26.12.2018

Die sechs Denkhüte nach Edward de Bono

Eine der berühmtesten Kreativitätstechniken sind die sechs Denkhüte. Hier erfahren Sie die Anwendung, die Hintergründe und welche Fehler Sie vermeiden sollten.

Kaum eine Kreativitätstechnik wird so häufig zitiert und doch so gerne missverstanden, wie die Denkhüte. De Bono entwarf diese Technik, um verbalen Spiegelfechtereien und pseudo-logischen Attacken ein Ende zu bereiten.

Herkunft der sechs Denkhüte: Künstliche Intelligenz

In den sechziger Jahren etablierte sich eine sehr neue Form, das menschliche Denken zu erforschen. diese ist unter dem Begriff des Konnektionismus mittlerweile eine der wichtigsten Strömungen moderner Psychologie. Entstanden ist sie mit den ersten vorsichtigen Entwicklungen von Programmen der künstlichen Intelligenz. Dabei spielt ein Begriff eine wesentliche Rolle, der des parallel-distributive processing, des parallel-distributiven Prozessierens, kurz auch PDP genannt.
Diese Idee des PDP findet sich auch in der Technik der Denkhüte wieder.

Die Anwendung der sechs Denkhüte

Diese Technik benutzt man, um ein Thema zu erforschen oder ein Problem zu lösen. Dabei werden reale, farblich gestaltete Hüte oder Abbilder von solchen für ein Gespräch genutzt. Weiter unten erfahren Sie, wofür die einzelnen Farben stehen.
Ganz wichtig dabei ist, dass jede Farbe eine bestimmte Perspektive auf ein Thema repräsentiert.

Die wichtigste Regel: immer nur ein Hut

Häufig liest man, dass alle sechs Denkhüte gleichzeitig verwendet werden. Doch genau das ist falsch. Die Denkhüte dürfen nicht zu einer Rollenaufteilung in einer Gruppe führen. Während einer Diskussion über ein Thema oder ein Problem ist es wichtig, dass alle Gruppenmitglieder von einer bestimmten Perspektive aus, zum Beispiel von der "roten" Perspektive, urteilen.
Hier findet man auch in Bezug zum parallel-distributiven Prozessieren wieder: parallel ist die Blickrichtung, distributiv, dass es in verschiedenen Köpfen gleichzeitig passiert. Es geht um ein gemeinsames Erkunden, nicht um ein verteiltes Übertrumpfen.

Der weiße Hut

Der weiße Hut steht für Papier und Information. Nutzt man diesen, werden alle Informationen gesammelt, die zu dem Thema bekannt sind.
An dieser Stelle ist die Bewertung der Informationen verboten. Wenn jemand eine Information zu haben meint, kann er sich an dieser Stelle äußern.
Am Anfang mag es schwierig sein, Kritik oder kreative Einwürfe bei der Phase mit dem weißen Hut herauszuhalten. Da aber sowohl Kritik als auch Kreativität bei anderen Hüten ausgelebt werden dürfen, ist dies nur ein Anfangsproblem.

Der rote Hut

Hier geht es um Emotionen und Empfindungen. Alles, was uns an einem Thema Spaß macht, die Neugierde erhält, die Wut im Bauch erhöht oder uns auch ängstigt, kann in dieser Phase geäußert werden.
Dabei geht es nicht nur um starke Emotionen, sondern auch um schwache, um Empfindungen, Langeweile, gemäßigtes Interesse, und so weiter.

Der schwarze Hut

Schwarz steht für Kritik, das heißt für Logik, Urteile und innere Folgerichtigkeit. Beim schwarzen Hut geht es also darum, Gefahren, Fehler, potentielle Gefährdungen, unsachgemäße Behandlung oder riskante Folgen zur Sprache zu bringen.
Beim schwarzen Hut geht es also darum, zu filtern und Ideen nach ihrem Risiko und fehlendem Nutzen zu bewerten.

Der gelbe Hut

Genauso wichtig wie der schwarze Hut, jedoch häufig wenig genutzt, ist der gelbe Hut. Er steht für Werte. Hier geht es darum, die wünschenswerten und motivierenden Aspekte eines Themas, Teilthemas oder Problems darzulegen.
Gerade bei Problemen fällt es vielen Menschen schwer, motivierende und positive Anteile zu finden. Doch genau dies ist Sinn und Zweck des Hutes. Menschen neigen viel zu schnell, Probleme mit üblichen Lösungsmöglichkeiten aus der Welt zu schaffen. Sie denken nicht mehr über die Folgen nach. Mit dem gelben Hut wird der Nutzen eines Problems mehr und mehr bewusst. Dadurch steht man erstens nicht mehr unter Handlungsdruck, und kann zweitens nützliche Nebenwirkungen eines problematischen Zustandes im Blick behalten.

Der grüne Hut

Dieser steht für kreative Energie. Während dieser Phase darf jeder Teilnehmer seine Ideen, Alternativen, Skizzen, Fantasien und Entwürfe einbringen.
Die Aufgabe dieses Hutes ist, dass er "formell" zur Kreativität aufgefordert. Der Organisationsberater Peter Kruse sagt, dass jede Organisation einen Spinner braucht, der ständig Ideen produziert und stört. Mit dem grünen Hut wird die ganze Gruppe auf die "Spinnerei" eingeeicht.
Diese Denkperspektive ist deshalb so wichtig, weil sie Alternativen produziert. Zwar fällt vielen Menschen genau dies am Anfang schwer, doch indem eine ganze Gruppe mit viel Lust und Spaß mehr oder weniger passable Ideen entwickelt, werden auch "unkreative" Menschen mitgerissen und beteiligen sich.

Der blaue Hut

Der blaue Hut steht für Kontrolle.
Normalerweise läuft das Sechs-Hüte-Denken so ab, dass jemand sagt: "Das war ein toller roter Hut! Ich hätte jetzt gerne ein paar gelbe Hüte."
Der blaue Hut kommt genau dann ins Spiel, wenn es entweder darum geht, den Prozess zu strukturieren ("Lasst uns jetzt erstmal zum gelben Hut kommen, und dann finde ich den schwarzen Hut sinnvoll.") oder wenn der Prozess an Kraft verliert oder entgleitet ("Wir haben uns zu sehr in der Kritik verrannt. Was haltet ihr davon, wenn wir uns jetzt erstmal auf rote, gelbe und grüne Hüte beschränken. Seid Ihr mit einer halben Stunde einverstanden?").
In dieser Phase geht es nicht darum, Menschen zu kritisieren. Das ist allgemein verboten. Für diese Kreativitätstechnik gilt, was auch für das systemische Denken gilt: respektvoll gegenüber Menschen, respektloses gegenüber Ideen.

Fazit

Am Anfang macht diese Technik Mühe. Man muss sich zunächst daran gewöhnen, dass jede Denkweise ihren Platz findet, nur eben nicht immer bei dem entsprechenden Hut. Ist aber erstmal diese anfängliche Hürde überwunden, erleichtert das Sechs-Hüte-Denken die ganze Organisation, von kreativen bis hin zu planerischen Prozessen.
Literaturempfehlung:
  • De Bono, Edward: Der kluge Kopf, Heidelberg 2004, S. 105-124

Keine Kommentare :