30.06.2008

Das Projekt

Alice Gabathuler wird im August ein neues Buch veröffentlichen. Es heißt Das Projekt.
Nach allem, was Alice erzählt hat, bin ich sehr gespannt. - Ihre beiden anderen Bücher sind hervorragend. Wesentlich schlechter kann dieses hier auch nicht sein, und das wäre immer noch gut genug.

Besucher

Seit ich den Besucherzähler vor drei Monaten eingerichtet habe, kann ich beobachten, wer mich wie zuletzt gefunden hat und wie ich am häufigsten gefunden wurde. Meine Besucherzahl schwankt täglich zwischen dreißig und hundert Aufrufen. Einmal hatte ich - einsame Spitze - über zweihundert Aufrufe. Mehr als doppelt so viele wie auf dem zweiten Platz.
Häufigstes Suchwort ist übrigens "sinnentnehmendes Lesen". Danach folgen "ywriter" und "Metonymie". Ganz abgeschlagen gibt es auch die Suche nach "Monster Mösen". - Nun ja.
Die am meisten benutzte Verlinkung geht über "kreatives Schreiben" auf wikipedia, danach folgt - immer noch - "Kai Meyer" von wikipedia.
Knappe 7.200 Besucher waren es insgesamt in den drei Monaten. Und die Zeit, die auf meinem Blog verbracht wurde, liegt bei etwa 8.000 Minuten (circa 133 Stunden).

Nobody knows but Ines

Nobody knows the trouble I've seen,
Nobody knows but Ines.
Ines ist meine direkte Vorgesetzte. Ines findet mich zu brav. Ehrlich? Ich verschweige eigentlich nur dreiviertel von dem, was ich denke. Na gut, also habe ich mich daran gemacht, Ines ein wenig auf den Geist zu gehen. Klappt auch ganz gut.
Jedenfalls hätte mir Ines mal in der Schule begegnen sollen. Da war von Informationsaustausch wenig zu spüren; von einem Aneinander-Reiben sowieso nicht (was einer Bankrott-Erklärung der Kommunikation gleichkommt.) [Übrigens hat der Herr Pöhm auch Schlagfertigkeiten für Lehrer im Plan: man könnte nun sagen, dass ich ins selbe Horn stoße, wie die Angreifer, auf die die Lehrer nun antworten sollen. Das ist nicht ganz der Fall: Schlagfertigkeit macht die Kommunikation flexibel, auch wenn sie erstmal unter dem Bereich der Bestandserhaltung auftaucht. Flexibel heißt auch: prozessorientiert, offen, spielerisch, neugierig. Vor allem rückt das Einüben von Schlagfertigkeit die Form der Kommunikation in den Vordergrund. Und da habe ich doch arge Defizite gesehen. Und - zugegebenermaßen - auch selbst gehabt.]

Ich habe am Wochenende fleißig geübt (dank Herrn Pöhm).
  • Cedric (mein elfjähriger Sohn) und ich waren auf einer Vernissage von Freunden. Als wir dort ankamen, waren noch kaum Bilder aufgehängt. Alles wuselte durcheinander. Wir standen etwas überflüssig dazwischen. Einer der Besitzer meinte zu uns: "Gleich kommt noch ein anderes Kind!", worauf ich sagte: "Danke! So jung bin ich garnicht."
  • Dann haben wir uns auf die Suche nach Nico gemacht, der mit seinem Sohn Gabriel irgendwo um die Ecke eine Pizza holen gegangen war. Auf dem Weg zurück sahen wir einen recht dicken Mann, der hinten, direkt am unteren Rand seines T-Shirts die Worte "Sex sells" stehen hatte. Meinte ich: "Diesem Hintern würde ich alles glauben!"
  • Auf der Vernissage gab es einen Raum, in dem man Tassen und Teller zerschlagen konnte. Die Vernissage trug den Titel "Vorsicht! Zerbrechlich." Die Künstler saßen beim Brainstorming, was man als Gebrauchsanweisung dazuschreiben könnte. Ich habe vorgeschlagen: "Zerschlagen Sie die Tassen, die Sie nicht im Schrank haben!"
Normalerweise lobe ich mich nicht so offensichtlich. Aber irgendwie kommt man ja in dieser Welt nicht weiter, wenn man sich nicht beständig selbst inszeniert. Und mit seinen Aggressionen kommt man auch nur zu Denkstörungen, wenn man sie vorher nicht in halbwegs akzeptierte Bahnen bringt.

Ines also. Ich meine, Doris war auch nicht schlecht. Wenn man einen fachpsychiatrischen Pflegedienst HappyHelp nennt, muss man doch auch Humor haben, oder? Und wo wir gerade beim fachpsychiatrischen Pflegedienst sind: neulich war ich auf der Geburtstagsfeier von Nico. Auf dem Weg dorthin sah ich am Rand des Bürgersteigs ein wohlbekanntes Gesicht herumtorkeln: eine hagere, schmutzige Gestalt, die auf Menschen zuraste, sie kurz antippte, dann weiter lief, mit Drehen und Sich-um-sich-selbst-Kreisen und ab und zu Schreie ausstoßend. Ein ehemaliger Patient von mir; aus Hamburg, durch notorische Quengelei wahrscheinlich jetzt in Berlin. Und das auch noch bei mir um die Ecke. Aber wir werden nicht allzu viel miteinander zu tun haben. Wir leben einfach in zu unterschiedlichen Welten. Übrigens ein faszinierender Mensch. Nie ist mir ein Mensch begegnet, der sich durch solch massive Erpressungen zugleich so ohnmächtig gemacht hat.

Was Schlagfertigkeit angeht, hat mir auch Pitt, unser Projektleiter, Anlass zum Lachen gegeben. Eine Kollegin erzählte mir, sie habe gerade einen Kunden am Telefon gehabt, der meinte: "Ich möchte nicht [das Produkt]. Ich hatte gerade einen tödlichen Unfall." Er meinte natürlich damit: in der Familie. Was sehr traurig ist. Wir mussten trotzdem über die Worte lachen. Als ich es später Pitt erzählte, setzte der eins drauf: "Da sagen wir dann: 'Kein Problem! Wir verkaufen [das Produkt] auch posthum.'"

29.06.2008

Ein gewisser Herr Pöhm, oder: Argumentationslehre / Schlagfertigkeit

Eine der spannendsten Gebiete der Rhetorik ist die Argumentationslehre. Das liegt nicht nur daran, dass sich andere Gebiete der Rhetorik nur noch wenig wandeln. Unser Verständnis von Kommunikation hat sich in den letzten fünfzig Jahren erheblich verändert und zahlreiche neue Betrachtungsweisen sind noch längst nicht in den alltäglichen Gebrauch übergegangen, selbst bei Akademikern nicht. Zum anderen hat die Welt durch die elektronische Revolution und Globalisierungsströme eine neue Komplexität gewonnen.

Schlagfertigkeit I

Ich habe mal wieder einen neuen Kick bekommen, als ich vor ein paar Tagen die Internet-Seite von Matthias Pöhm entdeckte. Anregend ist diese Seite, sowohl für die Erforschung von Humor - Pöhm nennt diese Witzfertigkeit - als auch für die Analyse von (Roman-)Dialogen.
Was Pöhm dazu schreibt, mag sich jeder selbst durchlesen. Fruchtbar werden solche Ansätze ja nur dadurch, dass man sie umschreibt. Pöhm sagt dazu auch sehr richtig, dass die meisten Bücher zwar gelesen, aber selten durchgearbeitet werden. Ein intellektuelles Durchdringen ist, wie ich oben geschrieben habe, sich mit der Metaordnung der Begriffe auseinanderzusetzen, und dass diese Metaordnung affektiv ist und nur durch Erfahren kognitiv werden kann. Wenn also intellektuelles Durchdringen zwar nicht handlungspraktisch, aber gefühlspraktisch ist, dann ist ein Durcharbeiten notwendig, ja, geradezu Voraussetzung, um das Wissen zu intellektualisieren, bzw. wie Pöhm knapper sagt, Schlagfertigkeit zu beherrschen.

Dialoge, systemisch

Luhmann teilt Kommunikation in Beiträge und Themen ein. Dabei sind Themen sozusagen Ordner der Kommunikation, um die sich die Beiträge in flüchtigerer Weise drumherumwinden. Beiträge erlauben sowohl das Festkleben an Themen, wie den Themenwechsel. Wichtig dabei ist, dass Beiträge anschlussfähig bleiben. Ohne Anschlussfähigkeit keine Kommunikation; man würde einfach aufhören zu reden und nie wieder etwas zu sagen haben. Anschlussfähigkeit heißt auch, dass nicht alles gesagt worden ist, dass man immer noch etwas beitragen kann oder, wenn eine gewisse Sättigung eingetreten ist, rasch zu einem anderen Thema wechseln kann. Die Notwendigkeit, ja Nötigung zur Anschlussfähigkeit macht die Kommunikation selbstreferentiell: sie bezieht sich auf bereits Gesprochenes, indem sie dieses "ergänzt", und verweist auf noch Kommendes. Strukturell gesehen ist die Welt einfach zu komplex, um alles auf einmal sagen zu können: man muss auswählen, was man zuerst sagt und was später. Aber das gab's ja schon immer.

Kommunikationsquadrat

Schulz von Thun gilt als einer der wichtigsten Aufklärer des tagtäglichen Dialogs. Meine Vorbehalte gegen ihn richten sich nicht gegen die Modelle, zum Beispiel das Kommunikationsquadrat, sondern dagegen, dass er die grundlegenden Mechanismen, die auch das Kommunikationsquadrat ermöglichen, nicht genügend darstellt und vielleicht nicht darstellen kann. Schulz von Thun ist Psychologe und die nehmen ungern die Begriffe der Linguistik oder Literaturwissenschaft an (die Metapher bei den Kommunikationspsychologen ist die pictura der Literaturwissenschaftler und die Hypotypose der Philosophen). Was Kommunikationspsychologen hüben, haben Sprachphilosophen drüben erforscht. Der Austausch ist, wenn es ihn denn überhaupt gibt, oft ausgedünnt und missverständlich.
Das Kommunikationsquadrat (KQ) beschreibt eine Nachricht als aus vier Botschaften bestehend: der Sachebene, dem Appell, der Beziehungsebene und der Selbstoffenbarung (hier noch mal bildlich).
1. Einwand: Weder die Nachrichten noch die Botschaften sind Wesenheiten der Kommunikation. Es sind Konstruktionen, die selbst fortlaufend abgewandelt werden können. Schulz von Thun weist beständig darauf hin. Problematisch wird er erst dann, wenn er behauptet oder suggeriert, dass man diese Botschaften auch "sprechen" könne. Oder, wie eine Ex-Chefin zu mir meinte: "Sie müssen appellieren lernen, appellieren." Dabei ist der Nachricht der Appell zwangsläufig eingeschrieben, wenn man Schulz von Thun folgt. Ich hätte meiner Chefin also antworten müssen: "Sie müssen Appelle hören lernen, hören, verstehen Sie?" Die Einheit ist eine Konstruktion des Beobachters (so eine Kernaussage der Konstruktivismus). Was ich als Nachricht verstehe, ist eine Konstruktion von mir. Was ich als Botschaft verstehe, ebenso. Der Höhepunkt dieser Folgerung aber ist, dass ich mein Sprechen selbst erst nachträglich in Einheiten einteile. Müsste ich vorher überlegen, welche Nachrichtseinheit ich von mir gebe, wäre ich viel zu mutlos, um überhaupt zu sprechen. (Natürlich kann man sich hier aber sensibilisieren.)
2. Einwand: Die Folge des ersten Einwands ist der zweite Einwand. Wenn man Einheiten konstruiert, aber nicht beherrschen kann, dann problematisiert sich das Verhältnis zwischen Sprechen und wissenschaftlichen Modellen. Das wissenschaftliche Modell ist eine Metasprache. Die Praxis der Kommunikation ist und bleibt aber eine Technik oder - in weiterem Sinne - eine Ästhetik. Die Ästhetik sorgt sich um das Durcharbeiten, um die Metaordnung der Begriffe, die, wie ich geschrieben habe, affektiv ist. Darum gibt es dann auch eine Renaissance der Rhetorik und eine Technik (oder Ästhetik) der Schlagfertigkeit. Herstellen (und auch das Planen) und Beobachten sind zwei verschiedene Sachen. Es gibt keinen reinen Durchschlag von den Sinnesorganen zu den Muskeln. Dazwischen sitzt immer noch ein Gehirn mit enormer Komplexität. Auch wenn dies manche Wissenschaftler und auch manche Moralapostel unterschlagen.
3. Einwand: Hier geht es mehr um eine wissenschaftliche Fragestellung. Kann man das Beobachten von Einheiten auf eine fundamentalere Ebene legen als Schulz von Thun es tut? Ja, man kann. Der Begriff der Konnotation klärt den gemeinsamen Mechanismus von der Nachricht und den vier Botschaften. Die Konnotation ist zunächst ein Stück Assoziation, das sich aufdrängt, und die Aufmerksamkeit - so flüchtig auch immer - von der Außenwelt auf die Innenwelt zurückzieht. Die Außenwelt wird gleichsam "außen unterbrochen" und "innen ergänzt". Zudem aber bringt sie eine - ebenso flüchtige - Ordnung ins Spiel: sie strukturiert; und hat damit eine Art grammatischen Effekt. Eco schreibt in seiner Einführung in die Semiotik, damit eine Einheit sich in eine Abfolge einfügen könne, müsse es konnotative Bestandteile haben (Eco redet hier allerdings von Denotatum, Paradigma, Syntagma, etc. - also streng linguistisch). Für uns ist hier lediglich wichtig, dass dieses Zurückziehen vom Außen die äußere Einheit herstellt, und - das ist der Witz dabei - eine Art Alltagsgrammatik, eine "Verbindlichkeit" der Welt überhaupt erst ermöglicht. Modelle wie die von Schulz von Thun haben den Vorteil, dass sie einen geordneten Rückzug ermöglichen, während wir doch meist einen überstürzten Rückzug vornehmen. Trotzdem gehorchen auch solche Modelle den Regeln der Konnotation = Rückzug durch das Aufdrängen einer Assoziation.
Daraus muss man schließen, dass es ziemlich egal ist, was der Sprechende sagen wollte, und unsere Beobachtung nur darauf zielt, was der Hörende versteht (also selbst wieder beobachtet). Wenn der Hörende nun seinerseits etwas sagt, qualifiziert er das Gehörte. Und aus dem Gesagten kann man schließen, wie das Gehörte aufgenommen wurde. Jeder neue Beitrag qualifiziert die vorhergehenden. Die Qualifikation ist rückbezüglich. Zugleich bietet jeder neue Beitrag eine Neu-Fokussierung an. Diese kann minimal sein. Gerade aber bei Bereichen wie der Schlagfertigkeit wird diese Neu-Fokussierung deutlich, wenn nicht gewollt sprunghaft und aggressiv ausfallen.

Ästhetik / Metakommunikation

Modelle, die zum Analysieren verwendet werden, dienen der Metakommunikation. Sie teilen auf, sezieren, zerlegen in mögliche Bestandteile.
Beim Sprechen verwenden wir nicht wissenschaftliche Modelle, sondern kognitive Muster. Muster sind eher praktische Vorgaben. Sie können aus Modellen entstehen. Wer Schulz von Thun kennt, weiß, dass sein KQ nicht nur ein Modell ist, sondern auch ein Muster.
Muster entstehen durch Einüben; und die Ästhetik - zumindest eine unklassische - betrachtet diese halbdurchformten Fähigkeiten in ihrem Dasein. Halbdurchformt ist übrigens keine Abwertung, sondern nur ein notwendiger Schluss, wenn man die Kommunikation als einen prinzipiell offenen Prozess betrachtet.
Damit wären wir zurück bei Herrn Pöhm.

Schlagfertigkeit II

Schlagfertigkeit bildet, sofern sie trainiert wird, neue Muster aus. Herr Pöhm setzt sehr auf praktische Arbeit. Ich würde sie durch Reflexion ergänzen. Reflexion hier: zurücktreten, betrachten. Vita activa und Vita contemplativa ergänzen sich.
Um deutlich zu machen, wie die Reflexion und die Metakommunikation hilfreich eingreifen können, die Muster der Schlagfertigkeit bewusster machen können, zeige ich hier die Gemeinsamkeit einiger dieser Muster:
Die Fokus-Rückfrage, der versteckte Gegenangriff, die Feststellungsfrage und die Feststellungsfrage als Entscheidung, und noch einige andere Figuren basieren auf recht ähnlichen Prinzipien.
Angriff: "Du bist doch schwul!"
Schlagfertigkeit: "Deiner Wahrnehmungsstörung geht's gut? Wundervoll!"
Was macht der Angreifer (aus Sicht des Angegriffenen)?
Auf der Sachebene sagt er, dass der andere schwul sei. Ginge es nur um die Sachebene, wäre die Aussage kein Angriff, sondern so lapidar, wie, dass es hell ist, wenn die Sonne scheint.
Die Selbstoffenbarung bleibt unklar. Nehmen wir aber an, dass die Worte abfällig geäußert worden sind, dann ist (relativ) klar, dass 1.) der Angreifer heterosexuell ist und 2.) Schwule nicht mag. Trotzdem versorgt hier schon eine gewisse Unentschiedenheit für eine Machtposition ("Wir müssen über dich reden, nicht über mich, denn du bist problematisch, und nicht ich!"). Das ist dann zugleich die Beziehungsebene.
Der Appell kann sehr unterschiedlich gewertet werden. Sehr pauschal könnte man sagen: "Los, nimm dieses Etikett auf dich."

Und was macht der Angegriffene?
Zunächst weicht er einer Bestätigung der Sachebene aus. Er refokussiert das Thema. Mit dem Nicht-bestätigen-wollen der Sachebene wird auch der Appell ausgehebelt. Und die Selbstoffenbarung wirkt beim Angegriffenen zunächst genauso undeutlich wie beim Angreifer, aber sagen wir mal: "Das interessiert mich doch einen Dreck, was du denkst!". Die Selbstoffenbarung demonstriert Unabhängigkeit. Damit wird auch die Beziehung, die der Angreifer anbietet, gekippt.
Fassen wir zusammen. Schlagfertigkeit ist hier:
  1. in der Selbstoffenbarung Unabhängigkeit demonstrieren;
  2. auf der Sachebene Nicht-Bestätigung;
  3. >Aushebeln des Appells durch technisches oder kreatives Ausweichen;
  4. Umdrehen der Hierarchie auf der Beziehungsebene.
Auf der Sachebene setzt der Angegriffene hier noch eins drauf: er weicht nicht einfach dem Thema aus, sondern er geht zu der Voraussetzung des Themas (dem Schwul-sein) über: wer Wahrnehmungsstörungen hat, kann auch das (vielleicht) nicht richtig wahrnehmen. Nicht zu verachten ist auch, dass die Frage rein rhetorisch ist: sie setzt die Störung als gegeben voraus, und fragt nur noch nach dem Befinden der Störung. Also lässt sich hier schon eine hübsche Regel ziehen:
  • Eine offene Frage mit einer halboffenen Frage (ein neues Thema setzen und nach der Modalität fragen) kontern.
Genauer: die Voraussetzungen des Angriffs lächerlich machen und den Angreifer auf eine Nebensächlichkeit bringen.
Dann setzt der Angegriffene noch weiteres drauf: er löscht eine mögliche Reaktion des Angreifers aus; er fingiert einfach dessen Antwort auf die rhetorische Frage und gibt ein feedback.
Damit zieht er sämtliche Ebenen der Nachricht auf ein ironisches Raster: auf der Sachebene wird dem Angreifer untergejubelt, dass er den Themenwechsel angenommen hat; die Selbstoffenbarung (die nie passiert ist) wird als bejahend gesetzt; der fiktive Appell lautet "Lob mich dafür!"; und auf der Beziehungsebene ist die Hierachie klar: der Angreifer ist der Trottel, und der Angegriffene jener, der dies huldvoll akzeptiert.
Daraus lässt sich eine zweite Regel ziehen:
  • Stell eine rhetorische Frage, fingiere dazu eine (ungehörte) Reaktion und lobe diese Reaktion.
Arbeitet man so alle Muster durch, die Pöhm vorstellt, kommt man im wesentlichen auf zwei Grundkonstanten:
  1. Selbstoffenbarung: "Ich bin unabhängig!"
  2. Beziehungsebene: "Ich stehe über dir!" (Hierarchie umdrehen) oder "Du kannst mir nicht mit deiner Hierarchie!" (Hierarchie ausbremsen)

Schlussfolgerung

So wichtig das Einüben ist, das Pöhm anmahnt, so fruchtbar ist das Durcharbeiten anhand eines Modells. Abgesehen vom Einarbeiten, das mir sehr viel Spaß gemacht hat, fand ich die Arbeit mit dem KQ sehr erhellend. Mit dem Programm free-mind habe ich mittlerweile eine Umsortierung der Schlagfertigkeitsmuster vorgenommen. Diese ist noch nicht fertig und wie ich mich kenne, wird sie auch nie fertig (es sei denn, jemand bietet mir viel Geld dafür). Aber auch das gehört (für mich) dazu. Das Modell, das Herr Pöhm im Kopf hat, ist das Modell das Herr Pöhm im Kopf hat. Ich muss mir mein eigenes Modell machen, und das geht nur durch vielfältige Arbeitstechniken. Nur so kann aus einem Sprechen über (die Metakommunikation) ein Bereit- sein für (die Metaordnung) werden.

Uhhh ...

schreien die Leute in ihren Wohnungen auf der anderen Straßenseite. Und zwar alle auf einmal. Wie Synchronschwimmer ihr linkes Beinchen recken.

27.06.2008

Nietzsche und der Fußball

Da ich mich zur Zeit mit dem Kulturbegriff beschäftige und dabei meinen Zettelkasten durchwühle, habe ich zum Fußball auch ein hübsches Zitat gefunden. Es stammt aus Nietzsches David Strauss, der Bekenner und Schriftsteller und ist eigentlich auf den Krieg 1870/71 gemünzt:
Trotzdem sei es gesagt: ein großer Sieg ist eine große Gefahr. Die menschliche Natur erträgt ihn schwerer als eine Niederlage; ja es scheint selbst leichter zu sein, einen solchen Sieg zu erringen, als ihn so zu ertragen, dass daraus keine schwerere Niederlage entsteht. Von allen schlimmen Folgen aber, die der letzte mit Frankreich geführte Krieg hinter sich drein zieht, ist vielleicht die schlimmste ein weitverbreiteter, ja allgemeiner Irrtum: der Irrtum der öffentlichen Meinung und aller öffentlich Meinenden, dass auch die deutsche Kultur in jenem Kampfe gesiegt habe und deshalb jetzt mit den Kränzen geschmückt werden müsse, die so außerordentlichen Begebnissen und Erfolgen gemäß seien. Dieser Wahn ist höchst verderblich: nicht etwa weil er ein Wahn ist - denn es gibt die heilsamsten und segensreichsten Irrtümer - sondern weil er im Stande ist, unseren Sieg in eine völlige Niederlage zu verwandeln: in die Niederlage, ja Exstirpation des deutschen Geistes zu Gunsten des "deutschen Reiches". Einmal bliebe immer, selbst angenommen, dass zwei Kulturen mit einander gekämpft hätten, der Maßstab für den Wert der siegenden ein sehr relativer und würde unter Verhältnissen durchaus nicht zu einem Siegesjubel oder zu einer Selbstglorifikation berechtigen. Denn es käme darauf an, zu wissen, was jene unterjochte Kultur wert gewesen wäre: vielleicht sehr wenig: in welchem Falle auch der Sieg, selbst bei pomphaftestem Waffenerfolge, für die siegende Kultur keine Aufforderung zum Triumphe enthielte. Andererseits kann, in unserem Falle, von einem Siege der deutschen Kultur aus den einfachsten Gründen nicht die Rede sein; weil die französische Kultur fortbesteht wie vorher, und wir von ihr abhängen wie vorher. Nicht einmal an dem Waffenerfolge hat sie mitgeholfen. Strenge Kriegszucht, natürliche Tapferkeit und Ausdauer, Überlegenheit der Führer, Einheit und Gehorsam unter den Geführten, kurz Elemente, die nichts mit der Kultur zu tun haben, verhalfen uns zum Siege über Gegner, denen die wichtigsten dieser Elemente fehlten: nur darüber kann man sich wundern, dass das, was sich jetzt in Deutschland "Kultur" nennt, so wenig hemmend zwischen diese militärischen Erfordernisse zu einem großen Erfolge getreten ist, vielleicht nur, weil dieses Kultur sich nennende Etwas es für sich vorteilhafter erachtete, sich diesmal dienstfertig zu er weisen. Lässt man es heranwachsen und fortwuchern, verwöhnt man es durch den schmeichelnden Wahn, dass es siegreich gewesen sei, so hat es die Kraft, den deutschen Geist, wie ich sagte, zu exstirpieren - und wer weiß, ob dann noch etwas mit dem übrig bleibenden deutschen Körper anzufangen ist!
Zugegeben mag ich den Ton nicht, mit dem Nietzsche die deutsche Militärleistung preist; sie ist rassisch und trägt Rassistisches in sich. Auf der anderen Seite aber führt Nietzsche eine so schöne Polemik durch die Trennung militärischer und kultureller Erfolge, dass hier die Beziehung zwischen (Militär-)Geschichte und (Volks-)Kultur an sich schwierig wird. Und das ist ja schon was.
Was den Fußball angeht, so gilt hier ähnliches wie für den Kriegserfolg. Ein Sieg eignet sich nicht zur Selbstglorifikation.

Wohltuend

Wohltuend fand ich in den letzten Tagen die Meinungen zum Fußball. Am Mittwoch hat Deutschland gegen die Türkei gespielt. Das ist mir hier, in meiner Ecke, ein Ereignis gewesen, zu dem ich ungute Erwartungen hatte, leben hier doch viele Türken und viele Deutsche. Doch mein ungutes Gefühl hat mich betrogen. Sonst hat man nach einem Deutschlandspiel ein riesiges Autokorso vorbeirauschen hören, mit den Hupkonzerten. Diesmal war es fast still.
Schon im Vorfeld habe ich viele Autos gesehen, die die deutsche und die türkische Fahne irgendwo kleben hatten. Die pakistanische Besitzerin eines Ein-Euro-Ladens meinte zu mir, dass sie sich über ein schönes Spiel freue. Sie gönne es jeder Mannschaft, dass sie gewinne.
Und heute, ein Tag nach dem Spiel, sagte ein deutscher Kunde zu mir: Die Türkei hätte den Sieg genauso verdient wie die Deutschen, aber irgendwo müsse dann ja ein Schnitt gemacht werden. - So gelassen und offen kann man mit dem deutschen Sieg eben auch umgehen.

24.06.2008

Wo ist Odradek?

Bisher habe ich immer den Blog von Odradek gelesen. In letzter Zeit war ich selten auf seinen Seiten. Jetzt finde ich ihn gesperrt. Ich bin schockiert! Wer kann mir sagen, was mit Odradek passiert ist? - Ich hoffe nicht, dass hier die Zensur zugeschlagen hat.

Übrigens steht dieser Beitrag unter der Kategorie finden, obwohl es eher nicht finden heißen müsste.

21.06.2008

Zuviel oder zuwenig?

Haben wir ein Zuviel oder ein Zuwenig an kulturellen Spaltungen?
Diese Frage ist unter Umständen schlecht formuliert. Das Maß wird durch die Aneignung und der Teilnahme an der "Kultur" ruiniert (ich setze Kultur nicht immer in Anführungsstriche, möchte aber nochmal betonen, wie problembehaftet dieser Begriff für mich ist). Die wesentliche Grenze läuft für mich zwischen der Kommunikation und dem Denken, also an der Grenze des Subjekts. Die Teilnahme eines Subjekts an der Kultur ist höchst selektiv. Alleine diese Selektion schleift Grenzen ein, die die Kultur in Gewohnheiten, Neuheiten und Abweichungen einteilt. Gewohnheiten sind fraglos gewordene Selektionen, Neuheiten polarisieren ein Subjekt auf aktuelle Handlungs- und Lernfelder, Abweichungen dienen der Kontrastierung des eigenen Einflussbereiches zu anderen Einflussbereichen und funktionieren gleichsam mit magnetischen Abstoßungskräften.
Die subjektive Tätigkeit ist durch diese Selektionen spaltend. Es geht ja garnicht anders: aus seiner Haut kann und soll man nicht heraus. Was nicht heißt, dass dadurch jede Gewohnheit und jede Selbstverständlichkeit legitimiert ist.
Wohin so etwas führen kann, mag man an den Subjektivitätsorgien mancher "Pädagogen" oder "neuer Männer" sehen: die Authentizität, die man von sich und anderen Männern fordert, ist durchaus ein Zusammenklatschen von Subjekt und Individuum, also von den Bedürfnissen nach sinnhafter Tätigkeit und dem Phantom, das Zuschreibungen von uns erzeugen. Dass man durch Authentizität dieses Phantom vertreiben und die persönliche "Fühligkeit" mit sozialen Wertungen identisch werden könne, ist ein gefährlicher Irrglaube und letztendlich die Legitimation für alle möglichen Faulheiten. Wer authentisch ist, muss sein Tun nicht mehr reflektieren. Dem fehlt aber auch letzten Endes diese unüberbrückbare Kluft zwischen Subjekt und Individuum als Motor für die tätige Auseinandersetzung. In der Authentizität steckt noch der Rest des Geniekultes, der das Genie als naturhaftes Ereignis begreifen vermöchte. Es lebt ja noch im Glauben von der gesellschaftlichen Elite fort.
Was im Geniekult, in der Authentizität immer noch steckt, ist der Vorrang der Psychologismen vor den gesellschaftlichen Bedingungen. Das ist eine typisch partiarchale Operation.
Ebenso ist die Frage nach der Kultur und nach der Einheit einer kulturellen Eigenart falsch gestellt: ein Mensch geht nicht in seiner "Kultur" auf. Gewohnheiten, Neuheiten und Abweichungen prägen die aktuellen Arbeitsfelder eines Subjekts.
Hier sympathisiere ich sehr mit dem Entschleunigen von Problemen: Kultur ist ein Problembegriff, genauso wie die soziale Umgebung ein Arbeitsfeld ist, das man nur selektiv durchwandern kann. In diesem Sinne gibt es auch keine kulturelle Spaltung, bzw. man findet diese universalisiert in der Bedingung, ein selektiv wahrnehmender und selektiv tätiger Mensch zu sein. Dafür sollte man sich Zeit nehmen, möglichst sein ganzes Leben.

Informationsgesellschaft

Man redet gerne von der Informationsgesellschaft. Wie viele Begriffe, die das Kleingeld der täglichen Meinung bilden, ist auch dieser Begriff seltsam, mythisierend.
Die Information ist ein Unterschied, der einen Unterschied macht (so die mittlerweile klassische Definition von Gregory Bateson). Wo der Mensch wahrnimmt, gibt es Informationen.
Mir scheint, dass sich unsere Gesellschaft vor allem dadurch auszeichnet, dass die Information als krisenhaft unter einen Generalverdacht gestellt wird und dass sich unser Informationsbegriff zögernd auf einer Schwelle von einem objektiven zu einem kontextuellen Informationsbegriff aufhält.
Es geht also eher darum, ob Informationen stabil oder fließend, absolut oder funktional, deduktiv oder kybernetisch zu sehen sind.
Wer hätte besser den Ernst dieser Situation ausdrücken können als Jacques Lacan? Er gab mal folgendes zum Besten: "Ich sage immer die Wahrheit, nur nie die ganze Wahrheit, denn die ganze Wahrheit zu sagen ist unmöglich."

Parteiprogramme

Abstrakta

Parteiprogramme sind ein Aufmarsch von Abstrakta. Da ist von Frieden, Antifaschismus, Feminismus und so fort die Rede. Was aber ist das? - Ich hatte ja schon gestern über die unausgefüllten Wörter geschrieben, die sich mal so, mal so verhalten, und zur Kreativität moniert, dass es vor allem ein Macht- und Blockadewort ist. Trotzdem sind "leere Wörter" nicht zwecklose Wörter. Sie sind - im Gegenteil - immanent wichtig.
Woran liegt das?

1. Worte unter Wörtern

Ein Wort ist ein Zeichen und ein Zeichen besteht aus drei Bestandteilen: dem Signifikanten, dem Signifikat und der Beziehung zwischen ihnen, also der Relation. Habe ich also ein Wort "Hund" als Signifikanten, bzw. als Lautbild, dann habe ich mit meiner Vorstellung eines Hundes ein Signifikat dazu. Das Signifikat wird auch Vorstellungsbild genannt. Die Beziehung zwischen dem Lautbild und der Vorstellung ist nicht durch Ähnlichkeit motiviert, sondern durch Gewohnheit und historische Entwicklungen.
Nun sind genau solche Wörter einfache Wörter. Wenn ich nicht weiß, was ein Hund ist, treibt ein freundlicher Nachbar einfach einen auf und sagt: Dies ist ein Hund! - Fortan werde ich mir vorstellen können, was ein solcher ist, wenn jemand von einem Hund redet.
Natürlich sind wir hier noch meilenweit von einer guten Verständigung entfernt. Hat mein Nachbar mir einen Pekinesen als Ersthund angeboten, werde ich bei einer Deutschen Dogge nicht an einen Hund denken. Doch das soll hier nicht das Thema sein. Wie ist es mit Begriffen wie Demokratie, Friede, Feminismus, und anderem?
Es sind Abstrakta, weil ihnen kein berührbarer Gegenstand in der Welt entspricht. Sie können definiert werden. Erst durch Worte, die ein Abstraktum nachvollziehbar machen, kommen solche Wörter für uns zu einem gewissen sinnlich-konkreten Vollzug.
Auch hier ist es kein Geheimnis, dass solche Abstrakta recht unterschiedlich gebraucht werden, ja teilweise sogar widersprüchlich oder widersinnig.

2. Der Streit um das Eigene des Anderen

Wer immer Definitionen gibt und Abstrakta aufzufüllen versucht, muss sich auf Wörter verlassen. Streichen wir die Frage nach der Richtigkeit der Definitionen weg und widmen wir uns einem höchst psychoanalytischen Problem: was transportieren die erklärenden Wörter? Dies ist natürlich auch die Frage nach dem, was wir hören, wenn wir eine Erklärung eines Wortes hören, wenn also jemand mit uns spricht.
Zunächst verkettet der Andere Wörter miteinander. Der Frieden sei dieses oder jenes, man könne ihn sich so oder so vorstellen. Aber so sehr auch die Laute geordnet sein mögen, die Vorstellungen, die er im Kopf hat, können uns nicht erreichen. Wir haben unsere eigenen Köpfe und machen uns unsere eigenen Vorstellungen. Und genau dasselbe passiert, wenn wir einem anderen Menschen etwas zu erklären versuchen: wir können ihm Worte zukommen lassen, aber unsere Vorstellungen bleiben bei uns.
Nur funktioniert Kommunikation gewöhnlicherweise so nicht: ich möchte mich nicht ständig fragen, ob ich die richtigen Vorstellungen bei meinem Gegenüber erzeugt habe. Ich erwarte einfach, dass er sich etwas ähnliches vorstellt und sitze dadurch allzu häufig einem Trugbild auf. Und genauso ist es umgekehrt: die Vorstellungen, die der Andere durch sein Reden in mir evoziert, sind notwendig andere, als jener sie zur gleichen Zeit im Kopf hat.
Man kann, wie Luhmann dies mal so schön formulierte, im Konsens oder im Dissens sein, aber damit hat man weder die gleiche, noch eine andere Ansicht. Trugbilder funktionieren in beiden Richtungen. Konsens ist lediglich ein Indikator, dass man zu etwas anderem übergehen kann, während Dissens diesen Weg zu einem anderen Thema blockiert; dann bleibt nur noch die Gründung einer neuen Partei.

3. Funktion von Abstrakta

Es scheint mir hier aber noch einen dritten Weg zu geben und den nimmt die Kommunikation mit dem Umweg über die Abstrakta, jedenfalls über bestimmte Abstrakta.
Zunächst muss man dabei alle Abstrakta ausschließen, die ich in Anlehnung an die Sprechakttheorie performative Abstrakta nennen möchte. Damit sind all jene Definitionen gemeint, die eine Art vertraglichen Zustand einrichten. Wer heiratet, muss es hinnehmen, dass er eine Heiratsurkunde überreicht bekommt. Da führt kein Weg dran vorbei. Und wer jemanden einlädt, muss damit rechnen, dass dieser Mensch dann auch kommt. Türzuhalten gilt spätestens dann als grober Unfug.
Dem gegenüber sind die deskriptiven Abstrakta solche, die einen Streitwert in sich tragen. Wer Frieden will, muss mindestens sagen, wie er ihn sich vorstellt, falls es ihn dann gibt. Und wer den Feminismus durchsetzen möchte, muss davon eine Vorstellung geben, genauso wie derjenige, der ihn ablehnt.
Deskriptive Abstrakta tragen also einen doppelten Streitwert in sich: zum einen, wo die semantischen Grenzen eines Abstraktum liegen, was, im Wort, noch Feminismus ist, was nicht mehr; zum anderen, wo sich die Konkretion dieses Abstraktums aufstöbern lässt: Alice Schwarzer ist Feministin, aber ist auch Angelika Merkel eine? oder Eva Hermann? (Und natürlich ließe sich auch bestreiten, dass Alice Schwarzer eine Feministin ist.)
Diesen instabilen Zustand sollte man zunächst nicht beklagen. Mir scheint, dass er neben einigen Unannehmlichkeiten auch einige große Vorteile bringt.
Zunächst einmal absorbieren deskriptive Abstrakta Unsicherheiten mit der Sprache, indem sie erzwingen, bestimmte Wörter als sicher gegeben hinzunehmen. Wer sich über Frostschädefolgen streitet, streitet nicht über den Frost. Und wer sich um den richtigen Feminismus streitet, beklagt sich nicht über die Existenz von Frauen. Deskriptive Abstrakta machen gerade dadurch, dass sie Unsicherheiten und Streitwerte auch sich lenken, andere Teile der Sprache sicherer. Dann lassen sich die deskriptiven Abstrakta aber auch untereinander abstufen und versorgen so weite Teile der Bevölkerung mit einer einheitlicheren Unsicherheitsabstufung. Wer den Frieden gefährdet sieht, macht sich (vielleicht) nicht mehr so viel Gedanken um den Feminismus, und wer den Feminismus gefährdet sieht, macht sich (vielleicht) nicht mehr so viel Gedanken um den Ausgleich von Frostschädefolgen.
Mithin kanalisieren und ordnen deskriptive Abstrakta die momentanen Unsicherheitsvorlieben von Gruppen und Gesellschaften.

4. Zwei Probleme mit Abstrakta

Ein erstes Problem von Abstrakta - sieht man einmal davon ab, dass Unsicherheit immer auch ein Problem ist - dürfte sein, dass deskriptive und performative Abstrakta durcheinander geworfen werden. Wer heiratet, rechnet mit der Heiratsurkunde, aber nicht immer damit, dass ab nun tägliches Essenkochen angesagt ist. Und wer einen florierenden Betrieb kauft, rechnet nicht mit perfekt gefälschten Bilanzen und einem unausweichlichen Ruin. Dies dürfte dann auch so ziemlich alle Abstrakta heimsuchen: man ruft die Demokratie aus, aber niemand kann etwas damit anfangen; oder man deklariert sich selbst als demokratisch und gebietet deshalb dem anderen zu schweigen. - Man könnte hier dann so etwas wie eine ethische Regel für deskriptive Abstrakta aufstellen: man darf sie nicht als abgesichert verwenden.
Ein zweites Problem von Abstrakta besteht in ihrer Stellung zueinander. Man kann das im Konkreten immer wieder erleben: wird eine Diskussion zu "konkret" oder wird ein Abstraktum zu deutlich "unsicher", weichen manche Menschen auf andere Abstrakta aus. Das heißt, hier werden die Kanalisierungen von Unsicherheiten genutzt, um den Unsicherheitswert nicht zu plastisch werden zu lassen. "Das ist ein weites Feld!", sagt der Vater von Effi Briest und absorbiert damit eine Diskussion durch eine Metapher, die auf den Umgang mit Unsicherheiten in der Gesellschaft gemünzt ist. Hier verkorkt die Metapher buchstäblich das Erscheinen eines Symptoms. Und zeigt es dadurch natürlich dem aufmerksamen Leser: Was ist das weite Feld anderes als ein Feld, wo man sich ohne Richtschnur und Leitpunkt verläuft?

Die Rangfolge deskriptiver Abstrakta bleibt tatsächlich ein Kriegsschauplatz: steht der Friede zuerst und die funktionierende Wirtschaft danach, oder ist es zuerst die funktionierende Wirtschaft und dann der Friede? sind es die Zwänge des Arbeitsmarktes, die den Menschen zu höheren Leistungen antreiben, oder sind es die höheren Leistungen, die dem Arbeitsmarkt Zwänge auferlegen?
Doch auch hier scheint es so etwas wie eine ethische Regel zu geben. Zumindest in meiner Erfahrung können Menschen, die gerne auf andere Abstrakta ausweichen, kaum das Wagnis der Konkretion eingehen. Obwohl dies häufig genug gerade von solchen Menschen gefordert wird, scheinen sie einen Unwillen, ja eine Unfähigkeit zum Konkreten zu haben, und damit einhergehend ein geradezu schizophrenes Verhältnis von Theorie und Praxis. Dies mag sich auf das Verhältnis von Pflichtbewusstsein und Demokratie beziehen, oder auf das Verhältnis von Emotionalität und Abstraktion. Und wenn ich dies hier so lapidar in den Raum werfe, bleibt es natürlich unverständlich in diesem konkreten Fall, es sei denn, ich würde auf eine Geschichte zurückgreifen, in der ich erzähle, unter welchen Umständen zwei Abstrakta zusammengeworfen wurden. Allerdings habe ich hier eine so schöne Anekdote erlebt, dass ich sie nicht verschweigen möchte:
Während meines Studiums kam eines Tages eine Mitstudentin an, kopfschüttelnd, und meinte, sie habe an dem Morgen zusammen mit einem anderen Studenten ein Referat über die Rolle des Vaters in der Familie gehalten. Mit diesem Studenten war keine Zusammenarbeit möglich, also auch keine Absprache, außer, dass man sich die Sitzung teilen wollte. Der Student begann sein Referat mit den Worten: Nachdem das Patriarchat 1945 abgeschafft wurde ... - ein Flüstern unter den anwesenden Mitstudenten und eine irritierte Wortmeldung: Warum ist das Patriarchat denn 1945 abgeschafft worden? - woraufhin der Student fragte: Ja, bist du denn nicht für den Frieden?

Ebensolches kann man zum Beispiel auch immer wieder bei der Diskussion von sog. markttauglichen soft-skills sehen: es ist gar nicht so wichtig, dass ein Übergang von dem Abstraktum zu irgendwelchen Übungen geschaffen wird, solange sich nur das Abstraktum toll anhört und die Übungen einem das Gefühl geben, dass man etwas gemacht hat. Die vermittelnde Beziehung zwischen soft-skill und Übung fehlt und damit natürlich das ganze Theorie-Praxis-Verhältnis, das die soft-skills ja angeblich so gut verbinden.
Bei all diesen problematischen Erscheinungen fehlt vor allen Dingen eines: die Herleitung zwischen Konkretem und Abstraktem. Das heißt, die zweite ethische Regel müsste lauten: Bevor du zu einem nächsten Abstraktum übergehst, schalte die Herleitung zu/von einem konkreten Phänomen dazwischen.

Nicht als abgesichert wahrnehmen, aber die Herleitung wagen!, - vielleicht kann man sich mit einer solchen Doppelregel nochmal den Erkenntnismöglichkeiten und den Herstellungsbedingungen von Abstrakta annähern.

Parteiprogramme

1. Leitfunktion von Abstrakta

Parteiprogramme, um meinen einleitenden Satz zu wiederholen, sind ein Aufmarsch von Abstrakta.
Wir können uns jetzt an die Definition der Funktion von Parteiprogrammen wagen, nachdem wir einige Funktionen von Abstrakta geklärt haben.
Parteiprogramme orientieren sich an den Unsicherheiten, die eine Partei für konfliktwürdig hält und die sie als streitbar erachtet. So findet man im Parteiprogramm der Links-Partei das Wort deutsch im Zusammenhang mit dem Staatsgebiet und dem politischen Apparat, aber nicht mit einer Kultur (ob zurecht oder zu unrecht, könnte man sich natürlich streiten: Leser meines Blogs wissen, dass ich von dem Begriff der Kultur nicht allzuviel halte und deshalb natürlich auch den Begriff deutsche Kultur nicht sonderlich ernst nehme).
Dagegen liest man bei der NPD: "Die Vereinsamung der Menschen stoppen! In der Geborgenheit der nationalen Volksgemeinschaft wird es weniger Straftaten geben." Da Geborgenheit immer mit Gewohnheiten einhergeht, mit einer Leichtgängigkeit des Alltags, wird hier für eine Art Homogeneität eines "Volkes" plädiert, mithin mit einer nationalen Kultur. (Abgesehen davon, dass es eine bodenlose Blindheit gegenüber den geschichtlichen Realitäten nationaler Abschottung ist, dürfte es schwierig werden, 80 Millionen Menschen auf eine Wertegleichheit einzuschwören. Von dem Verlust an kreativem Potential mal ganz zu schweigen.)
Im Gegensatz zum Parteiprogramm der Links-Partei wird im Programm der NPD also das "kulturelle und völkische Deutschsein" als konfliktwürdig und streitbar gesehen.
Ohne hier weiter auf politische Diskussionen eingehen zu wollen, kann man für Parteiprogramme festhalten, dass sie zugleich eine Auswahl an Abstrakta vorstellen, auf die sich die politische Arbeit richten soll, als auch eine gewisse Abstufung und Untergliederung anbietet. Vergleicht man hier das Parteiprogramm der Linken mit dem Programm der NPD, können diese Untergliederungen nicht unterschiedlicher sein: die Linke bietet eine Zerstreuung, Verteilung und eine exzentrische Bewegung an, deren "Kernmythos" die Kapitalakkumulation und die Konzentration von Entscheidungsmacht ist, während die NPD eine Vereinheitlichung, Konzentration und "inzentrische" Bewegung proklamiert, deren "Kernmythos" die Einheit von Nationalvolk und Nationalkultur ist.

2. Kernmythen

Ich habe von Kernmythen gesprochen, vielleicht zu Unrecht. In den Kernmythen begegnet uns ein dritter Fall von Abstrakta: den präskriptiven Abstrakta, die etwas als gegeben setzen. Der Mythos ist, laut Adorno, ein Produkt der Verdinglichung und Naturalisierung. Die Geschichtlichkeit und Kulturbeschaffenheit wird abgeschnitten, vergessen, verdrängt oder überlagert.
Damit kommen wir zu dem Unterschied zwischen dem Parteiprogramm der Linken und der NPD: während die Kapitalakkumulation und Mächtekonzentration hier weiterhin ein gesellschaftlich erzeugtes, "un"-natürliches Faktum bleibt, sind Volk und Kultur bei der NPD quasi-naturalisiert. Schon die Präambel des NPD-Parteiprogramms widerspricht sich auf's Schärfste: was als geschichtliche Erfahrung hervorgehoben wird, dem muss nicht mal mit der Negativerfahrung des Dritten Reiches widersprochen werden. Wir können hier Goethes Italienreise als positive Lust am Fremden ebenso hervorheben, wie Mackes Tunesienbilder oder Friedrich II. bonmot, Deutsch spreche er nur mit seinen Pferden. Das Eindringen fremder Begriffe in die deutsche Sprache dient ja nicht nur dem differenzierten Ausdruck, sondern auch der Möglichkeit einer lebendigen Sprachkultur. Dabei finde ich übrigens noch sehr sympathisch, das Internet als Weltnetz zu bezeichnen, obwohl natürlich das Wort "Inter-" als Zwischen, eben als ein Netz zwischen den Menschen, es besser trifft, und Weltnetz zu sehr andeutet, es sei schon für alle Menschen gleichberechtigt zugänglich. Zudem kann man ein stagnierendes "Volkstum" nicht einfach beziehungslos dem Fortschritt der Wissenschaften gegenüberstellen und der sowohl freisetzenden als auch durchaus zersetzenden Wirkung der Aufklärung. Wer wollte schon vormittags die Teilchenbewegung von Atomen spektroskopisch aufzeichnen und abends zu einer Perchten-Tanzgruppe gehen? Da verlangt man dann wohl ein wenig zu viel "koordinierter Schizophrenie" von den Menschen.
Man kann also Parteiprogramme dahingehend bewerten, ob und wie sie mit proskriptiven Begriffen arbeiten, die sich aus historischen Bedingungen ableiten, oder die als naturhaft gelten. Man kann sich zwar über die Konsequenzen, die die Linke aus der Kapitalakkumulation ziehen möchte, streiten, aber man kann der Partei nicht vorwerfen, sie mache daraus eine quasi-natürliche Begebenheit. Das wäre auch völlig kontraproduktiv, denn dann müsste die Linke ihr ganzes Programm als ein Kampf gegen Windmühlenflügel ansehen und sich der DonQuichotterie zeihen. Dagegen verharrt die NPD in einem Begriffsmythos: das Volk war früher, das Volk soll wieder sein, die NPD ist Vorreiter und Hüter dieses Prozesses.

3. Semantische Regulierung

Trotzdem kann man Abstrakta, auch die des Volkes, nicht so einfach ablehnen. Zwei realistische Problemstellungen sind darin zumindest enthalten: die Frage, in welcher Weise ein Staat und die Bürger eine Einheit bilden, sei diese wie auch immer marginal; und die andere Frage ist natürlich, welche Zukunft man anstreben soll, wenn man nicht einfach auf Altbekanntes zurückgreifen möchte.
Diese Fragen möchte ich hier natürlich nicht lösen. Ich möchte hier eher das Augenmerk darauf lenken, dass Abstrakta Beiträge anziehen und diese, oft sehr konflikthaft, regulieren. Sie ordnen also Teilgebiete der historischen Semantik. Hier gilt es nicht nur, einen Interessenkonflikt zu entscheiden, sondern zunächst das grundlegende Problem zu verstehen. Und nur, weil bestimmte Abstrakta im Parteiprogramm der NPD auftauchen, heißt das noch lange nicht, dass die dahinterstehenden Probleme null und nichtig wären. Hier ist nur der Umgang mit den Abstrakta falsch. Bei der NPD sind Volkstum und Kultur Einheitsbegriffe. Man muss sie aber als Problembegriffe begreifen.
An solchen Stellen muss man sich dann auch mal - bei aller Parteilichkeit - auf den Beobachterstandpunkt zurückziehen und untersuchen, welche Beiträge ein deskriptives Abstraktum anzieht und wie die Ordnung dieser Beiträge aussieht. Man muss also feststellen, welche semantischen Regulierungen ein solcher Begriff erzeugt und ob diese Regulierung Lücken lässt, paranoide Grenzen, hysterische Ziele und zwanghafte Embleme herausbildet. Denn ein offener Krieg um das Ja oder Nein eines Abstraktums ist unfruchtbar und Ja wie Nein verdinglichen das Problem, wie übereifrige Zielsetzungen an dem Problem vorbeitaumeln und gebetsmühlenhaftes Wiederholen von Überzeugungen wenig Denk- und Merkwürdiges enthalten kann, also auch wenig Lösungspotential.
Parteiprogramme bilden einen Teil solcher semantischer Regulation. Ihr Verhältnis zu anderen Beiträgen zu bestimmten Themen ist vom Beobachterstandpunkt aus ebenso wichtig, wie die konkretisierenden Beispiele, die dazu gegeben werden und die praktische Umsetzung im Problembereich eines deskriptiven Abstraktums.

Abschluss

Da ich immer noch und immer wieder um (Teil-)Funktionen der Sprache kreise, ist dieser Beitrag selbstverständlich einer Suchbewegung verpflichtet, mithin etwas, was man so schön als problemorientiert bezeichnet.
Kernaussagen dieses Textes sind, dogmatisch zusammengefasst:
  • Abstrakte Begriffe lassen sich in performative, deskriptive und proskriptive Abstrakta unterscheiden.
  • Performative Abstrakta bezeichnen etwas Hergestelltes und meist auch "irgendwie" vertraglich, bzw. gesetzlich geregeltes.
  • Deskriptive Abstrakta beschreiben etwas nicht Wahrnehmbares. Sie bedürfen der Konkretion, um nachvollziehbar zu sein.
  • Die Funktion von deskriptiven Abstrakta besteht in der Kanalisierung und Konzentration von Unsicherheitsvorlieben und Streitwerten. Sie erschweren zudem den Übergang zu anderen Themen, gerade dadurch, dass sie Unsicherheiten und damit Konflikte anziehen.
  • Die Koordination deskriptiver Abstrakta dient der Ordnung von Unsicherheiten und damit der Ordnung von Diskussions- und Konfliktbedarf.
  • Proskriptive Abstrakta bilden Ausgangspunkte einer Diskussion oder eines Programms. In ihnen werden Unsicherheiten - im Gegensatz zu deskriptiven Abstrakta - absorbiert, verdrängt oder ausgelagert.
  • Werden proskriptive Abstrakta als naturhaft behandelt, bilden sie Bestandteile von Mythen.
  • Abstrakta regulieren konflikhaft Semantiken. Diese Regulation gilt es zu erfassen und zu überprüfen.
Als weitere Untersuchung empfiehlt sich hier, diese Thesen konkreter auf Parteiprogramme und auf die politische Praxis zu beziehen. Denn wie ich hier an anderen Beispielen gezeigt habe, muss man natürlich auch meine eingeführten Begriffe als Problembegriffe führen, das heißt, sie immer wieder auf Konkretes zurückwenden. - Und selbstverständlich bin ich kein Politologe. Mit der Gefahr, mich hier also fürchterlich blamiert zu haben ...

19.06.2008

Hyperaktivität; oder: Fragestellungen entschleunigen

Gerade lese ich - in Das World Café -, dass ein großes Problem jeder Lösungsorientierung ist, dass man zu schnell in Aktivität verfällt.
Ich habe dies selbst erlebt: von der Schulbehörde aus wurde eine Projektwoche zur politischen Bildung ausgerufen. Politische Bildung ist, so steht es im Berliner Schulgesetz, oberstes Ziel der Schulbildung. Nun wurde eine Konferenz abgehalten, wer was macht. Ich selbst hatte mich zwar längere Zeit mit politischer Bildung beschäftigt, aber genau genommen konnte ich nicht sagen, was das nun sein soll. Viel schlimmer: dadurch, dass mir nicht ganz klar war, was politische Bildung ist, fehlte mir eine Möglichkeit, dies zu operationalisieren. Viele Lehrer haben auf das zurückgegriffen, was - scheinbar - am naheliegendsten ist: politische Bildung ist, wenn man über Politik ein Projekt macht, sei es, dass man ins jüdische Museum geht, sei es, dass man noch einmal die Bundestagswahlen behandelt.
Aber politische Bildung muss ja mehr sein: Teilnahme an einem demokratischen Leben, zu dem der klassische Schulunterricht durchaus nicht gehört.
Jedenfalls hatte ich keine Ahnung, was sich die Kollegen unter politischer Bildung vorstellten. Verhandelt wurde es jedenfalls nicht. Es wurde auch nicht mit den Schülern verhandelt. Ihre Teilnahme an diesem Mikroprozess war das Mitmachen(-müssen).
Wie dem auch sei: die Aktivität war eher eine Hyperaktivität. Jeder geplante Unterricht muss sich auf geklärte Begriffe stützen, bzw. die Klärung von Begriffen in Szene setzen (wenn der Lehrer denn so mutig ist zu sagen, dass er selbst einen Begriff nicht so genau kennt und die Hilfe der Schüler benötigt, um hier auf seinem persönlichen Weg ein Stück weiter zu kommen).
Eine weitere Ursache dieser Hyperaktivität dürfte sein, dass man viele Planungsfragen in Problemkonstellationen erfasst, zum Beispiel, dass die Schüler nicht genügend politisch gebildet sind. Womöglich stecken dann auch noch Katastrophenszenarien dahinter, wie gerade passierte rechtsradikale Übergriffe oder ähnliches.
Begriffe sind aber nunmal erst sozial, wenn sie sozial verhandelt worden sind, das heißt, wenn sie in einer größeren Gruppe noch einmal neu gestaltet und ausformuliert worden sind. Diese Arbeit an der Begriffsbildung verlangt ein gehöriges Maß der Fähigkeit, sich zurücknehmen zu können und sich, selbst wenn man meint, man weiß schon etwas, neugierig und offen gegenüber den Gesprächsteilnehmern zu verhalten. Man braucht hier vor allem die Bereitschaft zu lernen und eine ethische Disposition: die, dass jeder Mensch einen neuen Aspekt, eine weitere sinnvolle Perspektive zu einem Thema beitragen kann, sei es durch Klärung, sei es durch Zusammenfassung, sei es durch Übertragung und Transfer, oder eben -: Abweichung (ein kreativer Aspekt, bei dem man auch Sackgassen respektieren und schätzen sollte).
Das englische Wort "question" stammt von der Wurzel "quest"=Suche ab. Fragen heißt, etwas suchen (und ich mag hier jetzt keine neunmalklugen Antworten hören: ja, suchen, ob der Schüler weiß, was man ihm beigebracht hat).
Das World Café ist ein solches Forum. Hier werden Fragen offen und, das war das Neue für mich, ohne Problemhintergrund formuliert: es geht nicht darum, etwas besser zu machen, sondern nur darum, etwas auch mal anders zu machen. Der aktuelle Zustand wird nicht diskriminiert. Hintergrund dieser Entproblematisierung ist, dass die Frage damit nicht unter Zeitdruck, auch nicht unter einer Lösungsorientierung steht. Beides verhindert - wenn auch nicht immer - kreative Umwälzungen, in denen eine Idee plötzlich in eine ganz andere Richtung davonschießt. Und dadurch vielleicht einen Weg öffnet, der bisher so noch nicht gesehen wurde.

Brown, Juanita/Isaacs, David: Das World Café. Kreative Zukunftsgestaltung in Organisation und Gesellschaft, Heidelberg 2007

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Was meinen neuen Nachbarn noch blüht

Ich habe neue Nachbarn - Rena und Sabine. Die haben unsere Alice noch nicht kennen gelernt.
Alice geht so:
Es klingelt. Ich öffne. Steht ein schnieker Typ vor der Tür und sagt: "Ey Sie!" - Frage ich: "Wer? Ich?" (so blöd kann ein Automatismus sein) - beugt er sich vor und flüstert geheimnisvoll: "Genau! Ich bin von Alice." - Ich: "Alice?" - Er, wieder geheimnisvoll: "Genau!"
In diesem Moment ist mir das zu blöde geworden. Ich schau ihn von oben bis unten an, frage ihn: "Aus welchem Kindergarten sind Sie denn ausgebrochen?" und schlage ihm die Tür vor der Nase zu.
Tja, living next door to Alice. Aber pscht!

Schreibfimmel

Nun also der Schreibfimmel:
Schon letzte Woche hatte ich mir Bücher von Joyce Carol Oates geholt, war aber noch nicht zum Lesen gekommen, weil ich noch Rezensionen für media-mania zu schreiben hatte. Seit vorgestern verschlinge ich ihre Bücher geradezu, allen voran erstmal ihre Kurzgeschichtensammlung Rendezvous (das es nicht bei amazon gibt!).
Jedenfalls haben mich diese Kürzestgeschichten sehr angeregt. Neben Skizzen zum Erzählstil von Oates entstehen kleine Prosastücke. Doch insgesamt bin ich wie manisch am schreiben: meist Kommentare zu Büchern, die in meinen Zettelkasten wandern. Wenn ich gerade auf ein Thema keine Lust mehr habe, springe ich einfach zum nächsten.

Einige Notizen zu Joyce Carol Oates:
Latenz der These
Jede Geschichte habe - so die Empfehlung der american creative writers - eine These, etwas, was die Geschichte ausdrücken will. → bei Oates: Latenz der These. Latenz heißt: in den Strukturen vorhanden, nicht aber direkt gesagt. Nähe zur Hypotypose: rhetorische Figur, die etwas sichtbar macht. → Idealfall des Schreibens: etwas Intelligibles wird durch eine konkrete Geschichte ausgedrückt.

Welche Mittel?
1. Anhäufung kleiner Abweichungen: »Er kommt zur falschen Zeit nach Hause, …« (Beginn von Langsam); → dieses „Etwas ist anders“, Ankündigung einer Abweichung: Nährboden jeder Geschichte. (Typologie der Schriftsteller nach der Art, ob sie eine kleine oder eine große Abweichung für ihre Geschichte brauchen.)
2. ein selbstverständlicher oder nichtssagender Satz an exponierter Stelle: »Na ja, sagt sie, man tut, was man kann.« (steht hier am Ende von Das Maultier); → Deflation des Höhepunktes: entspricht der kleinen Abweichung: der Höhepunkt ist kein Umsturz, kein „Alles ist anders“, sondern nur ein „Etwas ist anders“ → Tragik: das Etwas wird nur von wenigen gesehen, es ist eine statische Tragik (Ende von Der Unfall: »Und er griff voller Dankbarkeit nach ihrer Hand und hielt sie fest und flüsterte, ja, so ein Pech, und dachte an den Schrecken, den er ihr eingejagt hatte, ihr und dem Kind, die doch an ihn glaubten, und dachte an seine Sachen, blutbefleckt und wahrscheinlich nicht mehr zu gebrauchen, und die lange Nacht, die langen Nächte, die vor ihnen lagen.« → erst der letzte Halbsatz macht die abschließende Resignation deutlich).
3. statt ein Ende zu erzählen, wird mit einem Abstraktum angedeutet, und auch hier meist eine kleine strukturelle Änderung: »und in diesem Moment weiß sie es wird einen Riss geben mitten durch ihrer beider Leben obwohl sie, langsam auf ihn zugehend, nicht weiß wie oder warum.« (Ende von Langsam)
4. ein abschließender, meist diminuativer Affekt: »Sie sieht voraus, dass man sich ein Kind zulegen wird. Es ist an der Zeit.« (Ende von Die Zecke); »Und sie sprachen nie wieder davon.« (Ende von Leichte Grippe); »Und nie mehr stritten sie miteinander.« (Ende von Der Streit)
5. die Delikatesse (Zartgefühl → Barthes: „Genuss des Analysierens, einer verbalen Operation, die das Erwartete unterläuft“ (Das Neutrum, S. 68)): hier: die Welt „interpretiert“ „sich selbst“ woanders hin → die Wendungen sind nicht groß, sondern delikat; d.h. auch wenn zwischendurch ein „großes Ereignis“ stattfindet, wandern die Folgen ganz woanders hin, so in der storie Scharfschützen, die mit einer Anmache beginnt, und in der schließlich die Frau ihre Faszination für das Schießen entdeckt

Wichtig: die These wird in ihre Bestandteile aufgelöst und diese in die Geschichte eingebaut. Welche Bestandteile? gewöhnliche Gegenstände, Metaphern, Handlungen, kleine Erzählungen (in der Erzählung), usw. → dies wäre genauer zu untersuchen; natürlich ist auch der umgedrehte Fall denkbar: die Geschichte evoziert die These. → Bester Weg, dies herauszufinden: selbst schreiben.

alle Erzählungen aus Rendezvous

18.06.2008

Kreativität

Der Schreibfimmel hat mich gepackt (aber dazu gleich mehr). Letzte Woche habe ich mir einen grippalen Effekt zugezogen, jetzt, nachdem ich nicht mehr fiebernd im Bett liegen musste, wieder mehr am Schreibtisch gearbeitet. Neben zahlreichen anderen Sachen sammele ich Material zu soft-skills (für Sebastian). Schon das Wort ist scheußlich genug. In einer sehr alten Glosse hatte ich bereits gegen die Verwendung des Wortes "Kreativität" polemisiert. Dieses wurde und wird besonders gerne dann gebraucht, wenn man eigentlich nicht den Pups eines Gedanken auf ein Werk verschwenden will: es legitimiert also lediglich die Faulheit. Jetzt habe ich bei Dirk Baecker in Nie wieder Vernunft eine ähnlich schöne Polemik gelesen. Folglich habe ich mich daran gesetzt und hier einiges zur Kreativität zusammengeschrieben.
Wie immer zitiere ich in Siglen, die ich am Schluss angebe. Der gedrängte Schreibstil mit den Kürzeln stammt natürlich von Roland Barthes her (ich liebe ihn!).

Kreativität

Machtwort = unterstreicht Forderungen: die Rhetorik der Kreativität fordert diese vor allem von anderen (NwV, 62);
Blockierung: Kreativität ist mit dem Guten, Humanen an sich assoziiert = wertvoll an sich; ≠ Technik (= kühl, distanziert, rational, menschenfeindlich); → Kreativität kann und darf nicht diskutiert, sondern nur bejaht werden (Faschismus heißt, so Barthes, jemanden auf eine bestimmte Art und Weise sprechen machen);
Definitionsmacht: die unklare Bedeutung von Kreativität lässt seine Benutzung entlang typischer Machtverhältnisse aufsteigen.

Typologie der Verwirrung

Nehmen wir zunächst ein typisches Kreativitätsbuch, Julia Camerons Der Weg des Künstlers. Kreativität ist dort:
  • eine Kraft: etwas Wirkendes, das blockiert werden kann;
  • eine Existenzweise: seine kreative Seite ausleben, außerhalb seines Berufes als Künstler arbeiten;
  • ein Maßstab: ist vergleichbar, steigerbar, mithin quantitativ;
  • ein Stoff: man kann an seiner Kreativität arbeiten;
  • ein Phänomen: sie kann zum Vorschein kommen.

Kreativität ≠ Werk

Adorno → Trennung von Subjekt und Individuum (sujet d’énonciation und sujet d’énoncé): das Werk ist nicht die Charaktermaske des Subjekts (ÄT, 253f.).
Der Geniebegriff bringt Subjekt und Individuum zusammen: der Einzelne sei zum „Authentischen“ fähig → Individualisierung sei nur noch in der Verantwortung des Einzelnen und damit psychologisch (trotzdem soll etwas Soziales, Gesellschaftliches dabei herauskommen).
Der Geniebegriff löst den »Stepppunkt« (LzE, 72ff.) auf: der Stepppunkt ist jener Ort der Rede, an dem dem Signifikanten des Anderen das eigene Signifikat unterstellt wird. Mithin wird das Zeichen nicht nur zweigeteilt, sondern es kommt von zwei unterschiedlichen Orten her: als Lautzeichen vom Anderen, der spricht, als Vorstellungsbild vom Ich. Gleitet so das Ich in die Rede des Anderen hinein, kann es sich diesen aneignen und als Identität besetzen. Oder es setzt sich, seine Vorstellung, als konstituiert durch den Anderen und erfährt sich als dieses Flottieren des Sinns, das der Andere durch sein Sprechen auslöst.
(Vgl. dazu Nietzsche: »Was ist denn der Nächste! – Was begreifen wir denn von unserem Nächsten, als seine Grenzen, ich meine, Das, womit er sich auf und an uns gleichsam einzeichnet und ein­drückt? Wir begreifen Nichts von ihm, als die Veränderungen an uns, deren Ursache er ist, - unser Wissen von ihm gleicht einem hohlen geformten Raume. Wir legen ihm die Empfindungen bei, die seine Handlungen in uns her­vorrufen, und geben ihm so eine falsche umgekehrte Positivi­tät. Wir bilden ihn nach unserer Kenntnis von uns, zu einem Satelliten unseres eigenen Systems: und wenn er uns leuchtet oder sich verfinstert, und wir von Beidem die letzte Ursache sind, - so glauben wir doch das Gegenteil! Welt der Phan­tome, in der wir leben! Verkehrte, umgestülpte, leere, und doch voll und gerade geträumte Welt!« Morgenröthe, §118)
Geniebegriff: der Andere, das Genie, wird gezwungen, seine Vorstellungen nicht woanders zu suchen, woanders zu sehen → Signifikant = Signifikat; das heißt, hier wirkt ein umgedrehter Narzissmus: man eignet sich das Genie gerade dadurch an, weil man sich nicht mit ihm identifizieren kann. → Möglicherweise Ursache dafür, dass Genie und Wahnsinn so dicht beieinander liegen: wer sich nicht auf die Gedankenwelt des „Genies“ einlassen möchte, treibt ihn damit in den Wahnsinn = ins Abseits.

Also: Subjekt = der mir seine Signifikanten schenkt ≠ Individuum = dem ich meinen Sinn unterstelle. Das Werk: reiner Signifikant. Ethische Übung: Ich lese mich am Leitfaden des Werkes.

Das Zufällige

»Im Gegensatz zur Epigenese und zur Tautologie, auf denen die Welten der Reproduktion beruhen, steht der gesamte Bereich der Kreativität, der Kunst, des Lernens und der Evolution, in dem die andauernden Prozesse der Veränderung sich vom Zufälligen nähren. Das Wesen der Epigenese ist voraussagbare Wiederholung; das Wesen des Lernens und der Evolution ist Erkundung und Veränderung.« (GuN, 64)
Kreative Prozesse sind divergent → nicht vorhersagbar → sie öffnen Differenzen (≠ Negation). Bateson zeigt sehr schön, dass die Idealisierung der Laborbedingungen bei einem Experiment umso mehr zur Divergenz führt. Man kann eine ähnliche Erfahrung machen, wenn man bei einer Untersuchung auf einem idealisierten Modell beharrt (wie ich zum Beispiel für die idealtypische Szene schon angedeutet habe): je mehr man versucht, den Idealtypus zu identifizieren, umso mehr erscheinen die Abweichungen. → In Bezug auf den kreativen Charakter: der Mensch, der seinem Idealtyp „aufsitzt“ (vgl. Lacans Spiegelstadium): der Idealtyp gleicht der blankpolierten Glasscheibe, der man durch einen genau fixierten Steinwurf ein ideales Netz beifügen will, stattdessen aber einen zufälligen, nicht vorhersehbaren Riss erzeugt (GuN, 54ff.).
→ Ethik des kreativen Charakters: Sitze deinem Idealtyp auf!

Spiegelstadium: das Kind empfängt vor dem Spiegel sein ganzheitliches Bild, sein (späteres) Ich-Ideal. Herkunft des Ich-Ideals bleibt aber der Blick eines Dritten, der „Mutter“ (EI, 89ff.). „Funktion“ der „Mutter“: den Menschen für den Zufall, das heißt hier: für die Erfindung, für die Kreativität empfänglich machen. (Phantasma: Wer ein ideales Werk macht, wird empfänglich für die Blicke der Anderen.)

Noch einmal Nietzsche Morgenröthe:
»363. Menschen des Zufalls. - Das Wesentliche an jeder Erfindung tut der Zufall, aber den meisten Menschen begegnet dieser Zufall nicht.«
Zufallslosigkeit = Abwesenheit des Ideals

Rückkopplungen

»Der Verpflichtung auf selbstgenerative Prinzipien der Kreativität, der Spontaneität und des Selbstbezugs folgt die Verpflichtung, diese Prinzipien ihrerseits selbstgenerativ regulieren, eindämmen und kontrollieren zu können. Unter welchem Titel man das selbstgenerative Prinzip auch immer fassen will: Menschen, Systeme oder Bewusstseine laufen als Konsequenz dieser Verpflichtung in einem strengen Sinne als kybernetische Apparate ab. Sie prozessieren in autopoietischer Rückkopplung, gelöst von fixen Außenreferenzen und nach Maßgabe einer gesteigerten, weil verzeitlichten Komplexität.« (IdM, 219)
Kommentar dazu:
1.) Luhmann unterscheidet zwischen deduktiven und kybernetischen Methoden (WdG, 418f.). a) deduktive Methode: geht von gesicherten Erkenntnissen aus, und erschließt von dort aus neue Erkenntnisse; b) kybernetische Methode: Vor- und Rückgriffe → Oszillation.
»Die deduktive sieht die Methode als Entfaltung von gegebenen Sicherheiten, die kybernetische sieht die Methode als ständiges Praktizieren von Vorgriffen und Rückgriffen. Beide Verfahren sind rekursiv insofern, als sie es erfordern, dass man an Resultate anschließt. Aber der Anschluss ist verschieden geregelt. Bei deduktiven Methoden beruht er auf einer Sicherheitsprüfung, bei kybernetischen Methoden beruht er auf mehr oder weniger gewagten Annahmen mit Kontrollvorbehalten.« (WdG, 418f.)
→ Kreativität: kybernetische Methode = Vor-/Rückgriffe + gewagte Annahmen/Kontrollvorbehalte

2.) Selbstgenerative Regulierung, dazu Benjamin (Einbahnstraße):
»Lebendig nährt den Willen nur das vorgestellte Bild. Am bloßen Wort dagegen kann er sich zu höchst entzünden, um dann brandig fortzuschwelen. Kein heiler Wille ohne die genaue bildliche Vorstellung. Keine Vorstellung ohne Innervation. Nun ist der Atem deren allerfeinste Regulierung. Der Laut der Formeln ist ein Kanon dieser Atmung. Daher die Praxis der über den heiligen Silben atmend meditierenden Yoga. Daher ihre Allmacht.«
→ Noch einmal Oszillation; zudem das vorgestellte Bild = eidolon = Ideal → Innervation: eine mimetische Annäherung, deshalb: kreative Techniken = mimetische Techniken (aber: ≠ Kreativität?).
Atmen = aktive Oralität (den Luftstrom abbeißen) + aktive Analität (den Luftstrom ausspucken) → Freude am Einverleiben und am Hinwerfen/Skizzieren.

3.) Das Ablösen fixer Außendifferenzen: Signifikant ≠ Signifikat (man merkt, alles kehrt hier wieder) → zudem: Die Zeichen denotieren nicht, sie konnotieren, d.h. ich lese sie als Anspielung/Poesie, nicht als Abbild der Realität/Wissenschaft. Ebenso bringe ich keine Abbilder hervor. Ich spiele die Realität an. Ich beatme sie. (Demiurgischer Mythos: einem toten Stück Fleisch Leben einhauchen. Zugleich Tragik: Ursünde = Abwesenheit Gottes vom Menschen → Gott als Garant für die Einheit von Signifikant und Signifikat.)

4.) Verzeitlichte Komplexität: diese ist – nach der Systemtheorie – auf Störungen angewiesen, und auf Operationalität. Das System baut Störungen in seine Struktur ein und verändert dadurch nach und nach seine Art und Weise des Operierens. Ich habe in irgendeiner Horrorgeschichte von einer Art Golem gelesen, der sich nach und nach die Menschen einverleibte und sich dadurch ständig entwickelte. Das System verleibt sich störende Ereignisse ein. Störung = mit einem gewissen Neuheitswert versehen, wobei der Neuheitswert relational zum System ist. Was das System schon kennt, kann es nicht stören. Deshalb: Systeme erleiden Störungen nicht, sie suchen diese sogar aktiv auf. → Lebenden Systemen ist also eine gewisse Kreativität immanent. → verzeitlichte Komplexität = immanente Kreativität (= (wie Luhmann schreibt) die différance Derridas)

Rückkopplung also viererlei:
1. Rückgriffe auf bisher geleistetes: neuerliches Überprüfen;
2. einverleiben: mimetische Aktivität + skizzieren: Überprüfen auf mimetischen Erfolg;
3. anspielen, konnotieren;
4. Störungen aufsuchen und einbauen.

Bernhard Waldenfels

Bedingungen von Kreativität:

1. Kontingenz von Ordnung: Ordnung lässt sich nur überschreiten, wenn auch andere Ordnungen möglich sind (zugleich politischer wie ästhetischer Aspekt) (GdN, 92f.);
2. Neues und Wiederholung sind keine Alternativen, sondern Pole, zwischen denen vielfältige Mischungen möglich sind (structural drift → Verschiebung der Strukturen) (GdN, 93);
3. geht von einer gegebenen Position aus (Geschichte/Gedächtnis), erschafft eine neue Position (Evolution/Operation) (GdN, 93);
4. Anonymität: „Es entsteht etwas Neues!“ wie: „Es regnet!“ → Kreativität ist immer mit der Veränderung des Subjekts verbunden → „Man steigt niemals in denselben Fluss.“, nicht nur, weil sich der Fluss verändert, sondern weil sich auch das Man verändert (GdN, 93).

Woher der Kreativität:

1. Form der Problemlösung: Kreativität als „Antwort“ auf eine Mangelsituation (GdN, 94);
2. Form des Daseins: essentielle oder ontologische Kreativität (z.B. bei Bergson, Whitehead) (GdN, 94f.);
3. als Responsivität (Antwortlichkeit): Wechselbedingung von Herausforderung (provocare) und Erwiderung, also ein dialogischer Moment → die Kreativität beginnt „anderswo“, an einem Ort, der für sie nicht ist, also u-topos (DfG, 196f.; GdN, 95ff.).
  • NwV = Baecker, Dirk: Nie wieder Vernunft, Heidelberg 2008.
  • ÄT = Adorno, Theodor W.: Ästhetische Theorie, Frankfurt am Main 1998.
  • GuN = Bateson, Gregory: Geist und Natur, Frankfurt am Main 1982.
  • LzE = Pagel, Gerda: Lacan zur Einführung, Hamburg1991.
  • EI = Lacan, Jacques: Écrits I, Paris 1966.
  • IdM = Rieger, Stefan: Die Individualität der Medien, Frankfurt am Main 2001.
  • WdG = Luhmann, Niklas: Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main 1992.
  • DfG = Waldenfels, Bernhard: Deutsch-französische Gedankengänge, Frankfurt am Main 1995.
  • GdN = Waldenfels, Bernhard: Grenzen der Normalisierung, Frankfurt am Main 1998.
  • Nietzsche, Friedrich: Morgenröthe, in: ders. Kritische Studienausgabe, Band 3.
  • Benjamin, Walter: Einbahnstraße, in: Gesammelte Schriften, Band IV.1

11.06.2008

Die freie Hand - Kulturrevue

In der Kollage - Yorckstr. 22, Berlin - findet einmal im Monat Die freie Hand statt, eine Kulturrevue. Diesen Freitag, den 13. Juni auch, ab 20 Uhr. Einen leider sehr dumpfen Vorgeschmack findet ihr auf HIER. Von der freien Hand gibt es auch eine Plattform für digitales Schreiben.

05.06.2008

Neckermann lügt

Schon seit Tagen wollte ich mir eine kurze Hose und zwei Jeans kaufen, habe aber noch keine Zeit dafür gefunden. Jetzt habe ich in einer dieser Junk-Mails eine Nachricht von Neckermann gefunden. Also dachte ich mir: wenn ich schon keine Zeit habe, dann vielleicht tatsächlich über Neckermann. Also bin ich flugs in die Herrenkollektion und habe mir dort Hosen angesehen. Ich bin auch fündig geworden. Als ich mir dann die Hose genauer ansehen wollte, ploppte ein Fensterchen auf, in dem man die Hose und einen netten, jungen, durchtrainierten Herren mit blankem Oberkörper bewundern kann. Und was fand ich beim Durchklicken der verschiedenen Buttons? - Einen, wo man alle Teile der Kollektion entfernen kann. Wow, dachte ich, und habe natürlich den Mauszeiger gedrückt. Und sofort stand der Kerl nur noch in Unterhose da. Ein zweiter Klick und - nichts. Immer noch die Unterhose an. Bietet Neckermann nun Unterhosen an, oder nicht? Übrigens ereilte mich in der Damenkollektion dasselbe Desaster. Jetzt muss ich mir doch noch mal einen Tag überlegen, ob ich bei Neckermann bestellen möchte. Wer weiß? Vielleicht kann ich, wenn ich diese Hose anziehe, nachher nicht mehr meine Unterhose entfernen und muss sie für den Rest meines Lebens anbehalten? Bisher bin ich eigentlich mit dem gelegentlichen Wechseln ganz gut gefahren.

Cedric: Der misslungene Zauber

Cedric sollte gestern als Hausaufgabe eine Geschichte schreiben. Das Setting war vorgegeben: Melusine im Gespensterschloss. Melusine, eine junge Hexe, ist Haushälterin in einem Schloss, das von einem Gespensterehepaar bewohnt wird. Dabei erlebt sie allerhand Abenteuer. Mit Cedrics Erlaubnis stelle ich hier nun seine Geschichte vor. Einmal, weil ich natürlich ganz persönlich auf sie stolz bin, zum anderen, weil sie einen sehr guten Erzählstil erkennen lässt.
Der misslungene Zauber
In einem großen Schloss im höchsten Turm pflegte die Hexe Melusine gerade die Narzissen des Gespensterehepaares, das sie als Haushälterin angestellt hatte, als Melusine plötzlich einen riesigen Heißhunger bekam. Melusine dachte: „Oh Mann! Ich habe so einen Hunger, aber die Küche ist meilenweit entfernt. Wie ging noch mal der Aufrufezauber? Ach ja!“
Sie lehnte sich in einen Sessel und wollte gleichzeitig „Accio“ sagen, doch es gelang ihr nicht. Denn als sie sich in den Sessel setzte, kam ihr eine ganze Menge Staub in den Mund, als sie „Acc…“ gesagt hatte und sie musste husten. Offenbar hatte Melusine durch die Mischung der Laute einen neuen Zauber entdeckt, denn das was sich hier bildete, war ganz sicher nicht der Aufrufezauber. Es sah fantastisch aus. Strahlen in allen Farben flogen durch’s ganze Zimmer und flirrten über Melusines Zauberhut. Ganz plötzlich fügten sie sich zusammen, bis es nur noch vier Strahlen gab. Einer flog in eine Gießkanne, ein anderer in die Narzissen, ein flirrender, unförmiger Strahl sauste in eine Fackel und der letzte blieb einfach stehen und verpuffte zu einer Rauchwolke.
Zwei Sekunden später passierte etwas Unglaubliches. Aus dem Narzissenbeet stampfte eine über zwei Meter große Gestalt, die aus Stein und Erde gemacht zu sein schien. Aus der Fackel kam ein Geschöpf heraus, das eben so groß, doch aus loderndem Feuer war. Von der Gießkanne aus sprang eine riesige Welle, die einen Wandteppich verschluckte. Und über Melusine war nun ein kleiner Miniaturtornado zu sehen.
„Elementargeister“, schoss es Melusine durch den Kopf. „Dieser Zauber muss sie gerufen haben.“
„Wer hat mich gerufen?“, schreit die Welle und Melusine fällt auf, dass sie ein Gesicht hat. „Ihr!“, ruft die Welle. „ich habe gesagt, dass ihr euch von mir fernhalten sollt.“
„Wir wollen auch nicht hier sein.“, rief der Felsenmann. Er hatte eine tiefe, widerhallende Stimme. „Jemand hat uns gerufen.“
„Du!“, zischt die Flamme. „Ich werde dich zermalmen.“
Und nun schweben, fließen und stampfen die Geister auf Melusine zu und die sieht gar nicht glücklich aus. Voller Panik rennt sie davon, doch die Gestalten versperren ihr den Weg. Melusine rannte dennoch weiter und irgendwie schafft sie es, doch ihr rechter Arm ist gebrochen, ihr Kleid pitschnass und ihr Zauberhut ging in Flammen auf. Sie stürmte aus dem Zimmer und die Treppe hinunter. Minuten später kam sie im Wohnzimmer an.
Dort fand sie die Gespensterdame, bei der sie angestellt war.
„Helfen Sie mir! Dort sind solche Elementartypen. Die zerstören alles.“
Die Gespensterdame nahm eine große Kiste und schwebte mit Melusine heraus. Die Elementargeister waren nur einige Meter entfernt. Die Gespensterdame öffnete die Kiste. Die Geister wurden aufgesogen und die Gespensterdame verschloss schnell den Deckel.
„Wow! Was war das denn?“, staunte Melusine.
„Diese Truhe saugt alle Lebewesen auf und ist gleichzeitig ein Portal in einer anderen Dimension.“, antwortete die Geisterdame.
Das war erstaunlich, doch Melusine war so müde, dass sie nur noch ins Bett wollte.

Aktive Verben. - Zunächst fällt auf, dass Cedric viele aktive Verben benutzt: pflegen, denken, sich zurücklehnen, sagen, setzen, husten, usw. Das ist eine der Stilmittel, die für ein plastisches Erzählen sehr wichtig ist.
Adjektive. - Er spart mit Adjektiven: diese setzt er nur ein, wenn etwas besonders ausdrücklich charakterisiert werden soll. Auch das ist ein wichtiges Stilprinzip des Erzählens. Roland Barthes nannte Wahlveranstaltungen ein Festival der Adjektive. Was bei Wahlveranstaltungen kritisch ist, ist es ebenso beim Erzählen. Eine kluge Auswahl auch auf der Satzebene des Erzählens bleibt das A und O einer ökonomischen Literatur.
Ankündigungen. - Im Geschichtsverlauf gibt es einige gut platzierte Ankündigungen. "... denn was sich hier bildete, war nicht der Aufrufezauber."
Ankündigung von etwas Neuem, als das Erwartete misslingt. "Zwei Sekunden später passierte etwas Unglaubliches." Ankündigung durch eine emotionale Wertung ohne sachlichen Inhalt. Einen ähnlichen Satz findet man zum Beispiel zu Beginn des IV. Bandes von Harry Potter: "Ein halbes Jahrhundert zuvor war hier etwas Merkwürdiges, etwas Entsetzliches geschehen, über das die Älteren im Dorf immer noch zu munkeln pflegten, wenn es sonst wenig zu klatschen und zu tratschen gab." - Nun möchte ich Cedrics Erzählweise nicht (noch nicht) mit Joan Rowling vergleichen, aber das Werkzeug ist das gleiche.
Dialog. - Die Dialoge sind nicht so glücklich gewählt. Hier kommt deutlich eine Alltagssprache zum Einsatz, die zwar richtig und sinnvoll ist, aber die Auswahl dieser Alltagssprache muss in Dialogen scharf getroffen werden, wenn diese nicht in die Banalität abgleiten sollen. Das ist nun allerdings eine Kunst, die selbst viele Erwachsenen überfordert. Und auch wenn ich dann kritisch auf diese Dialoge hinweise, sind sie für einen elfjährigen Jungen schon recht gekonnt.
Wendungen vorbereiten. - Jede Geschichte schafft mit Andeutungen und scheinbaren Entspannungen vor einer entscheidenden Wende zugleich einen verzögernden, dadurch aber auch vorwärtsdrängenden Abschnitt. Beim Erscheinen der Elementargeister nutzt Cedric dieses Mittel: die Geister werden beschrieben, und zwar so beschrieben, dass diese zugleich aktiv handeln (aktives Handeln = gute Beschreibung); und trotzdem dreht sich hier die Erzählung noch nicht zu einer action. Die Beschreibung verzögert also den Moment, in dem die Geister angreifen. Trotzdem bereitet Cedric mit diesem Kniff auch den Angriff vor. - Andere Stellen bringen diese aktive Beschreibung nicht oder zu knapp ins Spiel: die Wirkung des falsch ausgesprochenen Zaubers hätte einen halben oder ganzen Satz mehr einbringen dürfen. Völlig fehlt diese Wendung aber bei der entscheidenden ersten Konfrontation: Melusine gelingt die Flucht, jedoch erfahren wir nicht, wie. Cedric zieht sich hier auf das Wort "irgendwie" zurück.
Das ist eine typische Wendung, die zugleich schon auf den Leser Rücksicht nimmt und noch einem sehr ungeplanten Erzählmuster gehorcht. Ungeplant ist das Erzählmuster, weil gerade solche Stellen intensiv vorbereitet sein müssen, um den dramatischen Verlauf der Flucht für den Leser nachvollziehbar zu machen. Rücksichtsvoll ist die Stelle, weil sie dem Leser eine "Begründung" anbietet: irgendwie, in diesem Fall.
Gott aus der Maschine. - Die Lösung der Geschichte wird nicht vorbereitet. Statt dessen wird aus der Umwelt Melusines eine Lösung entnommen und umgesetzt: die Kiste verschluckt die Geister. Solche Lösungen nennt man Götter aus der Maschine. Maschine nennt man die Hinterbühne eines Theaters. In griechischen Tragödien traten zum Ende des Stückes ein oder mehrere Götter, bzw. Schauspieler, die Götter verkörperten, von dieser Hinterbühne auf die Vorderbühne und geboten dem Gemetzel Einhalt. Eine menschliche Lösung der Konflikte, ein Erkenntnisgewinn wurden damit vermieden. - Auch Kinder neigen dazu, Geschichten zu erzählen, in denen die Lösung abrupt auftaucht. Das liegt wieder daran, dass Geschichten eben noch nicht geplant werden. Das Ende kann nicht von Anfang an mitgestaltet werden.
Vergleicht man dies mit Harry Potter, dann sieht man, dass Rowling wichtige Elemente und Andeutungen von Anfang in die Bücher einstreut: so etwa, wenn Krätze, Ron's Ratte, zu Beginn von Harry Potter und der Gefangene von Askaban so schlecht aussieht. Den Grund erfährt man allerdings erst sehr viel später. Diese Art und Weise bringt zwar auch Neuigkeiten einfach so in die Geschichte ein, aber nicht erst am Ende, sondern von Beginn an. Und dadurch nehmen wir als Leser nicht den Trick wahr, dass auch dies Götter aus der Maschine sind.

Wenn man eine Opposition in Cedric's Text finden möchte, dann die, eine gute Geschichte erzählen zu wollen und sie gleichzeitig zu einem raschen Ende zu führen. Tatsächlich meinte Cedric, dass er die Geschichte so geschrieben hat, dass man sich alles gut vorstellen kann. Auf der anderen Seite wollte er die Geschichte an dem Nachmittag fertig schreiben, und nach sieben Stunden Schule und zwei anderen Hausaufgaben war er einfach auch müde. Der erwachsene Autor kann hier - hoffentlich - auf mehr Techniken und mehr Lese- und Schreiberfahrung zurückgreifen. Eine psychologisch fundierte Ästhetik des narrativen Erzählens bei Kindern hält sich meist bei einem zu groben Instrumentarium auf, mit dem diese Texte erfasst werden. Deshalb werden oft auch nicht spezifische Lösungsmuster erfasst, die ein Kind zum Erzählen benutzt. In Cedrics Geschichte ist ein recht einheitliches Werk entstanden. Problematisch wird es, wenn Kinder Muster falsch auswählen, sich in Sackgassen verrennen und noch nicht die Mittel haben, diese wieder zu verlassen. Dann sieht eine Geschichte ungelenk aus, oder kann sogar garnicht überzeugen. Das aber kann und darf man nicht bewerten. Bewertet werden muss, ob ein offenes Problem (Geschichten sind ja in bestimmter Weise nichts anderes als offene Probleme) mit einem gewissen Reichtum an Erzähltechniken behandelt wird.
Doch auch hier wird man nur mit äußerster Vorsicht einschätzen können, ob eine Erzählqualität vorliegt: eine brauchbare Klassifizierung und eine individuelle Genese schriftlichen Erzählens liegt meiner Ansicht nach noch nicht vor. Wahrscheinlich wird dies auch nie möglich sein. Es gibt so zahlreich kleine Muster in Geschichten, dass man nicht alle in einem Text verwenden kann und auch nicht verwenden sollte. Muss aber eine scharfe Auswahl getroffen werden, dann kann man - als Leser und Lehrer - nur abwägen, ob diese Auswahl eine mehr oder weniger glückliche ist. Die Diagnostik von Fehlentwicklungen im Erzählen, und die Bewertung dürften auf lange Zeit gesehen nicht möglich sein; oder - wenn -, dann nur mit einem gehörigen Maß an Arroganz.

04.06.2008

Mein ewiges Hin und Her

Da ist er dann wieder: der kreative Rückzug. Alles mögliche ist in den letzten Tagen und Wochen entstanden, und der Blog liegt ein wenig verwaist da.
Meine Themen? Harry Potter (mal wieder), und hier vor allen Dingen Schreibstrategien, Strukturen der Welt und der Verrätselung; David Hockney, seine Fotografien; Roland Barthes, dessen wundervolles Buch Die Vorbereitung des Romans ich eben als Rezension bei media-mania eingestellt habe; dann systemische Bücher, die der Carl-Auer-Verlag freundlicherweise zum Rezensieren geschickt hat. Nebenbei entsteht ein Hin und Her zwischen Barthes einerseits und den systemischen Ansätzen andererseits.
Die Rhetorik von Internet-Seiten hat mich beschäftigt. Meine seit einigen Jahren fortlaufende Arbeit zur Kooperation, in diesem Zug auch wieder Barthes, Brecht, Joan Rowling, etc. - Nachdem ich nach dem Abbruch meines Referendariats etwas hoffnungslos war, was meine ganze Arbeit mit den Philosophen, Literaten und Kulturphänomenen angeht, genieße ich derzeit zumindest meine Arbeit für mich selbst wieder. Vielleicht meine beste Eigenschaft: im Untergrund doch hartnäckig an der Kultur der Aufklärung festzuhalten, trotz Mobbing, trotz Pseudo-Begriffen, trotz einer Arbeit derzeit, für die ich mich nicht genügend bereit fühle und nie bereit fühlen werde: weil sie mich extrem unterfordert.

P.S.: Neulich, als ich meine Besucher-Liste überprüfte, fand jemand durch Google zu mir. Wonach hatte er gegoogelt? Nach Joan Rohling. - Äh! Ich war's nicht.