Sünde der Homosexualität (falls es sie gibt) nicht im weltlichen Bereich, zum Beispiel durch Pamphlete oder durch Abkehr von der Homosexualität gelöst werden, sondern nur im eigentlich transzendentalen Bereich, also sozusagen im Paradies.
Die Aporie ist, dass Gröne in Bezug auf die Homosexualität den Homosexuellen sagt: willst die verantwortlich mit deiner Homosexualität umgehen, musst du dich meiner Argumentation beugen (und nicht dem Urteil Gottes). Nicht nur durch seinen Glauben, Homosexualität sei ein Krankheitsbild und eine Sünde, sondern durch seine eigene Positionierung in der Argumentation spricht der Autor dem schwulen Mann die Verantwortung ab und fordert sie zugleich ein. Klinisch gesehen ist das ein double-bind, aus der sich der Betroffene nicht anders als durch Missachtung und Verlassen der Situation lösen kann und die, wie Bateson et al. schreiben, gerne auch mal in Schizophrenie enden. Wodurch eine solche Rhetorik sich nicht auf eine Krankheit stützt, sondern sie erst erzeugt.
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